CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
auf eine begrenzte, für sie zumutbare Zahl von Operationen einschränken müsse und nicht versuchen dürfe, sich auf einem riesigen Aktionsfeld mit dieser kümmerlichen Leistungskraft zu betätigen«, auf die »falsch ausgebildete oder zweitklassige Mitarbeiter« reduziert sind. Aufgeschreckt durch die Untersuchungen, die Truscott in Deutschland durchführte, ordnete der General die Einberufung einer »Mordkommission« an – einer Jury, die in der Lage sein sollte, die schlimmsten Geheimoperationen der CIA abzuwürgen. Sofort ging Wisner in die Gegenoffensive. Die Beendigung zweifelhafter Operationen, so erwiderte er, sei ein langwieriger und mühseliger Prozess, und es würde viele, viele Monate – weit in die nächste Regierungszeit hinein – dauern, Bedell Smith’ Anordnung auszuführen. Der General musste klein beigeben, und der Auftrag der »Mordkommission« wurde entschärft.
Dwight D. Eisenhower gewann die Präsidentschaftswahlen mit einem sicherheitspolitischen Programm, in dem die freie Welt aufgerufen wurde, die sowjetischen Satellitenstaaten zu befreien; verfasst hatte es sein engster außenpolitischer Berater John Foster Dulles. Die Siegespläne beider Männer erforderten einen neuen CIA-Direktor. Ausgewählt gegen die Einwände von Bedell Smith, im Senat ohne Gegenstimme bestätigt und begleitet von den Beifallsrufen der Presse, gewann Allen Dulles endlich den Posten, auf den er so versessen war.
Richard Helms kannte Dulles seit gut acht Jahren, von dem Tag an, als sie gemeinsam zu dem kleinen französischen Schulgebäude fuhren, in dem Bedell Smith die bedingungslose Kapitulation des Dritten Reiches entgegennahm. Mittlerweile war Helms 40 Jahre alt, ein Mensch unter ständiger Anspannung, mit penibelster Ordnung in den straff nach hinten gekämmten Haaren und mit einem Schreibtisch, auf dem nicht das winzigste Papierstück herumflog, wenn abends das Licht gelöscht wurde. Dulles war ein 60-jähriger Mann, der daheim in Hausschuhen umherschlurfte, um seine Gichtschmerzen zu lindern, und sich stets wie ein zerstreuter Professor benahm. Nicht lange nach Eisenhowers Wahl zum Präsidenten rief Dulles bei Helms an und bat ihn ins Direktorenzimmer, wo die beiden Männer sich zu einem Schwätzchen niederließen.
»Ein Wort zur Zukunft«, sagte Dulles und blies aus seiner Pfeife große Rauchwolken in die Luft, »zur Zukunft der Agency.«
»Sie erinnern sich bestimmt an die Intrigen und Metzeleien, als wir 1946 versucht haben, uns die Frage zu beantworten: Wofür soll der Zentrale Nachrichtendienst zuständig sein? Und wird es überhaupt einen Dienst geben?« Helms sollte einsehen, dass es, solange Dulles CIA-Direktor war, auf Biegen oder Brechen einen Geheimdienst geben würde, der sich mit gewagten, schwierigen, gefährlichen Missionen befasste.
»Ich möchte ganz sicher sein«, sagte Dulles, »dass Sie begreifen, wie wichtig gerade jetzt verdeckte Operationen sind. Das Weiße Haus und die derzeitige Regierung haben ein dringendes Interesse an jeder Art von Geheimaktion .«
In den folgenden acht Jahren fügte Allen Dulles – mit seiner fanatischen Begeisterung für verdeckte Aktionen, seiner Verachtung gegenüber detaillierter Analyse und seiner gefährlichen Angewohnheit, den US-Präsidenten zu hintergehen – der CIA, die er selbst mitgegründet hatte, unermesslichen Schaden zu.
II »Eine seltsame Sorte Genie«
Die CIA unter Eisenhower, 1953 bis 1961
8 »Wir haben keinen Plan«
Allen Dulles war erst seit einer Woche CIA-Direktor, als am 5.März 1953 Josef Stalin starb. »Wir haben«, so lamentierte die Agency wenige Tage später, »keine verlässlichen Insider-Informationen über das, was man im Kreml denkt. Unsere Einschätzungen, die langfristigen Pläne und Absichten der Sowjets betreffend, sind bloße Spekulationen, die wir aus unzureichenden Indizien abgeleitet haben.« Der neue Präsident der Vereinigten Staaten war wenig angetan. »Seit 1946«, fauchte Eisenhower, »quatschen die ganzen so genannten Experten ständig darüber, was wohl passieren könnte, wenn Stalin stirbt, und was wir als Nation dann tun sollen. So, jetzt ist er tot. Und die Aktenordner unserer Regierung, die kann man von innen nach außen kehren und darin die fertigen Pläne suchen – vergebliche Liebesmüh. Wir haben keinen Plan. Wir sind nicht mal sicher, was sich mit seinem Tod überhaupt ändert.«
Stalins Tod verstärkte die Ängste, mit denen die Amerikaner auf die Absichten der Sowjets blickten. Für
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