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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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er Rusk in einem vertraulichen Bericht mit, der irgendwie auf dem Schreibtisch des CIA-Direktors landete. Melby wurde in die CIA-Zentrale beordert, wo er von Bedell Smith in bekannter Manier heruntergemacht wurde, während Vizedirektor Allen Dulles schweigend dabeisaß.
    Für Dulles war Asien stets ein Nebenschauplatz. Seiner Ansicht nach fand der wirkliche Krieg um die westliche Zivilisation in Europa statt. Dieser Kampf brauche, wie er einigen seiner engsten Freunde und Kollegen im Mai 1952 bei einer Geheimkonferenz im Princeton Inn mitteilte, »Leute, die fähig und willens sind, etwas zu tun und die Konsequenzen zu tragen«. Und einer Protokollabschrift zufolge, die im Jahr 2003 freigegeben wurde, fuhr er fort: »In Korea haben wir immerhin 100 000 Gefallene. Wenn wir bereit sind, solche Verluste hinzunehmen, würde ich mir über ein paar Opfer oder ein paar Märtyrer hinter dem Eisernen Vorhang keine Gedanken machen. (…) Ich glaube, man kann nicht so lange warten, bis man alle Truppen zusammenhat und sicher ist, dass man gewinnt. Man muss die Sache einfach anpacken.«
    »Ein paar Märtyrer muss man haben«, sagte Dulles. »Einige Leute müssen dran glauben.«

7  »Ein weites Feld der Selbsttäuschung«
    Im Princeton Inn bat Allen Dulles seine Kollegen, darüber nachzudenken, wie man Stalin am besten daran hindern könnte, die Herrschaft über seine Satellitenstaaten aufrechtzuerhalten. Er halte es für möglich, den Kommunismus durch verdeckte Aktionen zu beseitigen. Die CIA sei in der Lage, Russland hinter seine alten Grenzen zurückzudrängen.
    »Wenn wir loslegen und zur Offensive übergehen wollen«, so Dulles, »wäre es am besten, in Osteuropa damit anzufangen. Ich will keine blutige Schlacht, aber ich möchte einen Anfang sehen.«
    Chip Bohlen sagte es deutlicher. Bohlen, der bald danach zum US-Botschafter in Moskau ernannt wurde, war von Beginn an mit von der Partie gewesen. Bei jenen Sonntagabend-Mahlzeiten, an denen er fünf Jahre zuvor teilgenommen hatte, war das CIA-Programm der politischen Kriegführung erstmals als junges Pflänzchen gesetzt worden. »Führen wir einen politischen Krieg?«, so seine rhetorische Frage an Dulles. »Das tun wir doch seit 1946. Seither ist eine Menge passiert. Ob es effektiv war oder optimal betrieben wurde, steht auf einem anderen Blatt.«
    Dann fuhr er fort: »Bei Ihrer Frage ›Sollen wir in die Offensive gehen?‹ sehe ich ein weites Feld der Selbsttäuschung vor mir.«
    Während in Korea noch der Krieg wütete, befahl der Vereinigte Generalstab der Streitkräfte Frank Wisner und der CIA, »eine große Geheimoffensive gegen die Sowjetunion« zu starten, die auf »das Kernland des kommunistischen Herrschaftssystems« zielen sollte. Wisner versuchte es. Damals wurde der Marshall-Plan umgewandelt in Rüstungsverträge mit den amerikanischen Verbündeten, und Wisner sah darin die Chance zur Bewaffnung geheimer, im Rücken des Feindes bereitstehender Truppen, die im Kriegsfall gegen die Sowjets kämpfen sollten. In ganz Europa bereitete er den Boden dafür. Überall in den Bergen und Wäldern Skandinaviens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens und Griechenlands versenkten seine Leute Goldbarren in Seen und vergruben Waffenvorräte für die kommende Schlacht. Über den Sümpfen und Vorgebirgen der Ukraine und der baltischen Staaten setzten seine Piloten Agenten ab, die in den sicheren Tod gingen.
    In Deutschland waren mehr als 1000 seiner Leute damit beschäftigt, Flugblätter nach Ostberlin zu schmuggeln, Briefmarken herzustellen, auf denen der ostdeutsche SED-Generalsekretär Walter Ulbricht mit einer Henkerschlinge um den Hals zu sehen war, und sich paramilitärische Missionen in Polen auszudenken. Nichts davon verschaffte Einblick in die Art der Bedrohung durch die Sowjetunion. Immer wieder drängten die Sabotageaktionen gegen das Sowjetreich die Spionagepläne in den Hintergrund.
    »Er gehört dir mit Leib und Seele«
    Von tief sitzendem Argwohn geplagt, schickte Walter Bedell Smith den bewährten Drei-Sterne-General Lucian K. Truscott, einen Offizier mit einwandfreien Verbindungen und großen Kriegsverdiensten, nach Übersee, wo er die CIA-Operationen in Deutschland übernehmen und herausfinden sollte, was Wisners Leute eigentlich machten. Truscotts Auftrag lautete, jedes Projekt, das er für zweifelhaft hielt, einzustellen. Nach seiner Ankunft in der Berliner Operationsbasis wurde Tom Polgar seine rechte Hand.
    Sie entdeckten mehrere tickende Zeitbomben,

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