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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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zeigte, zwölf Jahre daneben.
    Im August 1953, als die Sowjetunion ihre erste Massenvernichtungswaffe – keine eigentliche Thermonuklearbombe, aber eine, die ihr nahekam – testete, besaß die CIA keinerlei Hinweise und sprach keinerlei Warnung aus. Sechs Wochen später, als Allen Dulles den Präsidenten über den sowjetischen Test unterrichtete, fragte sich Eisenhower, ob er zu einem nuklearenTotalschlag gegen Moskau ausholen sollte, ehe es zu spät wäre. Es sehe so aus, sagte er, »als sei die Stunde der Entscheidung nahegerückt und als müssten wir uns im Augenblick wirklich der Frage stellen, ob wir alles, was wir haben, gegen den Feind einsetzen sollten« – so halten es die freigegebenen Protokolle des Nationalen Sicherheitsrates fest. »Er habe diese furchtbare Frage gestellt, weil es sinnlos sei, beim Gedanken an das, was der Feind ausrichten kann, weiterhin nur zu schlottern«, vor allem wenn die Vereinigten Staaten nicht wüssten, ob Moskau eine einzige oder 1000 Atombomben besitzt. »Wir seien verpflichtet zur Verteidigung einer Lebensform, und die große Gefahr liege darin, dass wir im Zuge der Verteidigung auf Methoden zurückgreifen, die diese Lebensform gefährden. Das eigentliche Problem, so die Sicht des Präsidenten, bestehe darin, Wege zu finden, wie man der sowjetischen Gefahr entgegentreten und zugleich, wenn nötig, Kontrollen einführen kann, die nicht auf die Verwandlung unseres Landes in einen Polizeistaat hinauslaufen. Das Ganze, so der Präsident, sei ein Paradox.«
    Als Dulles ihm warnend vor Augen hielt, »die Russen könnten schon morgen zu einem Atomschlag gegen die Vereinigten Staaten ausholen«, erwiderte Eisenhower, »er glaube nicht, dass irgendeiner der Anwesenden die Kosten eines Sieges über die Sowjetunion in einem Weltkrieg scheue«. Aber der Preis für den Sieg sei womöglich die Zerstörung der amerikanischen Demokratie. Der Präsident sagte ferner, der Vereinigte Generalstab habe ihm mitgeteilt, »dass wir das Nötige tun sollten, selbst wenn es zu einer Veränderung der amerikanischen Lebensform führt. Wir könnten die ganze Welt unterwerfen (…), wenn wir bereit wären, das System Adolf Hitlers zu übernehmen.«
    Eisenhower hatte es für möglich gehalten, dem Paradox mit Geheimaktionen zu Leibe zu rücken. Aber erbitterte Kämpfe in Ostberlin hatten gezeigt, dass die CIA nicht in der Lage war, es mit dem Kommunismus unmittelbar aufzunehmen. Am 16. und 17.Juni 1953 gingen insgesamt fast 370 000 Ostdeutsche auf die Straße. Tausende von Studenten und Arbeitern rebellierten gewaltsam gegen ihre Unterdrücker, legten Brände in Gebäuden der Sowjets und der Kommunistischen Partei (SED), demolierten Polizeiwagen und versuchten, die sowjetischen Panzer aufzuhalten, die ihren Elan niederwalzten. Der Aufstand war weit umfangreicher, als die CIA zunächst erkannte, aber sie konnte nichts tun, um die Aufständischen zu retten. Obgleich Frank Wisner das Risiko einer Bewaffnung der Ostberliner erwog, scheute er dann doch davor zurück. Seine Befreiungsarmeen erwiesen sich als wertlos. Am 18.Juni erklärte er, die CIA »solle diesmal nichts unternehmen, um die Ostdeutschen zu weiteren Aktionen anzustacheln«. Der Aufstand wurde niedergeschlagen.
    In der darauffolgenden Woche wies Eisenhower die CIA an, »Untergrundorganisationen auszubilden und zu bewaffnen, die in der Lage seien«, in Ostdeutschland und den anderen sowjetischen Satellitenstaaten »großangelegte Stoßtruppunternehmen zu starten oder anhaltende Kampfhandlungen durchzuführen«. Mit der Weisung wurde die CIA ferner aufgefordert, in den Staaten hinter dem Eisernen Vorhang »die Eliminierung von Funktionären der Marionettenregimes zu unterstützen«. Eliminierung war wörtlich zu verstehen. Doch die Order war eine nichtssagende Geste. Der Präsident musste einsehen, dass die Fähigkeiten der CIA ihre Grenzen hatten. In jenem Sommer bestellte Eisenhower die Männer, denen er auf dem Gebiet der nationalen Sicherheit am meisten vertraute – unter ihnen Walter Bedell Smith, George Kennan, Foster Dulles sowie James R. Doolittle, pensionierter Lieutenant General der Luftwaffe und der Pilot, der die Bombardierung von Tokio im Jahr 1942 geleitet hatte –, zu sich in den Wintergarten des Weißen Hauses und bat sie, die Strategie der US-Regierung gegenüber den Sowjets neu zu definieren. Nachdem das Projekt »Solarium« (Wintergarten) beendet war, wurde die Vorstellung, die Russen via Geheimaktionen zum Rückzug zu

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