CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Angst, sie könnten publik werden. Das verbleibende Material ist bruchstückhaft, aber es enthält deutliche Hinweise darauf, dass bis zum Ende der fünfziger Jahre in Geheimgefängnissen solche Zwangsverhöre verdächtiger Agenten unter Einsatz von Drogen durchgeführt wurden. Bis 1956 trafen Mitarbeiter des CIA-Geheimdienstes (des Sicherheitsbüros) einmal im Monat mit Wissenschaftlern und Ärzten der Agency zusammen, um über die Fortschritte des Projekts »Artichoke« zu sprechen. »Bei diesen Besprechungen plante man auch die Übersee-Verhöre«, so geht aus den CIA-Akten hervor, und selbst danach wurde die Arbeit mit »Spezialverhör«-Techniken noch über mehrere Jahre fortgesetzt.
Der Drang, auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu gelangen, brachte die CIA so weit, dass sie die Taktiken ihrer Feinde übernahm.
»Ein gut ausgedachter Plan, nur … «
Zu den CIA-Operationen, die General Truscott abblies, gehörte auch die Unterstützung einer Gruppe namens »Bund Deutscher Jugend«. Viele ihrer führenden Köpfe waren alternde Exangehörige der Hitlerjugend. Bis 1952 war die Zahl der Mitglieder auf mehr als 20 000 angestiegen. Begeistert nahmen sie die Waffen, Funkgeräte, Kameras und Gelder der CIA und vergruben sie im ganzen Land. Außerdem stellten sie eine lange Liste westdeutscher Politiker aus den Mehrheitsparteien zusammen; sie sollten umgebracht werden, wenn die Zeit reif war. Doch der Bund Deutscher Jugend veranstaltete ein solches Spektakel, dass seine Existenz und seine Feindliste in einem öffentlichen Skandal ans Tageslicht kamen.
»Das bescherte uns jede Menge Ärger und viel Wirbel, als das Ganze schließlich aufflog«, so John McMahon, später stellvertretender CIA-Direktor und damals noch ein junger Nachrichtendienstler in Truscotts Mitarbeiterstab.
Am selben Tag, als Dulles im Princeton Inn sprach, richtete Henry Hecksher auf schriftlichem Wege eine inständige Bitte an die CIA-Zentrale. Jahrelang hatte sich Hecksher, der bald darauf Leiter der Berliner Operationsbasis wurde, einen einzigen Agenten in Ostdeutschland gehalten; er hieß Horst Erdmann und leitete eine imposante Organisation, den »Untersuchungsausschuss der freiheitlichen Juristen«. Die Freiheitlichen Juristen waren eine im Untergrund arbeitende Gruppe aus jungen Anwälten und Anwaltshelfern, die das kommunistische Regime in Ostberlin kritisierten. Sie stellten Dossiers über die Verbrechen ihres Staates zusammen. Im Juli 1952 sollte in Westberlin ein Internationaler Juristenkongress stattfinden, und damit würden sie eine wichtige politische Rolle auch auf internationaler Bühne spielen können.
Wisner wollte die Freiheitlichen Juristen in die Hand bekommen und zu einer bewaffneten Untergrundorganisation umfunktionieren. Hecksher protestierte. Diese Männer, so machte er geltend, seien Informationsquellen, und wenn man sie in eine paramilitärische Rolle hineinzwänge, wären sie nur noch Kanonenfutter. Er wurde überstimmt. Wisners Leute in Berlin beauftragten einen von Reinhard Gehlens Agenten mit dem Umbau der Gruppe in eine aus Dreierzellen bestehende Kampftruppe. Aber jedes Mitglied jeder neu geschaffenen Zelle kannte die Identität eines jeden Mitglieds aller übrigen Zellen – ein klassischer Sicherheitsfehler. Sowjetische Soldaten entführten einen der Spitzenmänner am Vorabend des internationalen Kongresses und folterten ihn, und daraufhin wurden alle von der CIA rekrutierten Freiheitlichen Juristen verhaftet.
Gegen Ende 1952, in den letzten Monaten von Bedell Smith’ Amtszeit als CIA-Direktor, gingen weitere Operationen, die Wisner in aller Eile improvisiert hatte, in die Brüche. Ihre Folgen hinterließen einen bleibenden Eindruck bei einem neu eingestellten Mitarbeiter namens Ted Shackley, der damals mit hohen Erwartungen seine Laufbahn bei der Agency begann, nachdem man ihn zwangsweise von seiner Tätigkeit in West Virginia weggeholt hatte, wo er als Leutnant Militärpolizisten ausbildete. Sein erster Auftrag bestand darin, sich in eine große Wisnersche Operation einzuarbeiten, mit der eine polnische Befreiungsarmee, die unter dem Kürzel WIN bekannt gewordene Freiheitsund Unabhängigkeitsbewegung, unterstützt werden sollte.
Wisner und seine Leute hatten Goldbarren, Maschinenpistolen, Gewehre, Munition und Gegenfunkgeräte im Wert von etwa fünf Millionen Dollar über Polen abgeworfen. Sie hatten vertrauensvolle Kontakte zur »Außen-WIN«, einem Grüppchen von Emigranten in Westdeutschland und
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