CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
darunter auch ein finsteres Geheimnis, das in damaligen CIA-Dokumenten als ein Programm für »Übersee-Verhöre« bezeichnet wurde.
Die Agency hatte Geheimgefängnisse eingerichtet, wo sie allen, die im Verdacht standen, Doppelagenten zu sein, Geständnisse abzupressen suchte. Eines von ihnen befand sich in der Bundesrepublik Deutschland, ein anderes in Japan; das dritte und größte auf einem Marinestützpunkt in der Panamakanalzone. »Wie Guantánamo«, so Polgar im Jahr 2005. »Alles erlaubt.«
Die Kanalzone war eine eigene Welt; die Vereinigten Staaten hatten sie sich um die Jahrhundertwende angeeignet und aus dem Dschungel, der den Kanal säumte, mit Bulldozern herausgestampft. Auf dem dortigen Marinestützpunkt hatte das CIA-Sicherheitsbüro (Office of Security oder OS) im Arrestblock der Marine, der normalerweise für die Aufnahme betrunkener oder aufsässiger Matrosen gedacht war, einen Zellenkomplex aus Leichtbaustein für seine Zwecke hergerichtet. In diesen Zellen führte die CIA Geheimexperimente mit scharfen Verhörmethoden durch: Techniken, die an Folter grenzten, Bewusstseinskontrolle unter Einsatz von Drogen und Gehirnwäsche.
Das Projekt bestand schon seit 1948, als Richard Helms und seine Mitarbeiter in Deutschland erkennen mussten, dass sie von Doppelagenten hinters Licht geführt wurden. Die Umsetzung begann erst 1950 mit einem Sofortprogramm, weil die CIA beim Ausbruch des Koreakrieges von der Vorstellung gepackt wurde, es müsse dringend etwas geschehen. Im damaligen Spätsommer, als die Temperaturen in Panama auf 40 Grad Celsius zugingen, wurden zwei russische Emigranten, die man aus Deutschland in die Kanalzone verbracht hatte, mit Drogen vollgespritzt und auf brutale Weise verhört. Zusammen mit vier vermeintlichen nordkoreanischen Doppelagenten, die auf einem von der CIA befehligten Militärstützpunkt in Japan derselben Behandlung unterzogen wurden, waren sie die ersten menschlichen Versuchskaninchen eines Programms, das den Codenamen Projekt »Artichoke« trug und einen kleinen, aber wichtigen Teil jener Experimente bildete, in denen die CIA 15 Jahre lang nach Methoden suchte, das menschliche Bewusstsein zu steuern.
Unter den Russen und Ostdeutschen, die der Nachrichtendienst als Agenten und Informanten in Deutschland angeworben hatte, waren viele, die mit ihrem Schicksal haderten. Nachdem sie das bisschen Wissen, das sie besaßen, preisgegeben hatten, suchten sie ihr Heil in Betrug oder Erpressung, um ihre kurze Informantenkarriere zu verlängern. Nicht wenige von ihnen standen unter dem Verdacht, heimlich für die Sowjets zu arbeiten. Dringend wurde die Sache, als die CIA-Mitarbeiter einsehen mussten, dass Nachrichten- und Sicherheitsdienste der Kommunisten erheblich größer und um einiges gewiefter waren als die Agency.
Richard Helms hat einmal gesagt, den amerikanischen CIA-Leuten würde beigebracht, dass man auf einen ausländischen Agenten nur dann zählen könne, »wenn er dir mit Leib und Seele gehört«. Das Bedürfnis herauszufinden, wie man von der Psyche eines Menschen Besitz ergreift, führte zur Suche nach bewusstseinssteuernden Drogen und nach Geheimgefängnissen, in denen man sie testen konnte. Persönlich verantwortlich für diese Bestrebungen waren Dulles, Wisner und Helms.
Am 15.Mai 1952 erhielten Dulles und Wisner einen Bericht über das Projekt »Artichoke«, der in allen Einzelheiten darstellte, welche Versuche die Agency seit vier Jahren unternahm, um Drogen wie Heroin, Amphetamine, Schlafmittel, das gerade entdeckte LSD und andere »Spezialtechniken in CIA-Verhören« zu testen. Ein Teil des Projekts galt der Entwicklung einer Verhörtechnik, die so unerbittlich ist, dass »es der Person unter ihrem Einfluss schwerfällt, auf Befragen an einer Lüge festzuhalten«. Einige Monate später genehmigte Dulles ein neues ambitioniertes Programm mit dem Codenamen »Ultra«. Im Rahmen dieses Programms wurden sieben Häftlinge eines staatlichen Gefängnisses in Kentucky 77 Tage hintereinander mit hochdosiertem LSD vollgepumpt. Als die CIA einem Zivilangestellten der Armee namens Frank Olson dieselbe Droge einflößte, sprang er aus dem Fenster eines New Yorker Hotels. Ganz wie die vermeintlichen Doppelagenten, die in den geheimen Marine»bunker« verbracht wurden, gehörten auch diese Männer zum Himmelfahrtskommando in der Schlacht um den Sieg über die Sowjets.
Hohe CIA-Beamte, darunter Richard Helms, vernichteten fast alle Unterlagen zu beiden Programmen, aus
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