Ciao, Don Camillo
eingemauerten Archivs die Gier der Journalisten, und Torricella mußte nach verzweifelter und unnützer Gegenwehr kapitulieren.
Aber nicht genug damit. Als nämlich die Bewohner von Torricella überzeugt waren, daß Giosue Scozza zu den Leuten gehörte, die sie verabscheuten, wurden sie von antiscozzanischem Fanatismus gepackt. Es wurde eine Art Ausschuß für das öffentliche Wohl gegründet, der ein radikales Programm beschloß, nämlich: das infizierte Torricella zu säubern, indem man das Denkmal des Pseudo-Mitbürgers zerstörte und an dessen Stelle einen Brunnen errichtete. Der Fleck sollte weggewaschen werden.
Da intervenierte Peppone bei den Roten von Torricella, und man kam wie folgt überein: Das Dorf Peppones sollte Torricella den Marmorbrunnen schenken, und Torricella sollte dafür das Marmormonument von Giosue Scozza abtreten. Es wurde festgelegt, daß der Austausch der Marmorgeschenke in aller Feierlichkeit vor sich gehen sollte. Ein Ochsenwagen würde den Brunnen bis zur Grenze bringen, und dort würde er auf den Wagen aus Torricella mit dem Denkmal stoßen. Nach dem Austausch sollte jeder sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
Das Geld für den Brunnen war schnell aufgetrieben, und einen Monat später setzten sich die Wagen in Bewegung. Giosue Scozza kam aufrecht auf seinem Sockel an die Grenze. Er war angebunden und gestützt, aber er war stolz: Das ganze Dorf war erschienen und erwartete ihn jetzt mit der Musikkapelle, mit den Ortsgrößen und mit Fahnen.
Peppone hielt eine Rede, die so begann:
»Heil dir, berühmter Bruder, der du zurückkehrst zu deinen Brüdern nach langen Jahrhunderten der Abwesenheit… «
Es war ein bewegender Moment, und als die Bewohner von Torricella den Karren mit ihrem Brunnen in Empfang genommen und sich entfernt hatten, holte Peppone Hammer und Meißel aus seiner Tasche hervor und löste die Gedenktafel vom Sockel, die Giosue Scozza als »auserwählten Sohn von Torricella« bezeichnete. Die zerbrochene Gedenktafel wurde über die Gemeindegrenze geworfen, und der Zug kehrte fröhlich ins Dorf zurück.
Alles war schon bereit: Maurer, Steinmetze, Hebewinde, Fundament. So wurde das Denkmal des Giosue Scozza an der festgelegten Stelle mitten auf dem Hauptplatz aufgestellt. Und auf dem Sockel wurde sogleich die neue Gedenktafel eingemauert. Ein großes Tuch warf man über das Monument, um es dann im gegebenen Augenblick zu entfernen. Don Camillo segnete das Denkmal und hielt eine kurze, aber ergreifende Rede, in der er vom »verlorenen Sohn« sprach.
Der Ausschuß, diesmal ein wirklich unpolitischer Ausschuß, hatte alles bestens vorbereitet, so daß am Abend auf der Piazza der letzte und feierlichste Programmpunkt abgewickelt werden konnte. Peppone ergriff das Wort, um die Bedeutung des Ereignisses zu erklären:
»Wir haben, o Bruder, der du in die Arme der Mutter zurückgekehrt bist, deine Gestalt gesehen, aber noch nicht deine Stimme gehört. Diese melodische göttliche Stimme, die du in die Himmel der Unsterblichkeit und des Ruhms aufsteigen ließest, o Giosue Scozza, Schöpfer unvergleichlicher Melodien! In Kürze wird deshalb ein hervorragendes Geigenensemble ein ganzes Konzert ausschließlich mit Scozzas Musik ausführen. Und ein jeder wird so die außerordentliche Schönheit der berühmtesten Kompositionen unseres Giosue Scozza erkennen.«
Der Hauptplatz war gesteckt voll, und als Peppone seine kleine Rede beendet hatte, brach tosender Beifall los. Dann senkte sich andächtiges Schweigen.
Das Geigenensemble war wirklich gut, es bestand aus den besten Orchestermusikern der Stadt. Das erste der zwölf Stücke von Scozza, die auf dem Programm standen, war das »Andantino Nr. 6«, und es war eine Stickereiarbeit. Der Applaus, der die Ausführung krönte, war ungeheuer groß.
Es kam dann die »Arie in cismoll« mit ebensolchem Erfolg, und daraufhin war die »Sonate in D-Dur« an der Reihe. Die Leute klatschten. Aber als das vierte Stück, »Ballata in F«, begann, erhoben sich Stimmen aus dem Publikum:
»Verdi! Verdi!«
Die Musiker hörten auf, und der Dirigent drehte sich um und schaute die Leute an.
»Verdi! Verdi!« schrien fünfhundert Kehlen. »Verdi!«
Peppone und Don Camillo saßen in der ersten Reihe in der Mitte. Der Maestro sah Peppone bestürzt an. Peppone sah Don Camillo an. Don Camillo nickte.
»Verdi!« schrie Peppone unwiderruflich.
Die Leute schienen vor Freude verrückt zu werden. Der Maestro raunte den Musikern etwas zu und
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