Ciao Tao
nicht schlecht. Mir ging es besser und besser.
»Ich hoffe, deine Mitarbeiter bringen Brauer wirklich zum Flughafen«, sagte ich.
»Meinst du, die versenken ihn im Hudson? Für was hältst du mich? Das wäre ein ökologisches Verbrechen. Was hat er denn eigentlich gegen dich? Hast du ihm die Frau ausgespannt?«
»Ich nicht.«
Ich erzählte ihm meine diversen Kölner und Düsseldorfer Abenteuer. Sal war beeindruckt.
»Ich könnte einen guten Mann wie dich brauchen. Du könntest dich schnell in eine Top-Position hocharbeiten bei deinen Talenten.«
»Gehen bei deinen Warentermingeschäften denn auch Leute mit dem Messer auf dich los?«
»It depends.«
»Ich glaube, ich mache lieber eine Kneipe auf. Italienische Küche natürlich.«
»Ihr Krauts könnt kochen?«
»Manche schon. Wie der Name des Lokals denn auch zum Ausdruck bringen wird: Fritz goes to Napoli.«
»Überleg dir mein Angebot. Du könntest eine Filiale in Europa leiten.«
»Sal, es ehrt mich sehr, mit einem so netten jüdischen Mafioso befreundet zu sein. Belassen wir es doch einfach dabei.«
Sal lachte.
»Du scheinst merkwürdige Vorstellungen von einem ehrenwerten Vermögensberater zu haben. Aber okay, lassen wir es dabei. Irgendwann kannst du mir ja auch mal einen kleinen Gefallen tun, nicht wahr?« Und er lachte noch mal und zeigte viele weiße Zähne. Ich lachte auch. Aber etwas angestrengt. Das mit dem kleinen Gefallen war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Unser Abschied war diesmal etwas weniger herzlich als sonst.
Im Hotel glotzte ich bis vier Uhr morgens TV. Dann rief ich bei W.A.T.CH. an. In Düsseldorf war es jetzt zehn Uhr, Eckert muße gerade einlaufen. Ich gab einen falschen Namen an und wurde durchgestellt.
»Passen Sie auf, Eckert«, sagte ich, »Brauer ist durchgedreht. Der will Sie umbringen.«
»Was ist? Wer sind Sie?«
Ich legte auf. Es war keine gute Idee gewesen, den verrückten Brauer einfach ins Flugzeug zu setzen. Aber was hätten wir sonst mit ihm machen sollen?
Es gelang mir noch, ein paar Stunden zu schlafen. Den Tag verbrachte ich mit den gewohnten Abschiedsritualen. Ich sah mir im Museum of Modern Art nochmal die Seerosen von Monet an, aß in einem kleinen Café auf der Madison Avenue den besten Cheese Cake der Welt, zog mir in Woody Allens Lieblingskino auf der Bleeker Street einen alten Schwarzweiß-Film rein und las auf dem Washington Square in Ruhe die New York Times. Es war Indian Summer. Der Himmel war stahlblau. Die Hochhäuser glitzerten in der Sonne. Die Taxis waren so gelb wie noch nie. Wer New York nicht mag, ist selbst dran schuld.
19.
Am Dienstag mittag landete meine Maschine in Düsseldorf, und zunächst erschien mir alles wie immer sehr, sehr klein. Relativ groß dagegen war eine Nachricht im Lokalteil der Rheinischen Post. Auf den Inhaber einer Düsseldorfer Werbeagentur war am Montag abend ein Mordversuch verübt worden. Manfred E. lag im Krankenhaus und war außer Lebensgefahr. Der Täter, ein Mitarbeiter der Agentur, Wolfgang В., hatte anschließend versucht, seine Exfrau, Bettina B., die jetzt mit Manfred E. zusammenwohnte, zu entführen, und war dabei von der Polizei erschossen worden. Ich hatte Eckert gewarnt. Und Brauer hatte schließlich zweimal versucht, mich umzubringen. Es bestand also wohl kein Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich hatte es trotzdem.
Zu Hause packte ich aus, versorgte die Waschmaschine, zog mir den Trainingsanzug an und machte einen kleinen Auflockerungslauf von 10 Kilometern. Es war kalt und trocken. Mit weiteren Anschlägen war nicht zu rechnen. Allenfalls mit einigen unangenehmen Fragen der Polizei.
Nach dem Duschen legte ich mich ein paar Stunden hin und wachte mit einem großen Verlangen auf, endlich mal wieder was in Sachen Kultur zu unternehmen. Aus Knodts Stadtzeitung erfuhr ich, daß in einem kleinen alternativen Kölner Theater Goethes >Stella< aufgeführt wurde. Ein viel zu wenig beachtetes Stück. Und viel zu wenig besucht. Jedenfalls gelang es mir noch mühelos, einen Platz in der ersten Reihe zu bekommen.
»Auf, Bester! Steh auf, ich kann dich nicht knien sehen«, sagte Stella/Alwine. Hoffentlich würde sie das später auch zu mir sagen.
»Laß das! Lieg ich doch immer vor dir auf den Knien, beugt sich doch immer mein Herz vor dir, unendlich Lieb und Güte«, rief Fernando. Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.
Endlich war das Stück zu Ende. Ich stand vor Alwines Garderobentür. Ich dachte an diese alte
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