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Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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Ich schlage vor, Sie beginnen im Bad mit der Toilette. Danach Waschbecken und Wanne säubern. Hygieneeimer entleeren, Pflegeprodukte auffüllen. Und vergessen sie nicht überall nachzuwischen.«
    Als Cinderella mit dem Badezimmer fertig war, musste es noch die Nachkontrolle von Inge Lohmann bestehen.
    »Soweit ich sehe, haben Sie das ganz ordentlich gemacht. Nur am Spiegel zeichnet sich noch eine unpolierte Stelle ab.« Sie zückte ein Microfasertuch und bewies sich als unangefochtene Miss Streifenfrei.
    Eine Fähigkeit, die Schneewittchens Stiefmutter erbleichen lassen, das Spieglein erblinden und Schneewittchen die frühzeitige Ehe erspart hätte.
    Cinderella mochte dieses Märchen besonders. Ihre Großmutter hatte es ihr oft vorgelesen. Und jedes Mal fragte sich Cinderella, warum Schneewittchen nicht einfach einen der Zwerge geheiratet hatte.
    Muss es denn immer ein Prinz sein? Wissen diese märchenhaften Schönheiten denn nicht, dass adelige Burschen in Strumpfhosen oftmals nur verlogene Amphibien sind? Ein Kuss und

schwupp

sitzt die Kröte im Fernsehsessel.
    »Sehen Sie? So sollte der obere Waschtischbereich aussehen.«
    Cinderella nickte gedankenversunken.
    »Und so muss er auch immer aussehen«, führte Inge Lohmann ihre Predigt fort. »Der Gast ist in unserem Hause König. Und wir sorgen dafür, dass er sich wohlfühlt.«
     
    Nachdem sich Cinderella auch im Bettenbeziehen bewiesen hatte, war es mittlerweile Viertel vor zwölf. Inge Lohmann zeigte keinerlei Ermattung. Kraftvoll durchstöberte sie jede Ecke. Selbst ein Kaugummi, der unter einem Lattenrost klebte, konnte ihrem Adlerblick nicht entgehen.
    »So eine Sauerei«, schimpfte sie und betrachtete den Kaugummi, der die Farbe eines neunzigjährigen Rauchers hatte, von allen Seiten.
    Cinderella spürte, wie sich ihr Nackenhaar aufstellte.
    Was macht sie da? Sucht sie etwa nach einem Fingerabdruck? Oder will sie das ungefähre Alter bestimmen, um dann im Gästebuch nach dem Übeltäter zu fahnden?
    Inge Lohmann ging langsam zum Servicewagen und schnippte den Kaugummi in den Müllbeutel. »Ich erinnere mich. Das seltsame Künstlerpaar aus Belgien.«
    »Was meinen Sie?«
    »Na diese Bleistiftkritzler, die am Strand mit diesen komischen Blockhaltern stehen und das Meer zeichnen.«
    »Was ist mit denen?«
    »Die haben diesen Kaugummi darunter geklebt.«
    Unglaublich! Inge Lohmann war die Reinkarnation von Miss Marple.
    »Denken Sie wirklich?«
    »Ganz sicher. Diesen Künstlern traue ich alles zu.«
    Schwungvoll stieß sie den Wagen in Richtung Ausgang und seufzte.
    »So, das hätten wir.«
    Cinderella schöpfte Hoffnung.
    Eine Pause?
    Doch nein! Wortlos eilte Frau Lohmann ins nächste Zimmer.

Nur für Senioren
    Cinderella hatte sich mit der Notlüge einer frühzeitigen Regelblutung, einige Minuten Luft vom Lohmann-Regime verschafft und war nach draußen geflohen. »Seniorenspiel- und Freizeitplatz«, besagte ein Schild vor einer Anlage. Darunter befand sich ein Pfeil, der Menschen unter vierzehn Jahren zum Spielen auf den Kinderplatz verwies. Cinderella war sich nicht sicher, auf welchen der Plätze sie gehörte. Einen Platz für erschöpfte Zimmermädchen gab es jedenfalls nicht. Sie setzte sich auf eine der extrabreiten Rentnerschaukeln. Inge Lohmann erschien ihr wie die Verkörperung einer Federbetten schüttelnden Miss Marple, die das Wort Pause nicht kannte. Und am Ende würde es weder Ruhm noch Goldregen hageln. Cinderella blickte sich ängstlich um. Vielleicht beobachtete die Lohmann sie von einem der Hotelfenster. Oder war ihr gar gefolgt. Aber alles umher schien friedlich. Vorsichtig setzte sie die Schaukel in Bewegung. Der Wind berührte sanft ihre Wangen.
    »Eine gute Methode, die Koordination auf ein passables Maß zu bringen«, tönte es neben ihr aus einem der riesigen Buchsbäume in Kegelform. Cinderella erkannte die Stimme, aber sah niemanden.
    »Wo sind Sie, Herr …?« Der Name war ihr entfallen.
    »Drei Fuß links von Ihnen. Übrigens Schulze, Major Schulze. Sagen Sie, kenne ich Sie nicht?«
    »Ja. Aus dem Restaurant.«
    »Stimmt. Sie sind die Marmeladenfrau mit dem Krabbenburschen.«
    »Wo stecken Sie? Ich kann Sie nicht sehen.«
    »Etwas weiter runter und mehr nach rechts«, dirigierte er ihre suchenden Augen. »Sehen Sie mich?«
    »Ja. Was tun Sie dort?«, fragte Cinderella erstaunt.
    Major Schulze ragte oberhalb des Wurzelwerkes hervor. Sein Gesicht hatte die Farbe des Baumgrüns, und in seinem Haar steckten kleine

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