Cinema Erotica
Gefühl, alle meine Kinder zu verlieren«, sagte Grace deprimiert. »Zuerst geht Callum, und jetzt sind Sie auch noch auf dem Sprung.«
»Wir sehen uns bald wieder, das verspreche ich«, sagte Maddie und gab Grace einen Kuss auf die Wange. Grace fing an zu schniefen.
Maddie stieg ein und startete den Motor des MG. Als sie an den beiden Frauen an der Bushaltestelle vorbeifuhr, die trotz der frühen Stunde schon auf ihrem Beobachtungsposten saßen, winkte sie ihnen zu, aber die Frauen ignorierten sie. Seit Callum erzählt hatte, welcher Beschäftigung Maddie in Winterborne St. Giles nachging, hatten die Frauen sie mit Missachtung bestraft.
Maddie fuhr nach Dorchester und traf kurz vor halb acht dort ein. Sie wollte die anderen Mitglieder des Produktionsteams im Haddon Grange Hotel an der High Street treffen. Als sie sich an der Rezeption nach ihnen erkundigte, erfuhr sie, dass das Team bereits gestern Abend eingetroffen war und dass es jetzt schon zum heutigen Drehort abgereist war. Das Mädchen an der Rezeption sagte ihr auch, dass man sie schon gestern Abend erwartet hätte.
»Mr. Shepherd hat mir aufgetragen, Ihnen das zu geben«, sagte das Mädchen und reichte ihr einen Umschlag.
Maddie öffnete ihn und las die nicht unterschriebene Nachricht in der nun schon bekannten krakeligen Handschrift.
Schön, dass Sie sich herabgelassen haben, zu uns zu stoßen. Wir sind beim Labyrinth. Kommen Sie nach, sofort!
Maddie stieß einen stummen Fluch aus. Das war kein guter Start für den Dreh. Shepherd hatte nicht darüber gesprochen, dass er sie bereits am Vorabend im Hotel erwartete, und sie war kein Gedankenleser – woher hätte sie also wissen sollen, was er sich vorstellte? Und seine Laune würde sich auch nicht bessern, wenn er hörte, dass sie einige Vereinbarungen noch nicht abgeschlossen hatte. Sie knirschte mit den Zähnen und fuhr hinüber zum Brigham House.
Maddie hatte schon viele Drehorte besucht und gesehen, obwohl sie noch nie bei einem Dreh gearbeitet hatte. Normalerweise war ihre Arbeit längst erledigt, wenn das Filmen begann. Sollte es irgendwelche Probleme mit dem Drehort geben, die der Aufnahmeleiter nicht lösen konnte, reichten gewöhnlich ein paar Anrufe, die sie dann von ihrem Schreibtisch in Cambridge erledigte.
Sie wusste, was sie erwartete: Unzählige Lampen und Reflektoren, Kameras auf schweren Sockeln, Schienen, auf denen man die Kameras vor und zurück bewegen konnte, Mikrofone und meilenlange elektrische Kabel. Sie wusste auch, was sich hinter den Kulissen abspielte; da waren die Friseurinnen und Stylisten und warteten auf ihre Arbeit, die Schneiderinnen, die Requisiteure, die Drehbuchleute.
Dann natürlich die ganze Schar der Techniker, die den Drehort einrichteten, und schließlich die Menschen, die gewöhnlich nicht erwähnt wurden, die Caterer, die Kinderfrauen, wenn Kinder im Drehbuch vorkamen, die Assistenten und die Laufburschen, die für alles und jedes eingesetzt wurden.
Was Maddie im Brigham House erwartete, hatte nichts mit dem zu tun, was sie kannte. Sie ging durch das Labyrinth, wo die Proben einer Szene stattfanden. Acht oder neun Mitglieder des Teams standen herum, mehr nicht. Es gab eine einzige Kamera, die von einem Kameramann bedient wurde, einen einsamen Toningenieur und schließlich Hugh Shepherd, der neben der Kamera stand und Regie führte.
Maddie wusste, dass es sich um eine Produktion mit niedrigem Budget handelte, aber dass das Budget derart niedrig war, hatte sie bisher nicht begriffen. Sie hatte schon viele Drehorte mit mehr Personal bei einfachen Fernsehproduktionen gesehen.
Shepherd sprach mit dem Kameramann, als Maddie zu ihm ging. Er drehte sich nach ihr um und unterbrach sein Gespräch. Er sah ihr schweigend entgegen, tat sein Missfallen kund und starrte sie mit ernstem Gesicht an.
»Maddie. Sie sind spät dran.«
Maddie begann zu erklären, aber Shepherd brachte sie mit einer majestätischen Handbewegung zum Schweigen.
»Ich höre mir Ihre Ausreden später an. Sehen Sie da drüben, auf dem Boden neben meinem Stuhl?« Er wies auf einen Klappstuhl. Es schien, dass die anderen in seiner Gegenwart stehen mussten. »Da liegt Ihr Notizbuch für die Kontinuität des Films.«
Das hatte er sich also für sie ausgedacht. Sie sollte sich um die Kontinuität kümmern.
»Haben Sie Ihre Polaroid dabei?«
Ja, obwohl du davon nichts erwähnt hast, dachte Maddie wütend. Er hatte ihr nicht gesagt, dass sie eine Polaroid für ihre Arbeit brauchte, aber sie hatte
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