City of Lost Souls
konzentrierte sich, um die Lagen von Zauberglanz, die den Mann kaschierten, der Reihe nach zu entfernen – was nicht einfach war, denn sie schienen wie Fliegenfängerpapier an ihm zu haften. Schließlich gelang es ihr, wenigstens so viel freizulegen, dass sie einen kurzen Blick auf die Gestalt werfen konnte, die tatsächlich vor ihnen stand – ein großes, menschenartiges Wesen mit grauer Haut und rubinroten Augen, einer Mundöffnung mit spitzen, in alle Richtungen zeigenden Zähnen und langen, schlangenähnlichen Armen, an deren Enden keine richtigen Hände waren, sondern längliche Gliedmaßen mit aalartigen Köpfen – schmal, bösartig und mit scharfen Zähnen besetzt.
»Ein Vetis-Dämon«, raunte Jace Clary ins Ohr. »Sie sind Drachen sehr ähnlich und horten alles, was glitzert und funkelt: Ob Ramsch oder Edelsteine – für sie macht das keinen Unterschied.«
Sebastian schaute über seine Schulter zu Jace und Clary. »Das sind meine Geschwister«, erklärte er nach einem Moment. »Beide sind absolut vertrauenswürdig, Mirek.«
Clary spürte, wie ein leichter Schauer durch ihren Körper jagte. Die Vorstellung, sich als Jace’ Schwester auszugeben, behagte ihr nicht, auch wenn es nur für einen Dämon war.
»Das gefällt mir nicht«, murrte der Vetis-Dämon. »Du hast gesagt, wir würden nur mit dir Geschäfte treiben, Morgenstern. Auch wenn ich weiß, dass Valentin eine Tochter hatte … « – er deutete mit dem Kopf auf Clary – »…weiß ich aber auch, dass Valentin nur einen einzigen Sohn hatte.«
»Er ist adoptiert«, erwiderte Sebastian leichthin und wedelte mit der Hand in Jace’ Richtung.
»Adoptiert?«
»Na ja, die Definition der modernen Familie verändert sich heutzutage ja in rasantem Tempo«, warf Jace ein.
Doch der Dämon wirkte nicht sehr überzeugt. »Das gefällt mir nicht«, knurrte er erneut.
»Aber dir gefällt doch bestimmt das hier«, entgegnete Sebastian, zog einen Beutel aus der Tasche und stülpte den Inhalt auf die Ladentheke, woraufhin ein Haufen Bronzemünzen herausfiel und klirrend über das Glas rollte. »Taler von den Augen Verstorbener. Einhundert Stück. Also, hast du das, was wir vereinbart haben, inzwischen besorgt?«
Eine der mit Zähnen besetzten Hände tastete sich über die Theke vorwärts und biss vorsichtig in eine Münze. Die Augen des Dämons huschten gierig über den Stapel. »Das ist ja alles schön und gut, reicht aber nicht als Bezahlung für das, was du suchst.« Er machte eine wogende Bewegung mit einem seiner Arme und darüber erschien etwas, das Clary an einen glitzernden Bergkristall erinnerte, allerdings von noch größerer Leuchtkraft und Schönheit. Schlagartig erkannte sie, dass es sich dabei um das silberhelle Material handelte, aus dem die Seraphklingen bestanden. »Reiner Adamant«, fuhr Mirek fort. »Der Urstoff des Himmels. Unbezahlbar.«
Wut zuckte über Sebastians Gesicht wie ein flackernder Blitz und einen Sekundenbruchteil konnte Clary den bösartigen Jungen dahinter sehen – der Junge, der lachend zugeschaut hatte, als Hodge im Sterben lag. Im nächsten Moment war der zornige Ausdruck jedoch wieder verschwunden und Sebastian erwiderte: »Aber wir hatten doch den Preis abgemacht.«
»Wir hatten auch abgemacht, dass du allein kommen würdest«, erwiderte Mirek. Seine roten Augen huschten wieder zu Clary und Jace, der sich zwar nicht von der Stelle gerührt, aber die gespannte, beherrschte Haltung einer lauernden Raubkatze angenommen hatte. »Ich mach dir einen Vorschlag, was du mir sonst noch als Bezahlung geben kannst«, sagte der Dämon hinterlistig. »Eine Locke vom hübschen Haar deiner Schwester.«
»Von mir aus«, meinte Clary und trat einen Schritt vor. »Wenn du unbedingt eine meiner Locken haben willst … «
»Nein!« Pfeilschnell schoss Jace vor, um sich ihr in den Weg zu stellen. »Dieser Dämon ist ein Schwarzmagier, Clary. Du hast keine Ahnung, was er mit einer Locke oder mit ein paar Tropfen von deinem Blut alles anstellen kann.«
»Mirek«, sagte Sebastian langsam, ohne Clary dabei anzusehen.
In dem Augenblick fragte Clary sich: Falls Sebastian wirklich eine ihrer Locken gegen den Adamant eintauschen wollte, wer würde ihn daran hindern? Jace hatte zwar protestiert, aber er war auch an das gebunden, was Sebastian von ihm verlangte. Wenn es hart auf hart kam, was wäre stärker? Der durch die Beschwörungsformel auferlegte Zwang oder Jace’ Gefühle für sie?
»Auf keinen Fall«, fuhr Sebastian fort.
Der
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