City of Lost Souls
verbrannten Stellen kaum, und Clary, durch deren Adern immer noch das Adrenalin des Kampfesrauschs jagte, nahm sie fast gar nicht wahr. »Jetzt du?«, fragte sie.
Jace grinste und hielt ihr die Stele entgegen. Sie befanden sich im Hinterzimmer des Trödelladens. Sebastian war nach vorne gegangen, um abzuschließen und die Lichter auszuschalten, damit sie keine unerwünschten irdischen Besucher anlockten. Er war ganz versessen darauf, endlich »zu feiern«, sich aber noch nicht schlüssig gewesen, ob sie zuerst zur Wohnung zurückkehren und sich umziehen oder direkt zum Nachtclub im Prager Stadtteil Malá Strana aufbrechen sollten.
Zwar verurteilte die leise Stimme in Clary allein die Vorstellung, in dieser Situation überhaupt etwas zu feiern, aber sie wurde vom lauten Rauschen ihres eigenen Blutes übertönt. Es war doch erstaunlich, dass ausgerechnet der Kampf an Sebastians Seite den Schalter tief in ihrem Inneren umgelegt hatte, der offenbar ihre Schattenjägerinstinkte aktivierte, überlegte Clary. Am liebsten wäre sie jetzt katzengleich auf hohe Gebäude gesprungen, hätte hundert Salti hintereinander vollführt und sich von Jace beibringen lassen, wie man Seraphklingen scherenartig durch die Luft sausen ließ. Stattdessen nahm sie die Stele entgegen und forderte ihn auf: »Dann zieh mal dein Hemd aus.«
Rasch zog er es über den Kopf und warf es beiseite – und Clary versuchte, nicht darauf zu reagieren. Jace hatte zwar eine lange feuerrote Schnittwunde an der Seite und Brandblasen vom Dämonenblut auf dem Schlüsselbein und der rechten Schulter, aber er war trotzdem der schönste Mann, den Clary je gesehen hatte: blassgoldene Haut, breite Schultern, eine schmale Taille und Hüften und jene feine Linie goldener Härchen, die von seinem Nabel bis zum Bund seiner Jeans verlief. Mühsam wandte sie den Blick ab, platzierte die Stele auf seiner Schulter und trug ihm seine wahrscheinlich millionste Heilrune auf.
»Okay?«, fragte sie, als sie ihre Aufgabe beendet hatte.
»Mmm-hmm.« Jace beugte sich vor und Clary konnte seinen Geruch wahrnehmen – Blut und Holzkohle, Schweiß und der Duft der billigen Seife, die sie am Rand des Waschbeckens gefunden hatten. »Das hat mir gefallen«, sagte Jace. »Dir nicht auch? Gemeinsam Seite an Seite zu kämpfen?«
»Es war … ziemlich aufregend.«
Jace stand bereits zwischen ihren Beinen; er rückte nun noch näher und hakte seine Finger in den Bund von Clarys Jeans.
Zitternd griffen ihre Hände nach seinen Schultern und dabei sah sie den goldenen Ring an ihrem Finger aufblitzen. Der Anblick ernüchterte Clary ein wenig. Lass dich nicht ablenken, ermahnte sie sich. Verlier dich nicht in diesen Gefühlen. Das hier ist nicht Jace … ist nicht Jace … ist nicht Jace …
Seine Lippen streiften über ihren Mund. »Ich finde, das war unglaublich. Du warst unglaublich.«
»Jace«, wisperte Clary … und dann hämmerte jemand gegen die Tür. Überrascht ließ Jace von Clary ab, wodurch sie nach hinten rutschte und dabei gegen den Hebel des Wasserhahns stieß. Der öffnete sich sofort und bespritzte sie beide mit kaltem Wasser. Überrascht quietschte Clary auf und versuchte verzweifelt, das Wasser abzustellen; Jace dagegen lachte nur schallend, drehte sich auf dem Absatz um und riss die Tür auf.
Natürlich stand Sebastian davor. Er sah erstaunlich sauber aus, für das, was sie gerade durchgemacht hatten. Die blutverschmierte Lederjacke hatte er gegen einen alten Armeemantel getauscht, der ihm zusammen mit seinem T-Shirt einen gewissen Secondhand-Schick verlieh. Er hielt etwas Schwarzes, Schimmerndes in den Händen. Verwundert hob er eine Augenbraue. »Gibt es einen Grund, warum du meine Schwester gerade ins Waschbecken geworfen hast?«, fragte er.
»Meine Ausstrahlung hat sie förmlich umgehauen«, erwiderte Jace, bückte sich nach seinem Hemd und streifte es wieder über. Genau wie bei Sebastian hatte seine Jacke den größten Schaden verhindert, allerdings hatte eine Dämonenklaue einen langen Riss in das Hemd gerissen.
»Ich hab dir was zum Anziehen besorgt«, sagte Sebastian und reichte Clary das schwarze, schimmernde Teil, das er in der Hand hielt.
Clary hatte sich inzwischen aus dem Waschbecken gehievt und stand nun wieder mit beiden Füßen auf dem Boden, wobei das Wasser von ihr herab auf die Fliesen tropfte.
»Ist ein Original. Und müsste ungefähr deine Größe haben«, ergänzte Sebastian.
Verblüfft gab Clary Jace die Stele zurück und nahm das
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