City of Lost Souls
… sie und ihre Anhänger. Dann würde sich das Blatt wenden. Von da an werden alle Dämonen wissen, dass diese Welt keine so leichte Beute ist, wie sie sich das vorstellen.«
Clary schüttelte den Kopf. »Und das alles willst du allein durchziehen? Nur du und Jace? Versteh mich nicht falsch: Du kannst zwar ziemlich einschüchternd sein, aber nicht einmal ihr beide gemeinsam hättet eine Chance … «
Sebastian stand auf. »Du kannst dir wirklich nicht vorstellen, dass ich die Sache vollständig durchdacht haben könnte, stimmt’s?« Er schaute auf Clary hinab; der Herbstwind wehte ihm die weißblonden Haare ins Gesicht. »Dann komm mal mit. Ich möchte dir etwas zeigen.«
Clary zögerte. »Jace … «
»Schläft noch. Vertrau mir, ich weiß es einfach.« Sebastian streckte seine Hand aus. »Komm mit mir, Clary. Wenn ich dich schon nicht davon überzeugen kann, dass ich einen Plan habe, kann ich es dir ja vielleicht beweisen.«
Unschlüssig starrte Clary ihn einen Moment an, während ihr zahlreiche Bilder wie buntes Konfetti durch den Kopf wirbelten: der Trödelladen in Prag; ihr Goldring, der sich scheinbar in nichts aufgelöst hatte; Jace, der sie in dem Alkoven des Nachtclubs an sich gepresst hatte; die Wasserbecken mit den darin treibenden Leichen; Sebastian mit einer leuchtenden Seraphklinge in der Hand.
Vielleicht kann ich es dir ja beweisen .
Entschlossen nahm sie seine Hand und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen.
Nach kurzer Diskussion kamen Magnus und die anderen zu dem Beschluss, dass man einen abgeschiedenen Ort benötigte, um Raziel herbeizurufen. »Schließlich können wir keinen zwanzig Meter großen Engel mitten im Central Park erscheinen lassen«, bemerkte Magnus trocken. »Das würde möglicherweise Aufmerksamkeit erregen – selbst in New York.«
»Raziel ist zwanzig Meter groß?«, fragte Isabelle; sie lungerte in einem Sessel, den sie sich an den Tisch gezogen hatte. Dunkle Ringe unter ihren Augen zeugten davon, wie erschöpft sie war – genau wie Alec, Magnus und Simon.
Sie alle saßen seit Stunden zusammen und hatten etliche von Magnus’ uralten Büchern gewälzt, deren Seiten so dünn waren wie Luftpostpapier. Sowohl Isabelle als auch Alec beherrschten Griechisch und Latein und Alec besaß ein recht umfassendes Wissen über Dämonensprachen, aber dennoch blieben viele Werke übrig, die nur Magnus verstand. Maia und Jordan, denen bewusst geworden war, dass sie an anderer Stelle mehr gebraucht wurden, waren zur alten Polizeiwache zurückgekehrt, um sich nach Lukes Gesundheitszustand zu erkundigen. Simon hatte ebenfalls versucht, sich auf andere Weise nützlich zu machen: Er hatte für Gebäck und Kaffee gesorgt, auf Magnus’ Anweisung Symbole aus den Büchern abgezeichnet, zusätzliche Stifte und Papier geholt und sogar Miau Tse-tung gefüttert, der ihm seine Mühe dadurch dankte, dass er ein Haarknäuel hochwürgte und auf Magnus’ Küchenboden ausspuckte.
»Genau genommen, ist er nur neunzehn Meter groß, aber er übertreibt gern«, erwiderte Magnus. Die Müdigkeit trug nicht gerade zur Verbesserung seiner Laune bei. Seine Haare waren verfilzt und standen steil nach oben und an seinen Händen klebte Glitter, seit er sich ausgiebig die Augen gerieben hatte. »Raziel ist ein Engel, Isabelle. Hast du denn gar nichts im Unterricht gelernt?«
Verärgert schnalzte Isabelle mit der Zunge. »Valentin hat einen Engel in seinem Keller herbeibeschworen. Daher wüsste ich nicht, wofür du den ganzen Platz brauchst … «
»Ich brauche den Platz, weil Valentin einfach VIEL COOLER war als ich«, fauchte Magnus und ließ seinen Stift fallen. »Hör zu, ich … «
»Brüll meine Schwester nicht an«, unterbrach Alec ihn ruhig, aber bestimmt. Verwundert warf Magnus ihm einen Blick zu, doch Alec fuhr fort: »Isabelle, die Größe der Engel hier auf Erden hängt von ihrer himmlischen Macht ab. Der Engel, den Valentin herbeibeschworen hat, war rangniederer als Raziel. Und wenn man einen Engel von noch höherem Rang rufen wollte, wie beispielsweise Michael oder Gabriel … «
»Ich wäre gar nicht in der Lage, eine Beschwörungsformel zu kreieren, die sie binden könnte, nicht einmal für einen kurzen Moment«, räumte Magnus in gedämpftem Ton ein. »Wir haben Raziel unter anderem deswegen ausgesucht, weil wir hoffen, dass er als Schöpfer der Schattenjäger ein besonderes Mitgefühl – oder überhaupt Mitgefühl – mit eurer Situation empfindet. Außerdem besitzt er ungefähr den
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