City - V3
Sie wird dich um Jahre
verjüngen.«
Er brummte. »Es ist ein reines Wunder, daß Ballentree nicht schon halb Genf umgebracht hat mit
seinen Getränken, die er sich zusammenbraut.«
»Das hier ist wirklich gut.«
Es war wirklich gut. Es rann wie Öl durch die Kehle und hatte einen seltsamen, metallischen
Geschmack.
Webster holte sich einen Stuhl und nahm neben ihr Platz.
»Du hast so ein entzückendes Haus hier«, meinte Sara. »Hat es nicht Randall entworfen?«
Webster nickte. »Es hat ihm mehr Spaß gemacht als ein ganzer Zirkus. Ich mußte ihn fast mit einem
Prügel verjagen. Und seine Roboter erst; die sind noch verrückter als er.«
»Aber seine Arbeiten sind gut. Er hat einen Mars-Raum für Quentin entworfen, der ist einfach
himmlisch!«
»Ich weiß«, sagte Webster. »Er wollte mir hier auch einen einbauen. Er behauptete, das wäre der
richtige Platz, wo man in Ruhe sitzen und nachdenken könne. Er war ganz beleidigt, als ich nicht
mitmachte.«
Er blickte gedankenvoll in die Bläue über dem Meer. Sara neigte sich ein wenig vor und
betrachtete seinen Handrücken.
»Du hast noch immer diese Warzen«, stellte sie fest.
Er grinste. »Ja, die könnte ich schon längst los sein, aber ich komme nicht dazu. Zu viel Arbeit.
Jetzt sind sie schon ein Teil von mir geworden.«
»Du warst sehr beschäftigt, ich habe nicht viel von dir gesehen in letzter Zeit. Wie geht es mit
dem Buch?«
»Die Vorarbeiten sind beendet, jetzt muß ich es noch in die einzelnen Kapitel einteilen. Habe
erst heute die letzten Unterlagen überprüft. Auch in einer anderen Sache mußte ich mich erst
überzeugen. Da ist ein Raum unter dem Verwaltungsgebäude des Sonnensystems. Eine Einrichtung für
Verteidigungszwecke. Ein Kontrollraum. Man schaltet einen Hebel und -«
»Und was.«
»Das weiß ich eben nicht«, erklärte Webster. »Irgend etwas wird dadurch ausgelöst, nehme ich an.
Ich hätte es feststellen sollen, hatte aber nicht den Mut. In den letzten zwanzig Jahren habe ich
soviel im Staub herumgewühlt, daß ich nicht mehr viel davon vertragen kann.«
»Du scheinst entmutigt zu sein, Jon. Müde. Du sollst nicht müde werden, dazu hast du gar keinen
Grund. Du solltest ein bißchen herauskommen aus deinem Bau. Darf ich dir noch einen Drink
einschenken?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Sara, danke. Ich glaube, ich bin dazu nicht in der richtigen
Stimmung. Ich habe Angst, Sara - Angst.«
»Angst?«
»Dieser Raum da unten. Illusionen. Die Spiegel, die einem eine Illusion weiter Fernen geben.
Ventilatoren, die die Luft durch einen salzhaltigen Sprühregen blasen. Pumpen, welche die Wellen
aufpeitschen. Eine synthetische Sonne. Und wenn mir die Sonne nicht gefällt, brauche ich nur
einen Hebel zu bewegen - und ich habe einen Mond.«
»Illusionen«, stellte Sara fest.
»Das ist es ja gerade«, sagte Webster. »Das ist alles, was wir haben. Aber keine richtige Arbeit,
keine richtige Beschäftigung. Nichts, wofür wir arbeiten, kein Ziel vor Augen. Ich habe zwanzig
Jahre gearbeitet, um ein Buch zu schreiben, das kein Mensch jemals lesen wird. Sie brauchten
nichts anderes tun, als die Zeit zu opfern, um es zu lesen, aber sie werden sich diese Zeit nicht
nehmen. Es liegt ihnen nichts daran. Es wird auf den Regalen landen, wie alle anderen Bücher, die
geschrieben wurden. Und was hat es mir eingebracht? Ich will es dir sagen. Zwanzig Jahre Arbeit,
zwanzig Jahre Selbstbetrug!«
»Ich weiß«, beruhigte ihn Sara. »Ich weiß, Jon. Da waren auch die letzten drei Bilder -«
Er blickte rasch auf. »Aber, Sara -«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Jon. Niemand wollte sie. Sie sind altmodisch. Naturalistische
Arbeiten sind passe. Heute ist nur Impressionismus gefragt - Kleckserei!«
»Wir sind zu reich, wir besitzen zu viel. Alles wurde uns hinterlassen - alles und nichts. Als
die Menschheit auf den Jupiter abwanderte, haben die Zurückgebliebenen die ganze Erde geerbt, das
war zu viel für sie. Sie konnten nichts damit anfangen, Sie konnten die Erde nicht beherrschen.
Sie glaubten es wohl, aber dann mußten sie einsehen, daß sie selbst beherrscht wurden. Beherrscht
und besessen von ihrer eigenen Vergangenheit.«
Sie berührte zart seinen Arm.
»Armer Jon.«
»Wir können nicht ewig ausweichen. Eines Tages müssen wir den Tatsachen Rechnung tragen und
wieder von vorne beginnen. Ganz von vorne -«
»Ich -«
»Ja, was willst du sagen, Sara?«
»Ich kam her, um mich zu verabschieden.«
»Verabschieden?«
»Ich lasse mich
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