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City - V3

Titel: City - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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gekommen.
Die Hunde waren heimgekehrt, als der Mensch gegangen war. Von allen Windrichtungen waren sie
heimgekehrt an den Ort, wo der erste Hund das erste Wort gesprochen hatte, wo der erste Hund die
erste Zelle gelesen hatte. Heim in Websters Haus, wo vor langer Zeit ein Mensch von einer
gemeinsamen Kultur zwischen Hund und Mensch geträumt hatte.
»Wir haben getan, was wir konnten«, sagte Ebenezer, als ob er mit jemandem spräche. »Und wir tun
es auch heute noch.«
Von dem Hügel erscholl das Läuten einer Kuhglocke. Die Hundejungen brachten die Kühe zum
abendlichen Melken nach Hause.

Der Staub der Jahrhunderte lag über dem Gewölbe, ein grauer, moderartiger Staub, der nichts
Fremdartiges an sich hatte, der nur ein Teil des Gewölbes war - der Teil, welcher im Laufe der
Jahre abgestorben war.
Jon Webster spürte den scharfen Geruch des Staubes, der den muffigen Raum durchzog. Die Stille
drang wie eine leise Melodie an sein Ohr. Über dem Fach mit den Rädern und Schaltern und einem
halben Dutzend Nummernscheiben glühte eine trübe Radiumlampe.
Vorsichtig, als ob er das ewige Schweigen nicht stören wollte, bewegte sich Webster durch den
Raum, in ehrfürchtiger Scheu vor dem Gewicht der Zeit, das auf dem Gewölbe zu lasten schien. Er
streckte einen Finger aus und berührte den offenen Schalter, als ob er an seinem Vorhandensein
zweifelte und sich erst durch das Berühren überzeugen müsse.
Aber er war vorhanden. Auch das Rad und die Nummernscheiben mit der einsamen Lampe darüber. Das
war alles. Das enge, nackte Gewölbe war leer.
Genau, wie es die alte Karte beschrieb.
Jon Webster schüttelte nachdenklich den Kopf. Ich hätte es wissen müssen, daß es hier zu finden
war. Die Karte stimmt schon. Nur wir hatten alles vergessen - oder keinen Wert darauf gelegt. Und
er wußte genau, daß es das letztere war. Man hatte keinen Wert darauf gelegt.
Wahrscheinlich hatten nur wenige Menschen von diesem Gewölbe gewußt. Man hatte es für besser
gehalten, das Geheimnis auf einen kleinen Kreis zu beschränken. Daß es nie gebraucht wurde, war
für die Geheimhaltung nicht bestimmend gewesen. Es hätte doch sein können -
Nachdenklich stand er vor dem Apparat. Er streckte die Hand aus, zog sie aber rasch wieder
zurück. Lieber nicht, sagte er zu sich, lieber nicht. Die Karte gab keinen Hinweis auf den Zweck
des Gewölbes und des Mechanismus.
»Verteidigung«, stand in der Karte. Das war die ganze Erklärung.
Verteidigung! Natürlich hatte es eine Verteidigung gegeben, damals, vor tausend Jahren. Diese
Verteidigung war zwar niemals gebraucht worden, war aber für unvorhergesehene Zwischenfälle
erforderlich gewesen. Damals war die Bruderschaft der Menschen noch eine sehr wackelige
Angelegenheit gewesen, die ein einziges unbedachtes Wort, eine einzige unüberlegte Handlung aus
dem Gleichgewicht bringen konnte. Sogar nach zehn Jahrhunderten des Friedens lebte die Erinnerung
an den Krieg immer noch weiter. Nach der Ansicht des Welt-Komitees war die Möglichkeit eines
Krieges immer noch nicht ganz ausgeschlossen, er war immer noch eine Gefahr, auf die man
vorbereitet sein mußte.
Webster stand steif und aufrecht und lauschte dem Pulsschlag der Jahrtausende, die den Raum
erfüllte. Die Geschichte hatte hier geendet, sie war in eine Sackgasse geraten. Das unnütze
Dasein der wenigen noch lebenden Menschen hatte die Geschichte zum Stillstand gebracht.
Er preßte seine Hand gegen das Mauerwerk und fühlte die Kälte und das Kratzen des Staubes auf
seiner Handfläche.
Das Fundament eines Weltreiches, dachte er. Der Vorraum eines Weltreiches. Der Grundsteine eines
hoch aufstrebenden Gebäudes, das vormals durchflutet war von der Geschäftigkeit des bewohnten
Sonnensystems. Ein Weltreich, das nicht durch Eroberungen zustande gekommen, sondern auf
gegenseitiger Achtung, aufrichtiger Zusammenarbeit und verstehender Toleranz aufgebaut war.
Langsam drehte sich Webster um und blickte auf die Spuren, die seine Füße in dem Staub
hinterlassen hatten. Schweigend folgte er seiner Spur zurück zu der massiven Tür, die er hinter
sich verschloß. Er sicherte das Schloß, das sein Geheimnis auch weiterhin behüten sollte.
Als er die Stufen des unterirdischen Ganges erkletterte, dachte er: Jetzt kann ich meine
Geschichte niederschreiben. Meine Aufzeichnungen sind fast vollständig, und ich weiß, was ich
sagen will.
Aber er wußte, daß sie niemand lesen würde. Niemand würde sich die Zeit dazu nehmen.

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