Clancy, Tom
Haus eingerichtet hatte. Die Werkstatt mit ihrer
riesigen, aus bestem Ahornholz gezimmerten Werkbank hatte Pasternak inzwischen
in einen provisorischen Operationssaal verwandelt. Die erstklassige Ausstattung
umfasste Halogen-Arbeitslampen, ein Dräger-Beatmungsgerät und ein EKG- und Reanimationsgerät
von Marquette, einschließlich manueller externer Defibrillator-Paddles, mit
denen man ein unregelmäßig schlagendes Herz wieder zu einem normalen
Sinusrhythmus zurückführen konnte. Beide Maschinen waren nagelneu. Die
Verpackungskartons ihrer Hersteller lagen noch in der Ecke. Alles war vorhanden
und startklar, außer dem Ehrengast, den man in einem Gästeschlafzimmer
untergebracht hatte, wo er abwechselnd von Chavez, Jack und Dominic bewacht
wurde. »Alles bereit?«, fragte Clark.
Pasternak
drückte auf eine Reihe von Knöpfen auf dem EKG und erhielt als Antwort einige
offensichtlich befriedigende Piepstöne. Er schaltete das Gerät ab und schaute
Clark an: »Ja.«
»Irgendwelche
Zweifel an dem, was wir hier machen?«
»Wie
kommen Sie darauf?«
»Sie sind
nicht gerade der geborene Pokerspieler, Doc.«
Pasternak
musste lächeln. »Das stimmt, das war ich nie. Ich nehme an, es hat mit dem
hippokratischen Eid zu tun, den ich geleistet habe. Aber ich konnte mir die
Sache zehn Jahre lang überlegen. Direkt nach dem 11. September wusste ich
nicht, ob es mir dabei nur um Rache oder doch um etwas Größeres ging - um ein
höheres Gut sozusagen.«
»Und,
worum geht es Ihnen heute?«
»Um
beides, aber eher um Letzteres. Wenn wir etwas aus diesem Burschen
herausbekommen und dadurch Menschenleben retten können, dann werde ich mit dem,
was ich getan habe - was ich hier tun werde -, bestimmt ganz gut
zurechtkommen.«
Clark
dachte kurz darüber nach und nickte. »Doc, mehr oder weniger sitzen wir alle in
einem Boot. Wir müssen uns überlegen, was das Richtige ist, und dann dazu
stehen. Der Rest ergibt sich dann von selbst.«
Die
Spannung auf das, was nun bald passieren würde, trieb alle am nächsten Morgen
bereits vor Tagesanbruch aus dem Bett. Dominic, der beste Koch der Gruppe, bereitete
eine Schüssel Haferbrei und Weizentoast für ihren Gast zu.
Dieser war
jetzt hellwach und litt offensichtlich große Schmerzen. Er weigerte sich jedoch
hartnäckig, etwas zu essen.
Um 7.00
Uhr kam Dr. Pasternak ins Zimmer, um ihn zu untersuchen. Das dauerte nur ein
paar Minuten. Pasternak schaute Hendley an, der in der Türöffnung stand. Der
Rest der Gruppe wartete gespannt hinter ihrem Chef.
»Kein
Fieber, keine Zeichen einer Entzündung. Er ist bereit.«
Hendley
nickte. »Bringen wir ihn rüber.«
Der Emir
wehrte sich nicht, sondern blieb völlig unbeteiligt, als Chavez und Dominic
ihn durch die Hintertür in den Werkstattschuppen hinübertrugen. Erst als er
die von Halogenlampen hell beleuchtete Werkbank mit den darauf angebrachten
Ledergurten sah, änderte sich ganz kurz sein Gesichtsausdruck. Jack bemerkte
zwar den vorübergehenden Wandel, konnte ihn aber nicht genau einordnen: War es
Angst oder war es Erleichterung? Angst vor dem, was jetzt kommen sollte, oder
Erleichterung, weil er annahm, dass er bald zum Märtyrer werden würde?
Wie sie es
bereits am Abend zuvor geübt hatten, legten Chavez und Dominic den Emir auf
die Werkbank. Sein linker Arm wurde mit einem Lederriemen festgeschnallt,
während der rechte Arm, der auf der Seite der medizinischen Geräte war, auf
einem zusammengefalteten Handtuch ausgestreckt und erst dann fixiert wurde. Am
Ende wurden noch die beiden Beine mit Lederriemen an das Brett gebunden.
Chavez und Dominic hatten ihre Aufgabe erledigt und traten ein paar Schritte zurück.
Jetzt
schaltete Pasternak die einzelnen Apparate ein, zuerst das EKG und dann das
Beatmungsgerät. Am Schluss ließ er die manuellen externen Defibrillatoren noch
einen Selbstdiagnose-Test durchführen. Danach wandte er seine Aufmerksamkeit
dem Rollwagen neben der Werkbank zu, auf dem alle möglichen Spritzen lagen und
Flaschen und Fläschchen unterschiedlichster Größe standen. Die ganze Zeit
schaute ihm der Emir aufmerksam zu.
Ist er
etwa neugierig?, dachte Jack. Innerlich war er bestimmt voller Angst. Niemanden
konnte das, was um ihn herum vorging, dermaßen kaltlassen. Dies galt ganz bestimmt
für einen Mann, der es bisher gewohnt war, allen Menschen und Dingen in seiner
Umgebung seinen Willen aufzuzwingen, und dessen Befehle man immer schnell und
ohne Widerrede befolgt hatte. Seine Welt stand jetzt nicht mehr unter
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