Clara
rum.
»Ach, Clara,
du warst wundervoll! Clara, Schatz, wir liegen dir zu Füßen! Oh, wie schön du
warst!« Ja, ja, ja. Sie wusste es auch so.
Neben ihren
Freunden waren auch zwei Klatschreporterinnen auf den Plan getreten, die sie
mit Fragen gelöchert hatten: »Woher haben Sie dieses tolle Kleid? Wo lassen Sie
Ihre Haare machen? Haben Sie eine feste Beziehung? Wohin gehen Sie heute Abend ?« Na bitte. Nun hieß es am Ball bleiben. Natürlich musste
sie ihre Garderobe erweitern. Zweimal mit demselben Kleid gesehen, und schon
war man tot. Sie kannte die Spielregeln. Musste ihre Einladungen künftig
sondieren. Die Guten von den Schlechten trennen. Ihren ganzen persönlichen
Umgang neu überdenken. Großes war im Anflug. Neue Bekanntschaften von
unabsehbarer Dimension. Die »Schweinebaroness«, wie ihre Neider sie hinter
vorgehaltener Hand in Anspielung auf das Fleischimperium ihres Vaters nannten,
war in die oberste Riege der Prominenz ihres Landes aufgestiegen. Darüber war
sie sich im Klaren. Die gesellschaftlichen Hotspots standen ihr nun offen. Und die Verehrer würden mehr denn je Schlange stehen.
All das ging
ihr durch den Kopf, während sie sich für den Abend zurechtmachte. Immer in
Begleitung der emsigen Hände ihres Mädchens, das für Clara gar nicht
existierte. Genauso wenig existierte wie ein Mann, den ihr erster großer
Triumph in Rage versetzt hatte.
Kapitel 2 –
Vorbereitungen
1
Das Laub lag
unter den Bäumen, die Sonne verbarg sich hinter einem trüben Schleier. Einem
Schleier, der auch mein Herz ummantelte. Melancholie durchströmte meinen
Körper. Zwei Jahre, seitdem sie gegangen war. Zwei Jahre ohne jede Perspektive.
Zwei Jahre mit dem Gewehrlauf an der Schläfe. Doch noch war es nicht so weit.
Ich hatte neben dem kleinen Haus in Alt-Mürren auch
ein größeres Grundstück weit abseits des Dorfes, beinahe schon im Wald gelegen,
von meinen Eltern geerbt. Ein verwildertes, schlecht umzäuntes Stück Land im
tiefsten Waldviertel, dem ich in den vergangenen zwanzig Monaten viel
Aufmerksamkeit gewidmet hatte. In früheren, besseren Zeiten befand sich hier
einmal ein kleines Sägewerk. Die gefällten Bäume wurden vor Ort verarbeitet und
als Bretter abtransportiert. So wurde es noch zu Zeiten meines Großvaters
gehandhabt. Doch der Bedarf an Holz stieg, die Kapazitäten genügten den neuen
Anforderungen nicht mehr, und die Holzhändlerfamilie, der ich entsprang, wechselte
auf ein größeres, moderneres Areal. Nun, das war alles Geschichte. Der
Niedergang der Branche, der Abstieg meiner Familie in die Bedeutungslosigkeit.
Geschichte im Angesicht einer globalisierten Welt, die alles verschluckte.
Alles und jeden, der sich ihr in den Weg stellte oder nicht anpasste.
Schon kurz
nachdem sie gegangen war, hatte ich mit den Arbeiten am Gelände begonnen. Hatte
mir einen alten, schäbigen Pritschenwagen besorgt, den
ich direkt am Grundstück unterstellte. Zu Beginn war die Arbeit, der ich mich
jedes Wochenende widmete, sehr mühsam gewesen. Dem Wildwuchs jahrzehntelanger
Vernachlässigung war nur schwerlich beizukommen. Was sich letztlich als ein
Segen herausstellte. Denn alles, was ich benötigte, war ein schmaler Zugang zum
alten Sägewerk. Der Rest sollte im Schutze der Natur ruhig verborgen bleiben.
Nachdem ich
einen befestigten Pfad errichtet hatte, machte ich mich daran, das Gebäude
selbst, oder was davon übrig geblieben war, neu aufzubauen. Im Klartext hieß
das, dass ich den etwa zwanzig Quadratmeter großen Schuppen, der über der
Sägemaschine errichtet worden war, einfach abriss. Dazu war nicht viel nötig,
da das Holz morsch war und die Konstruktion schon nach wenigen gezielten
Schlägen in sich zusammenfiel. Nachdem das Bretterwerk entfernt war, machte ich
mich an die Demontage der Maschine. Dank des Rosts brauchte ich dafür gute zwei
Monate. Manche Teile waren so schwer, dass ich sie nur mühsam bewegen konnte.
Die Entsorgung bereitete kaum Probleme. Ja, ich verdiente bei den Schrotthändlern
damit noch etwas Geld.
Vom
Kellerboden bis zum Plafond reichend, zog ich einen Eisenzaun samt
verschließbarem Tor ein, den ich nach langer Recherche im Internet halbwegs
günstig erworben hatte. Dieser teilte den Raum etwa bei zwei Dritteln. Auf diesen
etwas bizarr wirkenden Unterbau setzte ich ein selbst gezimmertes Blockhaus und
baute einen schleusenähnlichen Abgang zum Keller.
Nach und
nach gestaltete ich das Gebäude ebenso wohnlich wie zweckmäßig, stabilisierte
den aus
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