Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
während ein Grübchen auf seiner linken Wange aufblitzte. »Ich habe das Gefühl, Junge«, fuhr er fort, während er sie von Kopf bis Fuß musterte, »daß du keine Ahnung hast, was Arbeit ist. Du hast Beine und Arme, die sich eher für ein Mädchen schicken. «
    »Wie könnt Ihr Euch erdreisten, mich so zu beleidigen! « fauchte sie aus Angst, daß sie jeden Augenblick enttarnt werden könnte. Zugleich griff sie nach ihrem Dolch, fand aber nur eine leere Scheide.
    »Wieder einer deiner Fehler«, sagte Raine. »Du hast das Messer fallen lassen. « Langsam, mit theatralischer Geste, zog er den kleinen Dolch aus dem Bund seiner Hose, die sich so eng an seinen Körper schmiegte, wobei nur ein lockeres, dreieckiges Stück Tuch seine Männlichkeit verhüllte. »Ich werde dir beibringen, wie man mit Waffen umgehen muß und sie nicht so leichtsinnig behandelt wie du. « Er fuhr mit dem Daumen über die Schneide. »Es muß gewetzt werden. «
    »Es war scharf genug, Eure dicke Haut zu durchdringen«, sagte sie keck und lächelte, daß sie seiner Selbstgerechtigkeit auch etwas entgegenzusetzen wußte.
    Als würde er sich erst jetzt wieder an den blutigen Schnitt erinnern, sah er auf seinen Arm, ehe er sie wieder ins Auge faßte. »Komm mit mir, Knappe, und versorge meine Wunde«, sagte er schroff und drehte ihr den Rücken zu, als erwarte er, daß sie ihm folge.
    Da faßte Clarissa den Entschluß, daß sie in diesem Lager nicht bleiben wollte, wo sie der Gnade und Laune dieses Edelmannes ausgeliefert war, der sie so sehr anzog und zugleich so zornig machte. Und sie verabscheute diese schmutzigen, gierig starrenden Leute, die um sie herumstanden und sie betrachteten, als gehörte sie zu einem Spiel, das zu ihrer Zerstreuung aufgeführt wurde.
    Sie wandte sich an den Diener, der sie hierhergebracht hatte: »Ich möchte nicht hierbleiben. Ich will meine Chancen woanders wahrnehmen. « Damit drehte sie sich zu dem gesattelten Pferd um.
    »Und Gehorsam hast du auch nicht gelernt«, kam Raines Stimme von hinten, ehe sich seine kräftige Hand um ihren Nacken schloß. »Ich lasse mir doch nicht einen guten Knappen entgehen, nur, weil du dir einbildest, Angst vor mir zu haben. «
    »Laßt mich los! « schrie sie, während er sie vor sich herstieß. »Ich möchte nicht hierbleiben. Ich möchte nicht hierbleiben. «
    »Wie ich die Sache betrachte, schuldest du mir noch etwas für das Blut, das du vergossen hast. Marsch jetzt — hier hinein! « befahl er und schubste sie in ein großes Stoffzelt.
    Sie packte eine Zeltstange und versuchte, aufrecht zu stehen, obwohl sie am liebsten geweint hätte, weil ihr Bein so schmerzte und ihr geschundener Körper noch ein paar Schürfwunden hinzubekommen hatte.
    »Blanche! « brüllte Raine durch die offene Zeltklappe. »Bring mir heißes Wasser und ein Stück Leinen; aber paß auf, daß es auch sauber ist. «
    »Nun zu dir, Junge«, sagte er, sich zu ihr umdrehend. Er betrachtete sie einen Moment. »Du hast dir das Bein verletzt. Zieh die Hose aus, damit ich mir die Wunde ansehen kann. «
    »Nein! « keuchte sie und wich vor ihm zurück.
    Er sah ehrlich verwundert aus. »Bin ich es, den du fürchtest, oder« — er setzte ein kleines Lächeln auf — »ist es nur dein Schamgefühl? Schön«, fuhr er fort und setzte sich auf die Koje am Rand des Zeltes, »vielleicht bist du zu Recht so empfindlich. Wenn ich Beine hätte wie du, würde ich mich ebenfalls ihrer schämen. Aber keine Angst, Junge, wir werden dein Knochengestell schon mit Muskeln auspolstern. Ah, ja, Blanche, stell es dorthin und geh wieder. «
    »Aber wollt Ihr nicht, daß ich Euch die Wunde versorge? «
    Clarissa sah von ihren Beinen hoch, die sie gar nicht für so übel hielt, und betrachtete die Frau, die ins Zelt gekommen war. Ihre Empfindlichkeit für Geräusche und besonders für Stimmen hatte ihre Neugierde geweckt. Dieses Winseln in der Stimme, dieses Betteln, ihm gefällig zu sein, in das sich ein Hauch von Unverschämtheit mischte, jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Sie sah eine plumpe Frau mit strähnigen schmutzigen blonden Haaren, die Raine betrachtete, als wollte sie ihn im n ächsten Moment verschlingen.
    Angewidert sah Clarissa zur Seite.
    »Der Junge wird die Wunde versorgen. «
    »Das werde ich ganz bestimmt nicht! « sagte Clarissa heftig. »Laßt der Frau ihren Willen, denn es ist Frauenarbeit, und man sieht ihr an, wie gern sie Euch pflegen würde. « Clarissa lächelte und dachte, daß sie vielleicht doch

Weitere Kostenlose Bücher