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Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Premier, der Helene Cleveringa zum Tanz aufforderte.
    Nel nahm mir die Fernbedienung aus der Hand und spulte das Band ein Stück zurück.
    »Das muss nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben«, sagte ich. »Geschäfte. Ein Anruf.«
    Sie hielt das Band an, Barend Scholte war im Bild. Ich bildete mir ein, undeutlich das Glitzern von Regentropfen auf den Schultern seines Smokings zu entdecken.
    »Oder unerwarteter Besuch?«, fragte Nel.
    »Vor hundert Zeugen?«
    Nel stand vom Sofa auf, um das Band aus dem Videorekorder zu holen und das Sendeband wieder einzulegen. »Das ist doch genau das, was sie wollte? Sie hat zu Betty gesagt, dass es Zeit würde für ihren großen Moment der Rache. Ich habe diese Periode durchgecheckt von dem Zeitpunkt ihrer Mitteilung an Betty bis zu dem Tag, an dem Cleveringa ins Ministerium einzog, um seinen Ministerposten anzutreten. Es hat nur eine wirklich dramatische Gelegenheit gegeben. Eine Pressekonferenz wäre eine Handgranate gewesen, das hier dagegen die reinste Atombombe.«
    »Wenn sie von dem Fest wusste.«
    »Betty hat sie über alles informiert und das Fest war schon lange geplant, als sie Cleo zum letzten Mal sah. Jetzt mach doch mal einen Punkt.«
    Nel spulte das Band mit hoher Geschwindigkeit zu den Außenaufnahmen vor. Wir sahen die Autos, die an der Einfahrt entlang, durch das Tor hindurch und wahrscheinlich bis an den Straßenrand geparkt waren, das verregnete Zelt und durch die dahinter liegenden Bäume ein Stückchen Tennisplatz.
    »Natürlich stand jemand unten am Tor«, sagte Nel, »um die Einladungen zu kontrollieren und Krethi und Plethi abzuwimmeln.«
    »Bestimmt hat das Ministerium seinen eigenen Sicherheitsdienst zur Verfügung gestellt.«
    Sie hielt das Band an und zog ein Stück Papier zu sich hin. »Wie ist die genaue Lage?« Sie begann, eine grobe Skizze zu entwerfen. »Hier ist das Tor, das Torhäuschen, die Einfahrt. Überall Autos. Das Zelt steht links? Der Tennisplatz dahinter. Kann man ihn vom Haus aus sehen?«
    »Nein. Der Kameramann hat ihn erst auf halbem Wege von der Einfahrt aus ins Bild bekommen.« Ich nahm ihr den Bleistift aus der Hand und zeichnete den Tennisplatz weiter weg ein, schräg hinter dem Zelt, hinter den Buchen und vom Haus abgeschirmt durch Vogelkirschen und Rhododendren. »Ich weiß, was du denkst, aber es gibt zu viele Zeugen.«
    »Dasselbe muss Cleopatra auch gedacht haben«, murmelte Nel. »Dass sie kein Risiko eingehen würde, wegen all dieser Leute. Sicherer als eine Pressekonferenz. Die hätte sie ankündigen müssen und es wäre eine gewisse Zeit vergangen, in der sie angreifbar gewesen wäre.«
    Ich hatte den Gedanken an eine Pressekonferenz schon lange wieder verworfen, wie es jeder getan hätte, der seinen Verstand benutzte.
    Cleo wurde von Hass verzehrt, aber sie war nicht verrückt. Was sollte sie tun – die Presse anrufen und mitteilen, sie verfüge über belastendes Material, mit dem sie den zukünftigen Minister zu Fall bringen könne? Sich als die tot geglaubte Frau Cleveringa zu erkennen geben? In beiden Fällen hätten die Zeitungen ihr erstens nicht geglaubt und zweitens anschließend Cleveringa um einen Kommentar gebeten. Und Cleveringa hätte Gegenmaßnahmen ergreifen können, einen kleinen Unfall arrangieren, abhauen, wie auch immer.
    Was sonst? Ihre Bombe bei einem Staatsanwalt in einem anonymen Büro platzen lassen? Nel hatte Recht. Wenn Cleo großes Theater wünschte, war das Fest die allerbeste Gelegenheit.
    »Also kein Telefonanruf?«
    Nel schaute mich an. »Oder ein Telefonanruf vom Tor aus? Ich habe Betty mit einem Walkie-Talkie gesehen. Alle Jungs waren mit Ohrstöpseln ausgerüstet. Der Premierminister ist anwesend. Es gibt Sicherheitsmaßnahmen.«
    »Das meine ich.«
    »Ich weiß genau, was du meinst, aber die Überwachung konzentriert sich auf die Innenräume des Hauses. Wenn Scholte persönlich zu Cleveringa hingeht, kann es nur der Mann am Tor gewesen sein.«
    Ich schaltete den flimmernden Fernsehschirm aus. »Trotzdem kann ich mir das ganze Szenario immer noch nicht so richtig vorstellen.«
    Nel stand vom Sofa auf und ging zur Balkontür. Sie schaute auf die Skizze in ihrer Hand. »Cleopatra erscheint am Tor.«
    »Wie denn? Zu Fuß? Mit dem Taxi?«
    »Ich glaube, sie hätte ein eigenes Transportmittel vorgezogen. Vielleicht einen Mietwagen. Der Wachmann am Tor hält sie an.«
    »Hallo, ich bin Frau Cleveringa?«
    »Ich glaube nicht, dass sie ihre Überraschung an den Torwächter verschwendet hätte.

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