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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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linken Arm -, um Ajits geballte Faust zu ergreifen. »Ajit, Edgar hat Recht. Das hier ist kein Ort für einen Streit. Wir müssen Bahadur ins Lager zurückbringen. Sie und ich müssen die Aussagen aller Anwe-senden aufnehmen. Ein höchst bedauerlicher Unfall, aber wir müssen die genauen Umstände prüfen und zu verstehen suchen.«
    Ajit nickte feierlich, und nachdem Joe ihm quasi das Stichwort geliefert hatte, machte er sich daran, den Dienern Aufgaben zuzuweisen und allen zu befehlen, Colin zurück zum Lager zu folgen und in ihren Zelten zu bleiben. Sie wurden angehalten, erst dann aufzutauchen, wenn entweder Ajit oder Commander Sandilands sie dazu aufforderten.
    Ein langsamer, trauernder Leichenzug folgte einer Bahre, die eiligst aus Schösslingen gefertigt worden war und auf der die Leiche von Bahadur lag. Noch mehr Schösslinge wurden gefällt, um die Leichen der Tiger zu transportieren. Diese bildeten die Nachhut.
    Unterwegs kamen Sir Hector, Madeleine und Stuart auf sie zu, begierig auf Neuigkeiten. Sie hatten die Schüsse gehört und erwarteten den Triumphzug erfolgreicher Jäger und ihrer Beute. Sie waren völlig erschlagen, als sie auf die düstere Prozession trafen, die sich zum Lager bewegte. Joe umriss so kurz wie möglich die Ereignisse, die zu der Tragödie geführt hatten, und schweigend nahmen sie das Entsetzliche dieser Situation in sich auf.
    Der Arzt war der Erste, der sich von seinem Schock erholte. »Hören Sie, bringen Sie den Jungen in mein Zelt«, bat er. »Dort habe ich einen großen Tisch aufstellen lassen . nun, man weiß ja nie . ich wollte auf mögliche Verwundete vorbereitet sein.« Er sah auf Joes Arm. »Und wie ich sehe, hatte ich damit Recht. Sie kommen besser mit mir, Joe.«
    Joe folgte Sir Hector in sein Zelt und sah zu, wie Bahadur von den Trägern auf den Tisch gelegt wurde. Der Arzt schickte alle fort, und die beiden Männer blieben allein mit der Leiche zurück. Hector öffnete seine Arzttasche und nahm eine Stoffrolle mit funkelnden silbernen Instrumenten heraus. »Die Lebenden vor den Toten, wie ich immer sage, gleichgültig, wie bedeutend die Toten gewesen sein mögen. Zeigen Sie mir Ihren Arm, Joe. Hm ... Sie hatten gerade noch einmal Glück, aber das muss ich Ihnen sicher nicht erst sagen. Das heißt, bis jetzt hatten Sie Glück. Ich hoffe, das gibt in dieser Hitze keine Blutvergiftung. Ein Restrisiko besteht immer.«
    Zu Joes Überraschung entkorkte er eine Flasche Schweizer Mineralwasser und goss es über die Wunde, schwemmte das getrocknete Blut und den Schmutz in eine Messingschale. Joe krümmte sich, biss die Zähne zusammen und wartete auf den nächsten Teil der Behandlung.
    »So, das geronnene Blut ist weg. Und jetzt sehe ich auch, dass die Wunde nicht allzu knifflig ist. Ich denke, sie muss nicht genäht werden, wenn ich sie sorgfältig verbinde, sie muss aber desinfiziert werden. Joe, Sie werden eine weitere interessante Narbe bekommen, mit der Sie die Frauen beeindrucken können.«
    Sir Hector nahm eine kleine Phiole mit gelber Flüssigkeit aus seiner Arzttasche, brach die Kappe ab und tröpfelte den zähflüssigen Inhalt über die Wundränder.
    »Was ist das?«, fragte Joe.
    »Habe nicht die leiseste Ahnung! Das Zeug hat mir Udais Hofarzt gegeben. Funktioniert tadellos -sehr viel effizienter als Kaliumpermanganat«, sagte er zuversichtlich und verband anschließend gekonnt den Arm. »So, bevor man uns jetzt die Leiche entreißt und mit den Bestattungsritualen beginnt, sollten wir sie uns kurz ansehen.«
    »Ich habe sie mir bereits angesehen«, sagte Joe stockend. »Der Hals wurde von einem Tiger zerfetzt. Kleiner Hals. Große Klauen.«
    »Dennoch«, beharrte Sir Hector. »Lassen Sie mich einen Augenblick meiner beruflichen Neugier nachgehen, wenn Sie so gut sein wollen, Commander.«
    Mit düsteren Erinnerungen an Madeleine, die vor der Untersuchung von Prithvis Tod seinen Titel auf dieselbe formelle Weise benutzt hatte, akzeptierte Joe seinen Rollenwechsel. Nicht länger Patient, sondern Polizist, der eine Autopsie bezeugen soll. Widerstrebend stellte er sich auf die andere Seite des Mitleid erregenden, kleinen Leichnams und sah zu, wie der Arzt mit einem Gesicht, dem jegliche Emotion entzogen war, ein schmales Instrument wählte und damit die Wunde examinierte.
    »Ja, daran kann kein Zweifel bestehen. Der Tiger hat ihm mit einem Schlag, vielleicht auch mit zweien, schräg von links den Hals zerfetzt. Der Tod durch Blutverlust trat unmittelbar ein. Da ist noch

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