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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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kam. »Sehen Sie, freier Zugang zum Hals, und auf diese Weise wird der Blutstrom vom Täter weggelenkt, und er kommt nicht blutgetränkt aus dem Dickicht heraus. Es muss sehr viel Blut geflossen sein . Und der Junge stand zu der Zeit auf den Beinen, wie man den Blutspuren an seiner Kleidung entnehmen kann.«
    »Aber die Krallenwunden, Sir Hector? Was haben Sie dazu zu sagen? Wurden Sie vor dem Angriff mit der Klinge zugefügt, gleichzeitig oder danach? Hat der Tiger ihn gefunden, als er schon tot im Dickicht lag? Können Sie das feststellen?«
    Sir Hector seufzte. »Allgemein gesagt werden postmortale Verletzungen durch das Fehlen von Vitalreaktionen diagnostiziert. Wenn eine Wunde zugefügt wird, während das Opfer noch lebt, reißen winzige Blutgefäße, und das Herz - wenn es noch schlägt - zwingt Blut in das Gewebe um den geschädigten Bereich. Das Blut verklumpt und lässt sich nur schwer abwaschen. Reichen Sie mir doch bitte das Wasser und den Schwamm von dort drüben. Ich sehe zu, was ich tun kann.«
    Er legte los, murmelte etwas von Mikroskopen, weißen Blutkörperchen und Leukozyten, wobei er nur halb erwartete, dass Joe ihm folgen konnte. Schließlich legte er seine Instrumente zur Seite, wusch sich die Hände und meinte nachdenklich: »Schwer zu glauben, aber die Wunden durch die Krallen scheinen zur selben Zeit zugefügt worden zu sein wie der Stich in den Hals, oder so kurz danach, dass es keinen Unterschied macht.«
    Sir Hector schüttelte den Kopf. »Der arme Junge scheint von einem älteren Tiger mit einer losen Kralle zerfleischt worden zu sein, während er starb, aber mehr kann ich anhand der medizinischen Beweise nicht sagen. Darüber hinaus bin ich nicht mehr auf sicherem Terrain. Tut mir Leid, aber jetzt muss ich an Sie und Colin übergeben. Ich habe alles getan, was ich konnte, und wahrscheinlich mehr gesagt, als ich hätte sagen dürfen - oder als sicher gewesen wäre.«
    »Danke, Sir Hector! Sie waren wirklich äußerst gründlich. Niemand sonst hätte bemerkt, dass etwas nicht stimmt und dass wir beinahe komplette Narren aus uns gemacht hätten. Hören Sie, dürfte ich Sie beide bitten, im Moment noch nicht über das zu sprechen, was wir entdeckt haben?«
    Colin und Sir Hector nickten zustimmend, und Joe fuhr fort: »Ich bin sicher, Sie werden meine Beweggründe nachvollziehen können, wenn ich jetzt vorschlage, dass der nächste Schritt eine zweite Autopsie sein sollte?«
    Sir Hector sah beleidigt aus, aber Colin nickte. »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Joe. Sie möchten eine Autopsie an einem Tiger durchführen, nicht wahr?«
    »Ganz genau!«
    »Oh, äh, ich fürchte, da muss ich passen, alter Knabe. Das ist nicht mein Fachgebiet«, wandte Sir Hector ein.
    »Ist schon gut, Sir Hector«, sagte Colin. »Sie stehen hier vor einem Weltklasse-Tigersezierer! Ich entferne immer die Pfoten, den Kopf und das Fell, manchmal nur mit einem Taschenmesser. Das erwartet man von mir. Niemand wird sich etwas dabei denken, wenn ich losziehe und es sofort erledige. Je früher, desto besser, bei dieser Hitze. Wollen Sie mich begleiten, Joe?«
    Sie fanden die Tiger an der Stelle, an der die Treiber sie abgelegt hatten - in einer kleinen Lichtung neben dem Vorratszelt. Eine Menge Männer hatte sich um die Kadaver versammelt, um die Größe der Tiere zu bestaunen, um Klatsch und Tratsch auszutauschen und sich jedes Detail ihres Todes durch die Hand des vernarbten Sahibs einzuprägen. Und schon kam eine neue Unterhaltungseinlage. Der eifrig erwartete Augenblick, in dem O’Connor Sahib die Tiger häutete. Aufmunterndes Gemurmel begrüßte Colin und den frisch verbundenen Joe, als sie sich zur Untersuchung der Kadaver näherten.
    »Wir fangen am besten mit dem Jungtier an«, erklärte Colin energisch. Joe stellte fest, dass er als Mann von Ehre nicht den Blick abwenden konnte, wenn sämtliche Augen der bewundernden Menge dem raschen Silbermesser folgten, das sich über und durch den Kadaver bewegte. Er fand es hilfreich, sich auf Colins nüchterne Kommentare zu konzentrieren, die dieser in Hindi und Englisch abgab. Schon waren die Pfoten mit einer flüchtigen Inspektion abgetrennt. »Spuren von Blut an der rechten Vorderpfote. Gesundes, junges Tier. Ungefähr drei Jahre alt, würde ich sagen. Die Krallen sind noch nicht sehr abgenutzt. Alle fünf Krallen an beiden Vorderpfoten sind intakt, ebenso alle vier Krallen an den beiden Hinterpfoten.« Als er Joes interessierten Blick auffing, fügte er hinzu: »Tiger

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