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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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etwas . Sand . Vegetationsreste .«
    »Von der Pfote«, meinte Joe ungeduldig.
    Sir Hector warf Joe rasch einen Blick zu. »Ja ... von der Pfote. Hat Colin uns gestern Abend nicht erzählt, dass ein Tiger seine Beute immer mit den Zähnen tötet?«
    Joe war von Sir Hectors Auffassungsgabe beeindruckt. »Ja, das hat er. Und das tun Tiger auch, wie ich weiß. Bei Wasserbüffeln, großen Hirschen und so weiter. Aber Bahadur war kaum Beute zu nennen -eher ein kleines, zerbrechliches Ärgernis, das versehentlich in das Dickicht des Tigers stolperte und seinen Mittagsschlaf störte. Das Tier hat ihn daraufhin einfach weggeklatscht.«
    Sir Hector sah sich die Wunde genauer an und rückte seine Brille zurecht. Mit einem zufriedenen Grunzen wählte er eine Pinzette aus seiner Instru-mentenrolle und zog ein weißes Objekt aus der Wunde, das er mit einem leisen Klimpern in eine kleine Porzellanschale fallen ließ.
    Joe sah es sich an. »Die Kralle eines Tigers?«
    »Ja.«
    Der Arzt sah von seiner Arbeit auf, legte das Skalpell beiseite und sprach nachdenklich. »Joe, ich möchte, dass Sie das Ganze noch einmal durchgehen. Alles. Tut mir Leid, wenn ich so kleinlich bin, aber ich will hören, was genau von dem Moment an geschah, in dem Sie auf Ihren Baum kletterten, bis zu dem Augenblick, in dem Sie Bahadur im Dickicht fanden. Lassen Sie nichts aus.«
    Zu Joes Verblüffung nahm er ein Blatt Papier zur Hand und zeichnete einen Plan des Nullah, auf dem er die Positionen aller Teilnehmer der Jagd einzeichnete. Dann nahm er einen roten Stift, und während Joe seine Geschichte erzählte, markierte er die Wege, die die beiden Tiger genommen hatten. Die Tigerin bewegte sich in gerader Linie von rechts nach links über das Blatt, das Jungtier lag zwischen den Bäumen, mit Bahadur und Claude beschäftigt, und nachdem es Bahadur getötet hatte, lief es im Halbkreis nach Süden, um Joe von hinten anzugreifen.
    Sir Hector stellte eine Frage. »Besteht die Möglichkeit, dass die alte Tigerin einen Umweg gemacht und Bahadur selbst getötet haben könnte?«
    Joe dachte darüber nach. »Nein. Ich würde das ausschließen. Ajit hat sie auf dem Weg aus ihrem Bau gesehen. Er folgte ihr mit den Augen zum nächsten Abschnitt - Claudes Hochsitz. Von dort war sie von Baum zu Baum zu sehen, bis ich sie mit einer Kugel niederstreckte.«
    »Danke, Joe. Sie waren sehr geduldig. Und überaus präzise.«
    »Sir Hector, was bezwecken Sie damit?«, fragte Joe unsicher.
    Der alte Arzt trat auf ihn zu und warf rasch einen ängstlichen Blick zum Vorhang über dem Eingang. Er schwieg kurz und lauschte, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
    »Ich glaube, wir haben es wieder mit so einem Fall zu tun, Joe«, sagte er.
Kapitel 22
    Das war das Letzte, was Joe hören wollte, und einen Augenblick lang weigerte sich sein Verstand, Sir Hectors Worte aufzunehmen. Er unterdrückte die automatischen Einwände, die sich ihm aufdrängten, setzte sich stattdessen hin und verdaute stumm die Mutmaßung des Arztes, die dieser ihm vorsichtig, zögernd und ängstlich mitgeteilt hatte. Es war keine Mutmaßung, die er so einfach von der Hand weisen konnte.
    »Sie meinen, Sie sind nicht glücklich mit den Umständen des Todes, wie sie Ihnen geschildert wurden?«, fragte Joe. »Es könnte aber nicht eindeutiger sein, oder?« Er zeigte auf die Kralle in der Schale. »Der Tiger hat ja sogar seine Visitenkarte hinterlassen.«
    »Und genau das ist das Problem«, sagte Sir Hector. »Spielen Sie diesen Gedanken mit mir durch, Joe.« Er seufzte und zupfte bekümmert an seinem Schnurrbart. »Ich bin sicher, Sie werden mich für unnötig pedantisch halten. Und schließlich, wenn man sich die Liste an Zeugen ansieht, die alles von nahem mitbekommen haben - die beiden Polizisten, der beste Tigerjäger südlich des Himalaya, der Vertreter der britischen Regierung, die Maharani, Sir Georges zuverlässiger Problembeseitiger . Tja, wer bin ich, dass ich querschieße und Ihnen erkläre, dass Sie sich alle täuschen?«
    »Was genau wollen Sie damit sagen? Kommen Sie schon! Raus damit! Was genau haben Sie entdeckt?«
    »Leider habe ich mein Mikroskop nicht dabei.« Sir Hector wühlte in seiner Arzttasche und zog ein Vergrößerungsglas heraus. »Dies hier verwende ich, um Splitter und Ähnliches zu entfernen. Es muss genügen.«
    Er beugte sich über den Tisch und examinierte die Kralle mit Hilfe des Vergrößerungsglases erneut. »Aha! Ja! Ich habe mich nicht geirrt. Hier, sehen Sie selbst, Joe.«
    Joe

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