Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
daraus Bewegungsenergie zu machen. Milli erinnerte sich an das Gespräch mit Batori über den Äther und ätherisches Sehen und die Bücher, die er extra für sie rausgesucht hatte. Sie schaltete den Computer aus und wollte gerade die Bücher holen, als ihr Handy klingelte.
„Kannst du vorbeikommen?“, fragte Ben, „ich erklär dir dann alles. Und bring die Klarsichtfolien mit.“
Milli ließ alles stehen und liegen und fuhr los.
Ben wartete schon an der Tür.
„Mann! Du bist unverschämt braun.“
Milli sah zufrieden an sich runter.
„Du nicht“, sagte sie, „warst du die ganze Zeit drin?“
„Natürlich nicht“, antwortete er leicht verdrossen. „Aber ich hab mich auch nicht in die Sonne gelegt wie eine Grillwurst. Ich hab mit meinem Cousin Englisch gequatscht und Computerspiele gespielt.“
Milli nickte. Ihr fiel auf, dass es sehr ruhig im Haus war. „Bist du allein?“, fragte sie und sah sich um.
„Die sind einkaufen gegangen.“ Ben schob sie die Treppe hinauf. „Und Kira macht in den USA ein Praktikum, die kommt erst in einem Monat zurück.“
Bens Zimmer sah unverändert chaotisch aus. Er zog einen Stapel DinA4 Blätter aus dem Regal und hielt Milli das oberste Blatt unter die Nase.
„Wie findest du das?“
Milli fielen beinah die Augen aus dem Kopf.
„Hey - Wahnsinn!“
Auf dem Blatt war ein gestochen scharfes Foto. Es zeigte einen Mann bei der Plünderung des Geldautomaten. Er hielt mit der Rechten zwei Hunderteuroscheine über den Kopf und stieß mit der Linken jemanden zur Seite. Der Mann war Pseudo, triumphierend und in voller Aktion.
Über dem Foto stand in fetten roten Buchstaben:
Der grosse Geldklau – Sparkasse - Koppelitz – 1. Mai.
Unter dem Foto stand:
Gesucht wird: Hanno Benz, geb. am 16. Mai 1977 in Magdeburg. Gelernter Elektrotechniker. Vorbestraft wegen Körperverletzung und Diebstahl. Wurde zuletzt in Koppelitz gesehen. Hinweise nimmt jede Polizeidienstelle entgegen. Vorsicht! Person neigt zu Gewalttätigkeiten.
Unten links war ein kleines Foto des Vans und daneben stand: Auto des Verdächtigen.
„Ben, das ist genial“, sagte Milli. Sie sah sich das Bild noch einmal genauer an. Es zeigte zwei weitere Personen neben dem Pseudo, ihre Gesichter waren etwas abgewendet und verschwommen. Wirklich klar erkennbar, war nur der Pseudo. Ben schaute ihr über die Schulter und grinste.
„Das musste ich so machen“, erklärte er, „damit man die anderen nicht erkennt. Ich habe sie bearbeitet.“ Er holte sich einen Stuhl, setzte sich Milli gegenüber auf die andere Seite des Schreibtisches und schaffte Platz zum Arbeiten.
„… und wo hast du die Daten von Pseudo her?“, wollte Milli wissen.
„Gehackt - teilweise gehackt. Das meiste kriegst du aber problemlos aus dem Netz.“
Milli musste an Facebook denken, an die vielen koketten Selbstportraits ihrer Mitschülerinnen - dieses ewige Hübsch- und Niedlichsein - und vermied es sich vorzustellen, was man wohl alles über sie aus dem Netz erfahren konnte. Auch wenn sie keine Fotos oder Filmchen von sich selbst mehr reinstellte, sie war ja auf allen möglichen Fotos von ihren Mitschülern drauf.
„Wir müssen jetzt alles eintüten und heute Nacht in Koppelitz verteilen“, riss Ben sie aus ihren Gedanken und verteilte Klarsichthüllen und Kopien auf dem Tisch. „Morgen ist Samstag. Alle sind aus dem Urlaub zurück und wollen noch schnell fürs Wochenende einkaufen, und überall wird Pseudos Visage hängen ...“
Perfekt! Millis Augen funkelten. Der Plan war meisterhaft. Sie drückte Ben gegenüber ihre größte Bewunderung aus und fing mit dem Eintüten an. Anna wird stolz auf uns sein, dachte sie.
Sie verabredeten sich für halb zwölf nachts. Milli besorgte im Bürobedarfsladen noch Sachen zum Kleben und fuhr dann nach Hause.
Vor der Villa Hermes parkte der dunkelblaue Volvo; sie waren wieder komplett. Nach dem Abendessen holte sich Milli Batoris Bücher über den Äther und nahm sie mit auf ihr Zimmer. Aber das Lesen ermüdete sie. Sie legte sich eine Weile schlafen und stand um elf wieder auf.
Sie war pünktlich, im Gegensatz zu Ben, der eine halbe Stunde zu spät und völlig außer Atem angerast kam. „… ging nicht eher“, meinte er, „ich kam nicht weg. Alle waren noch auf und flippten herum. Jetlag, Zeitverschiebung und so ...“
Den ersten Steckbrief klebten sie ans schwarze Brett am Hafen, den nächsten neben die Fahrpläne am Schiffsanleger. Weil im Café Siebenrock schon alles
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