Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
abgezwackt und daneben an den breiten Türrahmen geheftet. Milli streckte ihm die Zunge raus und ging rein. Ben saß am Ecktisch und unterhielt sich mit Annas Mutter.
„Das ist unerhört! Dieser Typ ist oft hergekommen. Milli, meine Liebe!“, Ilona Siebenrock stürzte sich auf Milli und umarmte sie. „Was für eine erstaunliche Hautfarbe. Wie gesund du aussiehst!“
Milli seufzte und setzte sich.
„Hast du gesehen?“, Ilona konnte sich kaum bremsen, „dieser Typ - und auch noch vorbestraft! Kennt ihr den auch?“
„Gesehen hab ich ihn schon …Koppelitz ist übrigens voll mit solchen Steckbriefen“, sagte Milli unschuldig.
„Steckbrief! Genau! Das trifft es!“ Ilona hob ihren langen gepflegten Zeigefinger. „Anna hat sich ständig über ihn beschwert. Und dieser nette junge Mann, Nouri heißt er, glaub ich, mochte ihn auch nicht. Aber was hätte ich tun können? Er hat immer bezahlt und niemanden belästig. Ich konnte ihn nicht einfach rausschmeißen.“
Milli räusperte sich und sagte zaghaft: „Ich meine - na ja, irgendwas muss er Anna doch getan haben?“
„Er hat immer freundlich getan“, antwortete Ilona leicht schuldbewusst, „und jeder weiß, dass er mit Martina Kleeberg zusammen ist. Es gibt halt Gäste, die schäkern mit allen Mädchen und Frauen, die den Service machen. Das bedeutet normalerweise gar nichts. Und Anna weiß das auch.“
„Jedenfalls hatte sie bei ihm den richtigen Instinkt“, erklärte Ben mit Unschuldsmiene, „der Typ ist ja echt mies.“
„Meine kleine Anna ...“, Ilona seufzte schwer.
„In Koppelitz kann er sich nicht mehr sehen lassen. Wenn sie morgen wiederkommt, ist er über alle Berge“, stellte Milli aufmunternd fest.
Ilona wackelte mit dem Kopf und blickte irgendwie rührselig drein. „Ich bin froh, dass ihr wieder da seid. Anna hat euch sehr vermisst“, sagte sie und lächelte. „Wollt ihr Eis? Ich habe eine neue Sorte - Honigmelone …“
Als Annas Mutter weg war, sagte Ben: „Ein Freund aus meiner alten Clique verschickt gerade noch zwanzig Steckbriefe übers Internet. An Unternehmen und kommunale Einrichtungen hier in Koppelitz.“
Milli sah ihn fragend an.
„An den Bürgermeister, das Gemeindeblatt, die Supermärkte, die Sparkasse und so weiter, aber auch an Grabbauer und Ziggedorn. Er macht das von Berlin aus.“
„Ah …“, Milli war entzückt.
Forsch betrat eine kleine Frau das Café. Sie trug Gesundheitssandalen, Jeans und einen langen Pullover. Ihre Augen irrten unruhig durch den Raum, aber sie ging unbeirrt zur Bar und verlangte nach Annas Mutter. Sie musste nicht lange warten. Ilona kam durch die Schwingtür und balancierte ein volles Tablett an den Tisch von Milli und Ben. Als sie sich umdrehte, stießen sie beinahe zusammen.
„Martina! So dynamisch heute!“
Martina griff unter ihren Pullover, zog ein zerknautschtes Blatt aus ihrer Hose und hielt es Ilona vors Gesicht. Es war der Steckbrief. Milli spitzte die Ohren.
„Da steckt doch Anna dahinter! Das kann sie nicht machen! Er ist mein Freund. Er ist gut zu meiner Kleinen … und jetzt - jetzt ist er weg!“
„Ben“, flüsterte Milli, „das ist Martina Kleeberg. Die, mit der Pseudo zusammen ist. Oder vielmehr war“, fügte sie nachdenklich hinzu.
„Scharfsinnig erkannt“, sagte Ben mit gespielter Bewunderung.
„Er ist ein guter Mann, er verdient eine zweite Chance. Warum tut mir Anna das an?“
Auf Ilonas Gesicht malte sich blankes Erstaunen.
Aber Martina? Anna ist gar nicht da. Sie ist bei ihrer Tante auf Usedom. Sie kommt erst morgen Abend zurück.“
Stille trat ein. Martina Kleeberg klappte den Mund zu.
„Jetzt musst du mir aber erklären, wie du auf die Idee kommst, dass Anna so was tun sollte?“
„Weil Hanno nichts mit ihr anfangen wollte“, sagte Martina eigensinnig.
In Ilonas Lächeln mischte sich Mitleid. „Martina, meine Liebe. Hanno war Anna viel zu alt. Ich kenne meine Tochter. Ich sehe, wenn sie jemanden gern hat. Sie mochte ihn nicht, über ihn hat sie sich nur beschwert. Sie waren wie Katz und Hund.“
„Aber wer tut so was!“ Martina wedelte mit dem Steckbrief. „Warum hab ich so viel Pech mit Männern. Warum immer ich?“
„Martina, bitte rede keinen Unsinn!“, versuchte Ilona sie zu beruhigen.
„Und Wachmeister Dammwild war auch schon bei mir zu Hause.“ Tränen rollten Martinas Wangen hinunter. „Was konnte ich schon sagen? Hanno ist weg. Ich weiß nicht, wo er ist!“
„Warum steht sie auch auf solche Typen?“,
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