Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
Riesenkrake, der seine Tentakel über den Platz legt. Eine Hälfte des Parkplatzes war gesperrt. Im anderen Teil drängten sich Autos und drei Lieferwagen – alle von ortsansässigen Handwerksbetrieben - nur der silberne Van war nicht dabei.
Sie waren enttäuscht.
Dann hörten sie einen schrillen Pfiff und kurz darauf kam Chong aus dem Halbdunkel auf sie zu. Sie erkannten ihn nicht sofort, weil er eine dunkle Mütze trug. Er klatschte beide Mädchen an den Händen ab.
Milli setzte ihren Rucksack ab.
„Und Ben?“, fragte Anna und sah sich um.
„Der muss zu Hause was machen“, antwortete Chong, während er wie ein Köter um ihr Gepäck herumschlich. „Habt ihr Feuerwerk gekriegt?“
Anna stellte sich vor Milli und stemmte beide Hände in die Hüften. „Natürlich. Coole Raketen … sogar unterschiedliche.“
Chongs betrachtete sie gespannt. „Jetzt - im Ernst?“
Anna hielt ihm die offene Tüte vor die Nase.
Er warf einen Blick hinein und dann wieder auf die Mädchen. „Wie habt ihr das denn gedreht?“ Er untersuchte sorgfältig eine von den Teufelsraketen, „und billig war’s bestimmt auch nicht.“
„Ich hatte noch Taschengeld übrig“, antwortete Milli knapp.
„Aber wie -“
„Wir haben so unsere Connections“, sagte Anna schnippisch.
Chong sagte nichts mehr und sah sie erstaunt an.
„Wo steht der Wagen?“, fragte Milli.
Chong deutete mit einer kurzen Kopfbewegung in eine Richtung, in die das Licht der Scheinwerfer nicht reichte.
„Diese Ziggedorn-Lakaien sind abgefeimte Ätzlinge“, schimpfte er und marschierte quer über den gepflasterten Dorfplatz. Die Mädchen folgten ihm. In der Luft lag ein Duft nach Flieder, der von den Büschen stammte, die bei der Kirche blühten. Und in der Nähe der Kirche sahen sie dann auch einen silberfarbenen Van, mit der Heckklappe zur Bühne, schwach beleuchtet unter einer gelben Laterne.
„Wir können jetzt nah ran“, sagte Chong, „Pseudo war allein und ist vorhin ausgestiegen. Die Kameras laufen wahrscheinlich nicht.“
„Der hat aber ein Berliner Kennzeichen“, wandte Anna ein. „Und diese komischen Aufkleber ...“
„Alles Tarnung“, antwortete Chong düster. „Ziggedorn hat mal viel Geld mit Atomkraft verdient und hasst alles, was ihm politisch nicht passt. Aber er kann das ja nicht offen kundtun, wenn er gleichzeitig verbotene Sachen macht.“
Sie traten näher an das Auto heran. Auf der Heckklappe stand in großen Lettern: Atomkraft - Nein zum Comeback! Und darunter ein Bildaufkleber mit: Nein zum Schrottreaktor Krümmel. An einer Seitentür stand: Tierversuche sind mord! Und vorn klebte ein runder Antifasticker mit roter Fahne drauf und dem Text: ANTIFASCHISTISCHE AKTION.
„Das ist nicht unser Van“, meinte Milli, „der ist viel zu schmutzig. Schaut euch die Reifen und die Stoßstange an.“
„Die Säcke sind ein paar Mal übers Feld gebrettert und haben ihn mit Sand beschmissen.“
„Aber das Nummernschild?“
Chong gab einen garstigen Laut von sich. „Ich sitze hier seit drei Stunden und beobachte. Aus dieser Karre stieg unser Pseudo in Autonomenverkleidung.“
Milli ging noch einmal ums Auto und schaute sich die Aufkleber an. „Jetzt haben sie sogar Tierschutzparolen.“
Chong winkte verächtlich ab und ging bis zur Kirche, leise vor sich hin seine Schritte zählend. „Kommt mal!“, rief er und winkte den Mädchen zu.
„Von hier“, und er zeigte auf eine Stelle vor der Kirche, „sind es ungefähr sechzig Meter bis zum Van. Wenn wir von hier schießen, kriegen wir ihn volle Breitseite.“
„Aber da vorn ist die Sparkasse“, bemerkte Anna.
Chong setzte sich auf eine Treppenstufe vor der Kirche. „Da passiert nichts. Wir richten die Waffe exakt auf den Lieferwagen.“
Anna hüstelte. Sie knöpfte ihre Jacke zu und schob den Kragen hoch, „und wie bringst du sie morgen hier her?“
„Ich schnalle sie hinten aufs Fahrrad in dem großen Glasfieberbeutel und bringe sie gegen Mittag hier her. Um eins geht der Marsch los, und vorher gibt’s noch Ansprachen. Wir sollten den Van möglichst am Anfang unschädlich machen, damit er gar nicht erst lange strahlen kann und die Demo und Abschlusskundgebung ohne Stress über die Bühne gehen.“
Millis Handy klingelte. Emma beschwerte sich, dass sie noch nicht zu Hause war.
„Bis morgen“, verabschiedete sich Anna gähnend. Ihr Gesicht war gerötet, und sie hatte verquollene, müde Augen.
Auch Milli war müde. Chong nahm sie und ihren dicken Rucksack auf
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