Club der gebrochenen Herzen
Gefummel auf dem Treppenabsatz, seine trunkene Bitte, sie dürfe ihn nicht allein lassen. Hatte er versucht, ihre Bluse zu öffnen, oder hatte sie das selbst getan? Er erinnerte sich an den Versuch eines Kusses, der Rest war glücklicherweise dem Vergessen anheimgefallen.
Kein Wunder, dass Monica seitdem kaum mit ihm gesprochen hatte. Er konnte es ihr nicht verübeln. Obwohl sie selbst angetrunken war, erinnerte sie sich wahrscheinlich an all die abscheulichen Details der Nacht. Wie dumm von ihm zu denken, sie könnte ihn ebenso attraktiv finden wie er sie. Wenn er es sich recht überlegte, hatte sie den verstorbenen Ehemann wahrscheinlich erfunden, um jegliche Avancen von seiner Seite abzuwehren. Letzte Nacht hatte er es nicht verstanden, nun aber ergab alles einen Sinn.
Er fühlte sich von ihr angezogen. Sie war eine auffallende Frau – dunkelhaarig, gertenschlank, ein interessantes Gesicht, das ihn an Dorothy Parker erinnerte. Unter dem schicken Haarschnitt spürte er jedoch, wie Selbstzweifel und Unsicherheit sie plagten. Nach den Jahren mit Penny war er bereit, sich wieder auf eine neurotische Frau einzulassen. Und sie hatte ihn zum Lachen gebracht.
Es war ein Jammer, dass er Penny nicht um Rat fragen konnte; sie hätte Aufmunterndes zu sagen und würde das Fenster seines übelriechenden Inneren aufreißen. Penny war freilich die Letzte, der er sich anvertrauen konnte.
Am nächsten Morgen war Monica nirgends zu sehen. Buffy vermisste sie beim Frühstück, und als er in die Küche ging, wo der Kurs sich versammelt hatte, war sie nicht dabei. Er war enttäuscht. Vormittags war immer noch nichts von ihr zu sehen. Er schlich sich nach oben und klopfte an ihre Tür. Keine Antwort. Doch als er in ihr Zimmer schaute, waren ihre Sachen noch da. Sie hatte also nicht zusammengepackt und war abgereist; aber wo war sie?
Monica
Arbeit war Monicas Trost. Nach dem Bruch mit Malcolm hatte sie sich in ihren Job gestürzt, immer mehr Verantwortung übernommen und Überstunden angehängt. Alles, nur um die Rückkehr in ihre leere Wohnung aufzuschieben, wo Trauer und die Angst durchzudrehen auf sie lauerten.
Jetzt stand sie an der Umgehungsstraße, der Wind peitschte ihr ins Gesicht, und telefonierte mit ihrem Assistenten Rupert.
»Irgendwas Neues?«, fragte sie.
»Nichts, was ich nicht erledigen kann«, sagte er. »Sie haben Urlaub, schon vergessen?«
»Ganz sicher?«
»Machen Sie sich keine Sorgen, ich halte die Stellung. Sie machen es sich schön, egal, wo.« Er wusste nicht einmal, dass sie sich in einen Kochkurs eingeschrieben hatte.
Monica schaltete ihr Handy ab. Und was nun? Sie stelltesich das Büro vor, die roten Plastiksessel um den Konferenztisch, den Blick auf den Leadenhall Market; sie stellte sich ihren Arbeitstisch am Fenster vor, stellte sich ihn mit solcher Sehnsucht vor, dass es ihr körperlich wehtat.
Der Verkehr donnerte an ihr vorbei. Berge von Plastiksäcken stapelten sich an den Müllcontainern; wegen der Kürzungen war das Einsammeln der Säcke bis auf Weiteres eingestellt. Sie hatte das in der Regionalzeitung gelesen und auch die Nachricht von einer antikapitalistischen Kundgebung in Cardiff. Neuerdings konnte man deutlicher spüren, wie das Rumoren der Unzufriedenheit lauter wurde und ein Gewitter aufzog. Ihre letzte Fete für Firmenbosse hatten Demonstranten unterbrochen. Acme Motivation erwog nun, in mehreren seiner Hotels die Sicherheitsvorkehrungen auszuweiten, etwas, was bei ihrer Rückkehr angepackt werden musste.
Der Konferenztisch. Die Füller und Schreibblöcke griffbereit an jedem Platz. Wasserflaschen. Die zu lösenden Probleme in ihrer einfachen Komplexität. Die Arbeit war eine leuchtende Stadt, umgeben von einem dunklen, undurchdringlichen Wald voller Schlangen.
Und was jetzt? Im Myrtle House hatten sich die anderen alle zusammengetan, sie würden in der Küche stehen und die Kochlöffel schwingen, ihre Abwesenheit wahrscheinlich nicht einmal bemerkt haben. Als wäre man wieder in der Schule und nicht ins Team gewählt. Sicherlich wussten alle die Namen voneinander, während sie sich von dieser beschämenden Geschichte mit Buffy hatte ablenken lassen. O Gott.
In dem Augenblick wendete ein verbeulter Transporter und stoppte an ihrer Seite. Ein Mann lehnte sich über den Beifahrersitz und kurbelte das Fenster runter. »Wie viel, Schätzchen?«, fragte er mit walisischer Singsangstimme.
Monica trank zu viel beim Abendessen. Es war ihr durchaus bewusst, sogar als sie sich
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