Club der gebrochenen Herzen
noch ein Glas einschenkte. Warum verdammt noch mal denn nicht? Ihre Beziehung zum Alkohol dauerte schon länger an als jede ihrer Beziehungen zu einem Mann. Es war keine Liebesaffäre oder gar eine Hassliebe; das wäre viel zu einfach. Im Grunde war es furchtbar banal – Menschen kamen und gingen, eine Flasche war immer da. Und sie mochte den Geschmack, zum Teufel noch mal!
Buffy hatte den ganzen Abend nicht mit ihr gesprochen. Er ging ihr nicht einmal aus dem Weg, er hatte sie schlicht und ergreifend nicht beachtet. Außerdem war seine Tochter Nyange aufgetaucht.
Monica hatte keine Ahnung gehabt, dass sie seine Tochter war, woher auch. Die Frau war schwarz! Stämmig, hübsch, mit herausfordernder, unwirscher Miene. Erst als Penny sie mit einem Freudenschrei umarmte, erfuhr Monica ihre Identität – sie war die Frucht von Buffys Lenden. »Er hatte was mit einer Tänzerin«, flüsterte Penny.
An dieser Stelle gab Monica schließlich auf. Buffy war ein Parkhochhaus, vollgepackt mit Fahrzeugen, und ein Schild besagte: Alles belegt . Nachdem sie den Block mehrmals umrundet hatte, musste sie ihre Niederlage eingestehen und heimfahren. Die ganze Liebessache – mit Buffy, mit irgendjemandem – kostete sie einen zu hohen emotionalen Preis; selbst ihre Internet-Dates waren nichts weiter als Fälle von plötzlichem Kindstod. Sie würde mit all dem aufhören und sich auf ihre Arbeit konzentrieren.
Am Abend gab es den Film Das Hochzeitsbankett . Als Monica sich hinsetzte, war von Buffy oder seiner Tochter nichts zu sehen. Der Wein hatte sie dösig gemacht. Nach einer Weilemerkte sie, wie ihr Kopf auf der Schulter ihrer Nachbarin ruhte. Womöglich hatte sie geschnarcht!
Monica murmelte eine Entschuldigung, stand auf und ging aus dem Zimmer, wobei sie sich am Türrahmen stieß. Ihr war schwindelig; sie musste ins Bett.
Sie betrat das Wohnzimmer, um ihre Handtasche zu holen. Buffy, Nyange, Voda und India saßen dort, vor sich auf dem Couchtisch ausgebreitet lagen Papiere. Monica entschuldigte sich und blickte suchend umher. Wo nur hatte sie das verdammte Ding gelassen?
»Wir besprechen gerade den beängstigenden Zustand meiner Finanzen«, sagte Buffy. »Nyange ist gekommen und hilft mir. Sie ist Buchhalterin.«
»Wie schön«, sagte Monica dümmlich.
»Seit Monaten schon piesackt sie mich, ich solle die Pension aufmöbeln und ein anständiges Hotel draus machen«, sagte Buffy.
»Ich piesacke dich nicht«, sagte Nyange. »Ich bin nur vernünftig.«
Monica erspähte ihre Tasche auf der Fensterbank unter einem Stapel von Zeitungen. Sie hob sie auf und drückte sie wie zum Schutz an die Brust. »Ich arbeite viel mit Hotels zusammen«, sagte sie plötzlich.
»Ah, ja?« Buffys Augenbrauen schossen in die Höhe. Jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit! Heute Abend wirkte er in seiner bordeauxroten Samtjacke wie ein alternder Croupier in einem heruntergekommenen Seebad. Er sah unglücklich aus. Monica fühlte sich mit einem Mal bärenstark.
»Möchten Sie wissen, was ich denke?«, fragte sie.
Buffy rutschte ein Stück weiter auf dem Sofa. »Nur rausmit der Sprache.« Er klopfte einladend neben sich auf das Polster.
Sie überging seine Aufforderung. Stattdessen blieb sie, ganz die Autoritätsperson, an den Kaminsims gelehnt, stehen.
»Das Haus hat eine Menge Potenzial, das völlig ungenutzt ist«, sagte sie. »Möchten Sie, dass ich ganz offen rede?«
»Ja, ja!«, sagte Buffy.
Was soll's! Bald wäre sie weg. Doch bevor sie ging, wollte sie ihm was zu denken geben.
»Warum geben die Leute ihre hart verdiente Kohle für ein Hotel aus?«, fragte sie. »Sie wollen in eine andere Welt eintauchen, wollen verwöhnt werden, sich von der Wirklichkeit abschotten. Sie erwarten heutzutage gewisse Dinge, gewisse Standards, und dieses Hotel bietet sie einfach nicht. Myrtle House hat nicht etwa schäbigen Schick, es ist bloß schäbig. Gestern habe ich mir fast den Schädel eingeschlagen, als ich über ein Loch im Teppich gestolpert bin. Und von den sanitären Anlagen will ich gar nicht reden.« Das Feuer versengte ihr fast die Waden. Monica rückte etwas vom Kamin weg und setzte sich auf die Armlehne des Sofas, wie eine Lehrerin, die zu Schulkindern spricht. »Welche Sorte von Gast ist erwünscht? Gehobene Kategorie? Ich arbeite mit den Reichen. Sie überleben immer, selbst in der tiefsten Rezession. Sie werden sogar noch reicher. Und die Menschen wollen etwas, das Geld nicht kaufen kann, etwas, das hier im höchsten Maße
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