Club der gebrochenen Herzen
Experte für üppiges Frühstück. Wie viele geschiedene Väter verstand er es, seine Kinder damit für sich zu gewinnen, wenn sie bei ihm übernachteten.
»Was ist mit der Wäsche und all solchem Kram?«, fragte Tobias.
»Es gibt ein Mädchen, die hat das für Bridie erledigt«, sagte Buffy. »Die kommt bestimmt wieder, wenn ich sie frage.«
Buffys Entschluss hatte etwas an Kraft verloren, als er der Wirklichkeit gegenüberstand. Er wollte aber unbedingt durchhalten. Eine Frühstückspension zu führen hieße, Gesellschaft zu haben und ein Einkommen. Beides war unerlässlich für seinen Lebensabend. Nyange hatte angeboten, die Buchhaltungzu machen; sie hatte Unterkünfte im Internet überprüft und entdeckt, dass die Preise in den gehobeneren Pensionen kaum geringer waren als in Hotels.
»In den gehobeneren?« Tobias runzelte die Stirn. Die drei saßen da und ließen den Blick über die nikotinverfärbte Decke, die fliegenverdreckte Neonröhre und den verblüffenden Rayburn-Riesenherd wandern. Es war ein frostiger Abend, aber sie hatten es unterlassen, ihn anzumachen. Stattdessen lief ein Heizlüfter, der kaum ihre Knöchel wärmte.
»Sie werden die Küche nicht sehen«, sagte Buffy.
»Ja, aber was ist mit dem Rest?«
Buffy musste zugeben, dass das Haus bessere Tage gesehen hatte. Von außen war es eindrucksvoll, mit Erkerfenstern und Säulenvorhalle. Das Innere allerdings war eine einzige Herausforderung.
»Nichts, was sich nicht mit einem Farbanstrich verschönern ließe«, sagte Buffy. Seine Munterkeit täuschte nicht einmal ihn selbst. Bridies Habseligkeiten waren entsorgt – ein noch trübsinnigerer Vorgang, als seinen eigenen Kram auszusondern. Ihre Möbel blieben, einige waren ihm noch aus Edgbastoner Zeit vertraut. Aber ein Haus dieser Größe in einer fremden Stadt in eigener Regie zu übernehmen kam Buffy jetzt, wo er da saß, als derart gewagt, ja geradezu unmöglich vor, dass er sich nicht vorstellen konnte, je wieder von seinem Stuhl aufzustehen.
Es war Vorfrühling, und Buffy hatte seit zwei Wochen seinen Wohnsitz hier. Während er seinen Gesundheitsspaziergang machte, bemerkte er, ohne die Bäume zu kennen, dass Kätzchen an den Zweigen hingen und Lämmer auf Pfeifenreiniger-Beinen auf der Weide herumwackelten.
Jetzt, mit siebzig, sprach er von seinem Gesundheitsspaziergang. Aufs Land zu ziehen hatte ihn eine Stufe weiter gebracht. In Blomfield Mansions schien er seit Jahren konstant sechzig geblieben zu sein, aber die neue Umgebung hatte ihm einen coup d'âge versetzt. Was er erstaunlich anregend fand. Er konnte von neuem beginnen, war niemandem verpflichtet, und der Ballast seiner Vergangenheit war abgeworfen. Die Leute nahmen die Siebzigjährigen hin. Er würde sich einen Tweed-Anzug kaufen und Gutsbesitzer werden, sexuell keine Gefahr darstellen, fröhlich mit dem Spazierstock den Vorübergehenden zuwinken und Babys das Kinn tätscheln.
Schon fühlte er sich zu Hause. Seine ersten Eindrücke trafen genau zu – Knockton war ein freundlicher Ort. Selbst die etwas träge Kassiererin im Costcutter-Markt, eine stämmige junge Frau in einer Art Kasack, nannte ihn Schatz . Anscheinend wussten alle, dass er in Bridies Haus eingezogen war. Sie war ein beliebtes Gemeindemitglied gewesen, besonders bei den Gastwirten, und das Wohlwollen schien man auf ihn zu übertragen. Dass sie ihm ihr Eigentum vermacht hatte, rief nur wenig Stirnrunzeln hervor. Buffy sollte noch herausfinden, dass seltsamere Dinge hier herum passierten – hier herum war ein weiterer Ausdruck, den er gebrauchen wollte.
Konträr zu dem, was er seinen Söhnen gesagt hatte, waren Veränderungen am Haus nicht Teil seines Plans. Als Heimwerker war er hoffnungslos. Wenn es gut genug für Bridie war, war es gut genug für ihn. Ihre Gäste hatten die Pension gemocht, wie sie war; er hatte ihre Gästebucheinträge gelesen. Dough und Jenny aus Potters Bar hatten sie als unser Lieblingsrefugium bezeichnet, ein Zufluchtsort nach dem Trubel der Großstadt . Heinz und Gudrun aus Salzburg hatten geschrieben, trotzdes unfreundlichen Wetters haben der herzliche Empfang und die großzügige Gastfreundlichkeit Myrtle House wie immer zum Highlight unserer Großbritannien-Tour gemacht .
Die Leute gaben hohe Geldsummen aus, um den schäbig-schicken Stil zu kreieren, den Bridie mühelos in ihrem Haus erreicht hatte, indem sie alles beim Alten beließ. Heutzutage war jeder darauf aus, alles umzustylen. In Buffys Jugend aber zog man einfach
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