Club der gebrochenen Herzen
dass Knockton von Hügeln umgeben war. Im Prospekt hieß es, dass seine unberührte Landschaft ideal für Wanderfreunde war und gesegnet mit einer reichen Tierwelt . Knockton selbst war ein blühender Marktflecken mit zahlreichen selbständigen Einzelhändlern; es rühmte sich verschiedener bemerkenswerter Gebäude und einer schönen Kirche aus dem fünfzehnten Jahrhundert . Buffy allerdings war kein einfacher Tourist. Sein Interesse war ausgeprägter, viel persönlicher: Könnte er hier leben? Er war eher ein Besucher einer kommerziellen Kunstausstellung als ein Besucher der National Gallery: nicht nur zum Betrachten da, er könnte sich ein Ölgemälde auch kaufen.
Samstagmorgen, und die Leute waren unterwegs. Wie tadellos sie aussahen im Sonnenschein! Grüßten einander über die Straße hinweg. Ein pickliger Jugendlicher – ein lächelnder pickliger Jugendlicher – trug die Einkäufe einer alten Dame zu ihrem Auto. Buffy entdeckte eine Metzgerei, einen Gemüseladen – und großer Gott – einen Herrenausstatter. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, dass solche Geschäfte noch existierten. Ein Junge lehnte sein Fahrrad an die Wand, statt es mit drehenden Rädern hingestreckt in einem Eingang zu lagern, wo man darüber stolpern musste. Auch keine Kampfhunde mit ihren krummen Beinen und ihrem prallen Hodensack. Hier schnüffelte ein Border Collie höflich an Fig, hieß ihn in seiner Stadt mit ihren Gerüchen willkommen und trottete weiter. Und der Briefträger pfiff.
Buffy dachte, vielleicht haben die Menschen die ganze Zeit so gelebt, und ich habe es bloß nicht gewusst. Er blieb vor einer Bäckerei stehen. Fig schlappte Wasser aus einem Napf, den man fürsorglich neben der Tür bereitgestellt hatte. Im Schaufenster klebten Ankündigungen für das The-Green-Man-Festival und das Laientheater. Wäre das hier womöglich die Gemeinde, nach der Buffy sich all die Jahre gesehnt hatte? Ein Ort, wo er seinen Platz fände? Würde eine dieser mittelalten Hippie-Frauen mit ihren Haltet Knockton grün-Einkaufstaschen die nächste Liebe in seinem Leben sein?
Nein, damit hatte er nichts mehr am Hut. Außerdem, wer wollte ihn denn schon? Er war ein Gebrauchtwagen mit zu vielen Vorbesitzerinnen, jede mit individuellen Klagen über seine Einzelteile und seine Leistung. Nein, diese Zeit war vorbei, aber noch gehörte er nicht zum alten Eisen. Bridie hatte die Stadt immerhin so gemocht, dass sie hierher gezogen war. Er wünschte sich, er könnte sich besser erinnern, was sie in ihren Briefen darüber erzählt hatte.
Buffy hatte ihr Haus noch nicht gesehen. Sein Haus. Myrtle House , Church Street. Er würde den Rechtsanwalt in einer Stunde dort treffen.
Buffys Herz pochte. Er hätte gern jemanden als moralischen Beistand bei sich. Es war zu früh, sich in dem vielversprechenden King's Head Pub zu stärken. Heute Abend: Jethro and the Dreamers . Er stellte sich fröhliche Hinterwäldler vor, die auf Banjos schrammelten. Im Geiste sah er schon seinen eigenen, getreuen Bierkrug am Balken hängen. Kein Gourmet-Tinnef hier. Auch keine Banker. Der einzige Landrover in Sicht war mit Dreck bespritzt und hatte anscheinend ein Schaf auf dem Rücksitz.
VIERTES KAPITEL
Buffy
Mehrere Monate waren vergangen. Die rechtlichen Dinge waren inzwischen geklärt, das Haus gehörte ihm. Seine Vergangenheit zusammenpacken zu müssen hatte Buffy allerdings regelrecht fertiggemacht; er hatte angenommen, es würde ihm diesmal erspart bleiben. Seit seiner letzten Scheidung war es mit seinen Lebensumständen steil bergab gegangen, jetzt konnte er es ja zugeben: Er war dicht an der Grenze zum Messie gewesen. Das war zum einen die Folge von Faulheit, zum anderen seine Abneigung, irgendetwas wegzuwerfen.
In der Vergangenheit hatte das oft genug für Spannung gesorgt. »Sachen anzuhäufen ist so anal, Liebling«, sagte Penny, seine letzte Frau. »Du bist doch kein Einwanderer oder Jude oder so was.«
Jeder Schrank und jede Schublade in seiner Wohnung quollen über vor Pappkartons und Tragetaschen; das Gästezimmer war so vollgestopft, dass sich die Tür nicht öffnen ließ.
So viele Erinnerungen waren ans Licht gekommen. Ein Schemel, farbig besprenkelt von seinen und Popsis jugendlichen Versuchen, ihr Heim zu gestalten; ein Fleischwolf seiner Mutter (wann hatte er zuletzt eine Rissole gegessen?); Brettspiele, bei denen zwangsläufig die Teile fehlten, über die sich seine Kinder gezankt hatten; ein Paar Rollschuhe, mit denen Bruno sich ruckelnd an
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