Club der gebrochenen Herzen
irgendwo ein und ersparte sich die ganze Mühe. Die Zeit konnte man angenehmer verbringen, als über Farbenpaletten zu streiten oder in jener Vorhölle namens Ikea herumzukrebsen. Außerdem hatte er gar kein Geld für Renovierungen. Eine Lektion hatte er nun wirklich gelernt: Wenn man einmal anfing, in Häusern, genau wie in Beziehungen, herumzustochern, entdeckte man garantiert irgendwo Fäulnis und musste am Ende eine erdrückende Rechnung bezahlen.
Das Haus war, so wie es war, charmant. Groß und zugig, aber charmant. Eine geräumige steingeflieste Eingangshalle, ein hübsches Oberlicht über dem Eingang. Das Esszimmer hatte originelle Deckenleisten und ein Erkerfenster, das auf die Straße ging. Im hinteren Teil öffnete sich das Wohnzimmer auf eine Veranda mit farbigem Glas. Beide Zimmer hatten massive Marmorkamine, die mit Hartfaserplatten verstellt waren. Als Buffy sie entfernte, traf ihn ein eiskalter Windstoß. Hastig drückte er sie wieder an ihren Platz. Barry, der das Entrümpeln des Hauses organisiert hatte, hatte ihm gezeigt, wie man mit dem Rayburn umging, und die Heizkörper waren jetzt zeitweilig lauwarm. Bei dem überreichen Angebot hatte Buffy sich das kleinste Schlafzimmer ausgewählt; und mit zwei voll arbeitenden Heizlüftern und einem Elektrostrahler gelang es ihm, den Mief zu vertreiben. Das Zimmer überblickte den verwilderten Garten – die Kunst des Gartens war nie Bridies forte gewesen – und den Schuppen von nebenan, wo sein Nachbar Simon Lauten reparierte. Auch er hatte Buffy das Gefühl gegeben, willkommen zu sein, und am Umzugstag war ein Teller mit veganen Cupcakes über den Zaun gereicht worden.
»Ich habe gehört, Sie waren Schauspieler«, sagte er, »leider haben wir keinen Fernseher.« Sein ergrauendes Haar hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden, ein Anblick, den Buffy normalerweise nicht gerade schätzte, doch er war bereit, es dem Burschen nicht krumm zu nehmen.
Simons Partnerin Jill kam heraus. Sie war in einen Männermantel gekuschelt und stemmte sich gegen den Wind. »Wir haben mal in London gelebt«, sagte sie. »Das hat uns genervt.« Es stellte sich heraus, dass sie den nach ihr benannten Laden Jill's Things in der High Street führte, der Kleidung im Retro-Look und Räucherstäbchen verkaufte. Buffy hatte angenommen, Räucherstäbchen und Schottische Eier wären längst Museumsstücke, aber diese Stadt schien sich in einer Zeitschleife zu befinden.
Buffy war zu seinem Bedauern für die Sechziger einfach zu früh geboren und schon mit Popsi, seiner ersten Frau, verheiratet, die gerade schwanger war, als man anfing, Drogen zu nehmen und sich die Kleider vom Leib zu reißen. Als Teenager hatte er Rollkragenpullover getragen und Juliette Greco gehört, was ihm im Nachhinein als ziemlich schüchterner Versuch einer Rebellion vorkam in einer noch düsteren und vom Krieg erschöpften Welt. Doch die Zeit nivelliert, und die einst jugendlichen Blumenkinder von Knockton sahen fast so altersschwach aus wie er selbst, gegerbt und verwittert.
Wie hielten sich die Leute auf dem Land warm? Und wastaten sie, wenn die Dunkelheit anbrach und die endlose Nacht sich abzeichnete? Um 21 Uhr ging die Stadt schlafen. Die einzigen Anzeichen von Leben waren die erleuchteten Fenster der Frittenbude und der Pubs.
Buffy sah sich schon als Stammkunden im King's Head. Barry, der Haus-Entrümpler, hatte ihn das erste Mal begleitet wie ein freundlicher Vertrauensschüler einen neuen Jungen und ihn verschiedenen Mittrinkern vorgestellt, die um das Kaminfeuer hockten.
»Hab ich Sie nicht irgendwo schon mal gesehen?«, fragte ein Bärtiger, dessen Name Buffy nicht mitbekommen hatte.
»Er war in der Glotze«, sagte Barry.
»Sie waren doch in dieser Serie mit der soundso …, sie hat damals in dieser Serie über den Tierarzt mitgespielt …«
»Wie hieß die noch mal? Der eine Typ war da drin …«
»Den kenne ich. Der hat Doktor Who gespielt.«
»Hat er nicht. Du meinst den Dingsda. Kleine Schlitzaugen.«
»Nein, den davor.«
»Wie hieß sie noch mal?«, sagte der Bärtige. »Liegt mir auf der Zunge. Große Titten. Sie war auch in der Serie mit dem Koch.«
»Fanny Cradock.«
» Nein . Die andere.«
»Wer ist noch mal der Soap-Star, der in Llandrindod Wells wohnt?«
»Ruhe, Ruhe!«, sagte Barry. »Entscheidend ist doch, wir haben eine Berühmtheit unter uns.«
Der Bärtige wandte sich an Buffy. »Wie war der Name noch mal?«
»Russell Buffery.«
Sie sahen ihn stumm
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