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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Moggach
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Reißverschluss ihrer Lederjacke hochzog. Ein Husten des Motors, und sie stob davon, eine behelmte Walküre auf ihrem Piaggio-Roller.
    Seit kurzem schien Pia tatsächlich etwas neben der Spur. Vermutlich aus Sorge wegen der drohenden Kürzungen. Die Bankkrise traf die Künste hart, und die Zukunft der Hackney Fudge Factory, wo sie arbeitete, wurde immer unsicherer. Er hatte so seine Kritikpunkte hinsichtlich dieser Einrichtung; er hielt es für recht unwahrscheinlich, dass sich die breite Öffentlichkeit hier am Ort wirklich angesprochen fühlte von den kürzlich veranstalteten Menopausen-Chats, aber er behielt seine Gedanken aus Loyalität seiner Frau gegenüber für sich. Nein, aus Furcht. In den zwölf Ehejahren hatte er gelernt, dass jegliche Kritik, wie freundlich sie auch daherkam, zu einem megärenhaften Ausbruch von Verachtung führte, und das nur, weil er ein Mann war – doch wohl derselbe Grund, weshalb sie sich von ihm angezogen fühlte. Es lohnte sich nicht, deshalb zu streiten.
    Es klingelte an der Tür. Harold erhob sich vom Bett, wo er in einen Zustand von Benommenheit versunken war, und lief nach unten.
    Eine Frau stand auf der Schwelle. »Ist Frau Cohen da?« Neben ihr am Boden war ein Pappkarton abgestellt.
    Harold erklärte, dass seine Frau nicht zu Hause sei. Auf der Straße wartete ein Auto mit laufendem Motor.
    »Es wäre das Beste, Sie nehmen sie dann«, sagte sie. »Wir sind ohnehin spät dran.« Sie trug ein Blumenkleid und eine Strickjacke; sie hatte etwas von einer Erdkundelehrerin an sich.Man sah nicht viele Frauen ihrer Sorte in Hackney. Sie blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ihnen ist doch klar, dass diese Hennen traumatisiert sind?«
    »Mein Gott.« Harold starrte auf den Karton. »Ich habe erst am Mittwoch mit ihnen gerechnet.«
    »Heute passte es besser, wo wir gerade vorbeikamen«, sagte sie. »Wir sind unterwegs zu einer Hochzeit in Sandwich.« Auf der Straße hupte das Auto. »Sie sind entwurmt und entlaust, aber vergessen Sie nicht, es sind Ex-Käfis.«
    »Was?«
    »Ex-Käfigbatterien«, sagte sie geduldig. »Kriegen Sie also keinen Schreck, wenn Sie die sehen. Die Federn sollten in ein paar Monaten wieder nachwachsen. Ich liefere auch gestrickte Schutzhüllen, supersüß. Hab einige im Auto, zehn Pfund das Stück.«
    »Wird schon gehen.«
    »Ja, aber Sie haben sie noch nicht gesehen«, sagte sie.
    Ein leises Gackern drang aus dem Karton, der sich leicht auf der Türschwelle bewegte.
    »Ich muss Sie warnen, einige von denen werden sich nie erholen, sie sind unter furchtbaren Bedingungen gehalten worden. Aber mit etwas Glück werden die Mädels schneller rumscharren, als man gucken kann.« Sie kniete sich hin und sprach zu dem Karton. »Tschüss, ihr Schätzchen.« Sie stand auf und wischte sich ihr Kleid sauber. »Wie kommt man am besten zum Blackwall-Tunnel?«
    Harold trug den Karton in den hinteren Garten. Er war überraschend schwer und strampelte in seinen Armen. Unnötig zu sagen, dass die Hennengeschichte Pias Idee war; er zog seine Hühnchen gefüllt mit Fenchel, roten Zwiebeln und Pancetta vor, sein Lieblingsrezept aus dem River-Café-Kochbuch. Der Käfig war bereit; einer der Bühnenarbeiter aus der Fudge Factory hatte ihn zusammengezimmert. Darin befand sich ein Hühnerstall mit einem Dach aus unechten Gingerbread-Ziegeln, übrig geblieben von der letztjährigen Pantomime.
    Ein Krächzen kam aus dem Karton, als er ihn auf den Boden stellte. Diese rechthaberische Vorstädterin schien zu glauben, dass sie ihm einen Gefallen tat. Was zum Teufel sollte er nun machen? Warum war Pia nicht da?
    Ein Schnabel drückte eine Kartonklappe hoch. Er erinnerte sich an die Hühnersuppe seiner Mutter, mit Knaidlach , er konnte sie sogar riechen. Alle sechs um den Tisch versammelt, und sein Vater hebt den Deckel … der Dampf, das Ausatmen. Was sagt ihr? Danke, Mutter . Seine Eltern hatten Tag und Nacht gearbeitet, um von dort weg und nach Golders Green zu kommen, und hier war er, hatte eine Volldrehung gemacht, gerade mal einen Kilometer weg von dort, wo er geboren war. Pia hatte ihn dazu gedrängt, ein Haus in Hackney zu kaufen, weil es nah an ihrer Arbeit war. Sie mochte auch die ethnische Vielfalt hier, doch die Gegend war dabei, luxussaniert zu werden – tatsächlich hatten die Vorbesitzer, die ihnen das Haus verkauft hatten, gesagt: »Ein aufstrebender Bezirk. Wir sind die einzige schwarze Familie, und wir ziehen aus.«
    Harold hievte den Karton ins Gehege und

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