Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
oder eine Klinik von innen sehen“, sagte Paula leise. Er unterbrach sie nicht, während sie sich bemühte, die Bilder zum Verblassen zu bringen.
„Luka?“
„Ja?“
„Es war bereits das dritte Mal.“ Paula quälte sich durch die Erinnerung. „Nur waren die beiden vorherigen Erlebnisse nicht so schockierend, die Eindrücke verschwommener.“
Lukas Augenbrauen verzogen sich zu einer geraden Linie. Er schwieg eine Zeit lang, dann nahmen seine Züge einen entschlossenen Ausdruck an. „Was meinst du, Engel? Wollen wir für eine Weile verschwinden? Alles hinter uns lassen und auf Weltreise gehen?“
Paula dachte nach. Es wäre schön, mit Luka allein zu sein. Zum ersten Mal. Nur ihre Liebe genießen. Die Schrecken der Vergangenheit abstreifen. Was hielt sie auf? Ihre Freunde gingen eigene Wege, Luka und sie waren für nichts und niemanden verantwortlich … außer …
„Was ist mit Cangoon?“
„Lorenzo und Rebecca werden sich zuverlässig um ihn kümmern. Und Daniel und Emily sind ja auch noch da.“
Vehement verbannte Paula die letzten gruseligen Bilder aus dem Kopf. Sie wollte das Grauen nicht mehr sehen, sich nicht erinnern. Sie wollte Luka nur zu gern glauben, dass es sich nicht um Visionen, sondern um ihre noch immer aufgewühlten Emotionen handelte. Nach einer Weile rappelte sie sich auf. „Worauf warten wir?“ Dann sackte sie wieder zurück und sah ihm ins Gesicht. „Wie reisen wir? Fliegen wir selbst oder tragen wir zur Umweltverschmutzung bei?“
Lukas Lächeln war breit. „Wir fliegen, aber mit meinem Privatjet.“
„Woher hast du eigentlich dein ganzes Geld?“ Paula hatte das längst fragen wollen. Sie hätte in seinem Gedächtnis graben können, aber Luka und sie waren sich ohne Worte einig, dass der Anstand gebot, ihre Fähigkeiten nicht über die Grenzen der Privatsphäre hinaus zu nutzen.
„Engel, ich bin 438 Jahre alt und handele seit meiner Jugend an der Börse.“
„Irre.“
„Und ich weiß mein Glück zu schätzen. Bei Weitem nicht nur das finanzielle …“
Seine Lippen berührten ihren Mund und Paula schmolz von Wogen sehnlichstem Verlangen überwältigt dahin. Es tat unendlich gut, wirkte wie Balsam auf ihre verwirrte und gepeinigte Seele. Endlich beruhigte sich ihr Nervenkostüm, doch etwas blieb.
„Ich habe Angst, Luka.“
Als Antwort nahm er sie in die Arme, wiegte sie an seiner Brust. Ihre Seele war der seinen so nah. Er musste einfach recht haben. Die Erinnerung an die folgenreichen Ereignisse der vergangenen Wochen erschwerte ihr dennoch das Atmen. Ihr Leben war von Grund auf umgekrempelt worden. Sie hatte geglaubt, eine völlig normale Frau zu sein, ein Mensch. Todkrank und das Ende vor Augen – doch dann war alles ganz anders gekommen, hatte sich letztlich als Teil eines komplexen Gebildes, als einer der vorhergesehenen Wege im wirren Plan der Götter und Göttinnen entpuppt. Kíotho, Lachesis und Atropos.
Verantwortlich für das Spinnen der Schicksalsfäden, für den Anfang und das Ende.
Sie sind Töchter des Zeus, die Schicksalsgöttinnen. Klotho spinnt den Lebensfaden, Lachesis wählt die Vorsehungen, und Atropos, die Zerstörerin, bestimmt das Ende des Lebensfadens
. Als wäre die Stimme gerade erst verklungen, hörte sie Adriels Worte, die er am Heiligen Ort gesprochen hatte. An dieser Stelle, die jeder normale Mensch als nichts anderes als eine Waldlichtung identifiziert hätte, hatten sich am Ende alle Fäden entwirrt. Alles schien so klar und geordnet – rein, verständlich, nachvollziehbar. Sie hatte erfahren, dass sie die Tochter eines Engels und einer Schattenseele war, hörte zum ersten Mal vom Schicksal ihrer leiblichen Eltern Medina und Gideon und von dem Lukas und ihrer Stammeseltern – der Vampirin Gaia und des Engels Samuel.
Einst hatten deren Seelen in unendlicher Liebe zueinandergefunden und aus ihrer Verbindung ging eine neue Spezies hervor. Obgleich Gaia ihrer bösen vampirischen Natur abgeschworen hatte, schwankten ihre Nachkommen Zeit ihrer Existenz zwischen den polarisierenden Mächten des väterlichen und mütterlichen Erbes. Sie waren weder Gut noch Böse. In Phasen, in denen das Böse in ihren Seelen überhandnehmen wollte, fiel ein Hauch Gutes darauf – umgekehrt bekam das Gute einen bösen Schatten, sodass stets die jeweils andere Kraft ihre Handlungen überschattete. Das brachte der Spezies die Bezeichnung Schattenseelen ein.
Cangoon, der Erste – Gaias neidzerfressener Bruder – verhängte nach einem barbarischen
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