Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
dann war es vorbei. Sie wirbelte herum und starrte ihm auf den Rücken.
Oh Gott! Zwischen seinen Schulterblättern ragte etwas hervor, der Griff eines Messers. Eines Dolches vielleicht. Der Gejagte lief auf einen Gebäudeeingang zu, riss erfolglos an der Tür. Er flüchtete weiter, doch auch der Eingang zur Westminster Station war verschlossen.
Ein eiskalter, böser, höllischer Hauch durchfuhr Paula. Das Gefühl erfasste sie mit einer Grausamkeit, dass sich ihre Muskeln versteiften, sich sämtliche Haare an ihrem Körper zu Berge stellten. Die Brutalität des Bösen ließ ihre Seele zu Eis erstarren, die Pein schien unmenschlich. Diesmal fixierte sie drei breite Rücken in Lederwesten. Paula hatte längst erkannt, dass sie sich in dem Szenario nicht bewegen konnte, dennoch zuckten ihre Glieder, als sie sich auf die Typen werfen wollte. Einer der Kerle brach zur Seite aus, ein weiterer preschte einige Schritte nach vorn.
Paula suchte den Verfolgten. Er stand regungslos mit dem Rücken zu einer Glasfront, versuchte offenbar, die Aussichtslosigkeit seiner Lage zu begreifen. Jäh spurtete er los, doch er wählte die falsche Richtung. Paula musste sich korrigieren – keine wäre richtig gewesen. Hinter sich das Gebäude hatten die Bestien ihn eingekreist. Welche Wahl er auch traf, er lief einem von ihnen in die Arme. Das widerwärtige Gejohle brannte sich in ihr Innerstes.
Dann plötzlich stach Stille hervor. Kein Laut durchbrach den Horror. Das schon vorher fehlende geschäftige Brummen von Verkehr, das nicht vorhandene Gemurmel Hunderter Unterhaltungen steigerte sich zur Unerträglichkeit. Nur der sich überschlagende, kollabierende Atem des Mannes. Er kam nicht mehr dazu, einen letzten Schrei auszustoßen.
Einer der Verfolger hieb ihm die Metallstange gegen die Brust. Das Geräusch brechender Knochen jagtePaula infernalischen Schmerz durch die Seele. Der nächste Typ sprang in einem riesigen Satz heran und grub dem Sterbenden sein raubtierartiges Gebiss in den Hals, der dritte schnappte nach den Beinen. Paula schrie. Sie kreischte so laut, dass ihr Kopf dröhnte, ihr Trommelfell zu platzen drohte. Verschwommen spürte sie, wie Luka sie an den Schultern fasste und schüttelte. Sie schrie und brachte es nicht fertig, aufzuhören. Wehrte sich gegen die Arme, die sie stählern umschlungen hielten.
Der Asphalt färbte sich dunkel. Blut. Überall Blut. Und die Typen lechzten danach. Sie rissen Fleischstücke aus dem Mann, dessen Glieder noch vereinzelt zuckten. Sie fraßen, bewarfen sich gegenseitig mit …
Schwärze tat sich um Paula auf und verschlang sie in ihrer Tiefe.
Unendlich langsam erhellte sich ein ferner Horizont. Weiche Haut streichelte ihre Wange, seidige Haare streiften ihre Stirn.
„Engel!“
Lukas Stimme holte sie in die Realität. Paula erfasste, dass sie auf feuchtem Waldboden lag. Das Mondlicht stach ihr in die Augen, sie kniff die Lider zusammen. Sie erinnerte sich an alles. Jedes Bild zeichnete sich wie eingraviert ab, die Grausamkeit der Eindrücke löste eine Tränenflut aus. Sie rannen ihr Gesicht hinab, tropften auf das Laub. Paula bewegte den Mund und versuchte, Worte zu formen.
„Was ist passiert, Paula?“
Wie ein Dammbruch schoss es aus ihr hinaus. Sie hörte sich nicht selbst erzählen, sie griff Lukas Hand und in ihrem Kopf spulte sich das Grauen erneut ab. Seine Finger zuckten, aber er drückte weiter ihre Hand, gab ihr seine Kraft. Paula wusste nicht, warum er erst jetzt sehen und fühlen konnte, was sie erlebt hatte, wieso er nicht währenddessen fähig gewesen war, es mitzuerleben. Sie hatte geglaubt, dass seine Eigenschaft, sich in den Gedanken und Gefühlen anderer Wesen bewegen zu können, ihn dazu in die Lage versetzte, doch sie las in ihm, dass das nicht der Fall war. Er war auf eine Blockade gestoßen, die ihm nichts als Schwärze offenbart hatte.
„War das eine Vision?“ Ihre Zunge schien am Gaumen zu kleben.
„Ich weiß nicht, Engel. Ich glaube nicht. Es waren deine überspannten Nerven.“ Luka streichelte ihr Haar. „Die Erlebnisse der vergangenen Wochen hätten einen Dinosaurier aus den Socken gehauen. Ich denke, dein Geist beginnt, das Geschehen zu verarbeiten und setzt es in Albträume um.“
Sie schüttelte den Kopf. „Wachträume? Ich weiß nicht …“
„Möchtest du, dass ich dich zu einem Arzt begleite, zu einem Psychiater vielleicht?“ Tiefe Besorgnis sprach aus Lukas Blick.
„Um Himmels willen, bloß nicht. Nie wieder will ich eine Praxis
Weitere Kostenlose Bücher