Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
Verhaltensweise würde für Getratsche unter den Arbeitern sorgen. Das bedeutete, dass er die Aufträge der Handwerker aufheben und andere Firmen beauftragen musste.
Dreck!
Bedeutungslos. Alles völlig ohne Belang.
Warum machte er sich Hoffnung, dass die Attacken vorübergingen? Dass er sein Leben neu planen, ein neues Glück in Angriff nehmen könnte? Weshalb weigerte er sich, seine Verurteilung zur Verdammnis anzuerkennen? Dass der Fluch für ihn nach wie vor ungebrochen war?
Am Heiligen Ort sackte er inmitten der Lichtung auf den Boden. Er grub das Gesicht in Erde, Gräser und Laub, sog – wie ein Verdurstender das ersehnte Wasser – unablässig Energie in Körper und Geist. Nach einer Weile legte er sich auf den Rücken. Hier, wo die Seelenhüter für seine Spezies ihre kostbaren Schätzezeigten, wo die verharrenden Seelen ihren Glanz vom Jenseits ins Diesseits sandten, fand er Kraft und Frieden. Und sei es nur für kurze Zeit, denn ewig ließe sich die Realität nicht verdrängen. Die Abstände, in denen er nur noch am Heiligen Ort Kraft für seine menschliche Gestalt tanken konnte, um gegen den Schmerz anzukommen, verringerten sich immer mehr. Bald würde wahrscheinlich auch die Macht der Sterne nicht mehr helfen.
Sein Blick glitt über das Glitzern und Funkeln der Seelen. Menschen hätten weder einen Friedhof auf der Lichtung gesehen noch wären sie auf den Gedanken gekommen, dass die Pflanzen, ja, selbst das Laub am Boden einen vom Universum bestimmten höheren Sinn erfüllten. Sie waren die Hüter der Seelen, deren Quelle, deren Ziel. Von hier starteten sie ins Leben, hierher kehrten sie zurück. Einige verblassten schnell und gingen in ein neues Dasein über, andere wiederum warteten, dass die hinterbliebenen Seelen ihrer Angehörigen und Freunde sie losließen, dass sich deren Kummer und Leid milderten. Irgendwann wurde jede Seele wiedergeboren. Würde auch seine den Weg finden, wenn niemand seine Asche am Heiligen Ort verstreute? Würden seinem Geist im Jenseits Ruhe und Erfüllung gewährt werden? Manche Seelen, die sich in untrennbarer Liebe im Leben gefunden hatten, vereinten sich. Wie die von Samuel und Gaia. Es gab auch welche, die zerfielen, sich teilten, weil zu viele unversöhnliche Gegensätze in ihr aufeinanderprallten, als dass ein Zusammenhalt möglich wäre. Ein unendlicher Kreislauf, ein Zusammenfinden und Trennen, ein ewiges Kommen und Gehen. Doch manches währte für die Ewigkeit. Und nicht erst im Jenseits konnten sich Seelen vereinen. Die wahre Liebe schenkte die Verbundenheit, nach der auch Daniel sich verzehrte. Luka und Paula hatten sie gefunden. In den 563 Jahren seines Daseins hatte Daniel massenhaft Existenzen angenommen, Beziehungen und Ehen geführt. Aber seiner fehlenden Seelenhälfte war er nicht begegnet. Seine Gedanken überflogen die vergangenen zehn Dekaden.
Ende des 19. Jahrhunderts war er als Inspektor zu Scotland Yard gegangen. Er sah Polizisten als junge Bluthunde kommen und als gewiefte Füchse in Pension gehen, während er sich fortwährend neue Identitäten zulegte und seiner Arbeit in wechselnden Positionen nachging. Jahrelang war er sogar Leiter des Metropolitan Police Service gewesen. In den letzten Jahren seiner Tätigkeit arbeitete er als Profiler und trug mit seiner Begabung, von der nicht einmal engste Freunde der Parawelt wussten, zur Aufklärung besonders perfider Verbrechen, meistens von Serientätern, bei. Er hatte Kollektivgefühle, das zusammengeballte Gute aller denkenden Spezies, in ihrem Streben nach Frieden und Glück spüren können. Wo immer das Böse zunahm, verdichteten sich die Gefühle zu einer dunklen Wolke inmitten des Guten und führten ihn über das Umfeld untrüglich zur Quelle. So war es ihm gelungen, viele Delikte zu klären und wahrscheinlich noch mehr grauenhafte Taten zu verhindern. Nur in einem Fall war er gescheitert. In seinem letzten.
Seine Kombinationsgabe und Intuition hatten ihn einen Straftäter aufspüren lassen, der in Großbritannien in zehn Jahren zahlreiche Frauenmorde begangen hatte. Als ihm eine Frau in London zum Opfer fiel, hatte die Wolke des Bösen Daniel zu ihm geführt und der Mann war verhaftet worden. Der Fall schien abgeschlossen. Doch dann gab es einen neuerlichen Mord nach demselben Schema. Man vermutete einen Trittbrettfahrer, eine einmalige Nachahmungstat. Daniel glaubte nicht daran. Er konzentrierte seine Sinne und fand im Dunstkreis der Ausstrahlung des inhaftierten Serienkillers eine
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