Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
Sein Geruch zog sie hinter ihm her, und da er sich im Gegensatz zu ihr an den Straßenverlauf halten musste, bekam sie ihn auch immer wieder zu Gesicht. Er war auf dem Weg zu diesem Weib.
Emily ließ sich auf einer Stromleitung nieder. In ihrer Nähe saßen ein paar andere Vögel, die wütend kreischten und einen halben Meter zur Seite sprangen. Sie ignorierte sie und versank im Anblick seines traumhaften Körpers, dem Spiel seiner Muskeln, welches selbst unter der Lederjacke hervorstach. Wie lässig er das Motorrad aufbockte, abstieg. In einer fließenden Bewegung, die seine Attraktivität ins Uferlose steigerte. Er griff nach einem zweiten Helm, löste ihn aus der Befestigung. Wie wunderbar es wäre, wenn er für sie bestimmt wäre. Mit ihr hatte er nie einen Ausflug auf der Maschine gemacht. Die Eifersucht kochte und brodelte. Emily stieß ein raues Krächzen aus.
Die Haustür öffnete sich und Holly trat auf den Gehweg. Daniel stand einen Schritt von ihr entfernt, den Kopf leicht geneigt, um ihr in die Augen zu schauen. Verdammt, die beiden sagten nicht einmal etwas. Sie starrten sich an, als genügten allein ihre Blicke, sich zu begrüßen, sich alles zu erzählen, ihre Gedanken und Gefühle auszutauschen.
Wie bei Paula und Luka. Sollte ihr das zu denken geben?
Wäre es nicht besser, sich in ihrem Schmerz zu vergraben und die beiden in Ruhe zu lassen? Nein! Never! Das konnte sie nicht. Daniel war ein Teil ihrer Seele. Sie brachte es nicht fertig, ihn gehen zu lassen. Sie brauchte ihn wie ein Mensch die Luft zum Atmen, wie ein Vampir das Blut zum Überleben.
Jetzt streckte Daniel die Hand aus, griff nach Hollys Fingern. Noch immer fiel kein Ton, und als er sie berührte, spürte sie Hollys Zusammenzucken bis in die Spitzen ihrer Federn. Ihre Befiederung plusterte sich auf. Es tat so unendlich weh.
Flieg weg. Tu dir das nicht an. Geh fort und fang ein neues Leben an, vergiss ihn
.
Die Worte verklangen in ihrem Schädel. Sie wollte sie nie wieder hören.
Emily verfolgte das Motorrad bis zum Parkplatz eines Nobelrestaurants. Von ihrer Position auf einem Mäuerchen starrte sie durch die Sprossenfenster in das schwach beleuchtete Innere, sah im Flackern des Kerzenlichts, wie sich die Fingerspitzen der beiden berührten, das Leuchten, das über die verträumten Gesichter zog. Das zarte Streicheln, als Daniel über Hollys Arm fuhr, selbst das Kribbeln, das über die Haut des Weibes lief, vermeinte sie, wahrzunehmen.
Später beschattete sie das traumselige Paar bei einem Spaziergang an der Themse. Sie schlenderten gemütlich nebeneinander her. Immer öfter trafen sich ihre Hände und irgendwann umschlangen sie sich, hielten sich in Form eines Herzens. Wenige Schritte später blieben sie stehen. Das Mondlicht schien auf sie herab, als hätte der Mann im Mond nicht besseres zu tun, als punktgenau diese Stelle zu beleuchten. Minutenlang starrten sie einander an. Dann bewegten sich ihre Köpfe aufeinander zu.
Der Schmerz, der Emily durchschoss, als sich ihre Lippen fanden, verteilte gnadenlos und unmenschlich Peitschenhiebe in ihrem Innersten. Es war die Hölle. Es waren sämtliche Höllen des Universums. Die Süße, die Zärtlichkeit, die Verlorenheit im Taumel der Glückseligkeit schüttelte ihr Gefieder, schleuderte sie von einem Fegefeuer ins nächste, in ein Inferno bitterster Enttäuschung und Verzweiflung. Der Gram ließ ihre Federn grau werden, sie merkte es erst, als Daniel und Holly längst fort waren. Eine klaffende Leere zog sich durch ihr Innerstes, den Platz, an dem sich ihr Herz befand, das, auch wenn es nicht mehr schlug, die Heimat ihrer Gefühle war. Ein Eisklumpen bildete sich und füllte den Raum zum Bersten aus.
Sie würde diese Frau … töten!
Holly schwebte. Ihre Haare flatterten unter dem Helm, sie hatte die Hochsteckfrisur lösen müssen, damit sieihn aufsetzen konnte. Daniels bewundernder Blick gewann an Weichheit und Zärtlichkeit, als die Mähne über ihre Schultern floss.
Sie schmiegte den Kopf an seinen breiten Rücken. Das Visier des Schutzhelms minderte nicht den Duft, den sie begehrlich aufsog. Leder. Ein hervorragendes Aftershave. Daniel. Sein Geruch prickelte wie Sektperlen auf der Zunge. Er kribbelte in der Nase, rief unstillbare Sehnsucht nach Nähe und Berührung hervor. Sie wollte nackte Haut spüren, riechen, schmecken.
Ein Straßenschild flog an ihr vorüber, sie erfasste, dass sie nicht Richtung Canvey Island unterwegs waren. Wohin fuhren sie? Holly klammerte sich
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