Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
„Ich bin kein Geist, Daniel. Bitte. Dreh dich um. Fass mich an. Überzeuge dich.“
Seine Stimme donnerte durch den Raum. „Geh weg. Ich will dich weder sehen noch spüren noch hören. Ba’al, vernichte diesen Geist.“
Emily streckte die Hände aus. Sie fasste Daniel an den Schultern und rüttelte ihn. „Daniel. So wach doch auf. Ich bin hier. Und ich muss dir etwas Wichtiges sagen.“
Er wand sich unter ihren Händen weg. „Ba’al, erscheine. Mach den letzten Schritt in unsere Dimension. Werde eins mit mir. Nimm meine Seele und lass uns beenden, was wir begonnen haben. Ich gehöre dir.“
„Oh nein!“ Emilys Wut explodierte. „Nein, Daniel, nein! Du wirst sofort mit dem Unsinn aufhören. Stoppe es. Sofort! Ehe es zu spät ist!“ Sie rüttelte wieder an seinen Schultern. „Holly lebt, hörst du?“ Sie trommelte mit den Fäusten auf seine Brust. „Daniel. Holly lebt. Sie wurde nicht am U-Bahnhof auf die Schienen geschubst. Du bist einer Illusion von Cangoon erlegen. Holly lebt. Sie lebt, verdammt noch mal. Sie lebt … sie lebt … sie lebt …“ Sie fiel auf die Knie, fasste im Heruntersacken nach Daniels Händen. Ihr Kopf sank gegen seine Hüften. Tränen raubten ihr den Blick, schnürten ihre Kehle zu. „Holly lebt. Sie braucht deine Hilfe.“
Daniel reagierte, indem er ihr einen groben Stoß versetzte. Emily flog nach hinten und landete unsanft auf dem Holzfußboden. Sie rappelte sich wieder auf. Der Gestank der Hölle steigerte sich zur Unerträglichkeit. In einem Impuls griff sich nach dem Amulett an ihrem Hals, zerrte es unter der Kleidung hervor und riss es von der Kette. Sie schleuderte es nach Ba’al, dessen Konturen nun fast scharf erschienen.
Bitte, bitte liebe Göttinnen, lasst mich treffen
.
Ein widerlich schmatzendes Geräusch zeugte von dem Aufprall des Amulettes am Leib der Kreatur. Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte Emily, wie sich ein blaues Leuchten um das Wesen ausbreitete. Es flackerte und erlosch. Nichts war passiert.
Emily zitterte vor Schaudern. Es war hoffnungslos. Sie würde es nicht schaffen, Daniel zur Vernunft zu bringen. Ein letztes Mal flackerte es. Halt. Emily kniff die Augen zusammen. Waren die Konturen des Dämons unschärfer geworden? Sie blinzelte, vergewisserte sich. Ja, so war es. Sie hatte ihn zurückgeworfen, wenn auch vielleicht nicht weit. Wie lange würde er brauchen, um wieder den Stand zu erreichen wie zuvor? Oder um komplett das Tor zu durchschreiten?
Nicht lange nachdenken, handele!
Emily sprang auf. Daniel kauerte nur wenige Schritte entfernt auf dem Boden. Er murmelte unentwegt unverständlicheWorte aus einer fremden Sprache. Dazwischen stieß er Verwünschungen gegen sie aus.
„Daniel.“ Emily legte alle Sanftheit und Liebe in ihre Stimme. „Daniel. Bitte gib mir eine Chance. Gib dir selbst eine Chance. Lies meine Gedanken. Lies in mir, dass ich die Wahrheit sage. Holly lebt. Und sie braucht dich. Jetzt!“
Ein trüber Blick aus glasigen Augen traf sie. Sie spürte die Bewegung in ihrem Rücken, hörte den Luftzug, als etwas auf sie zuschoss. Emily ließ sich auf den Boden fallen. Der klobige Körper eines Dämons flog über sie hinweg. Sie rollte zur Seite, suchte Deckung hinter einem Sessel. Schon sah sie den Schatten auf sich zuspringen, da zuckte ein blauer Blitz durch den Raum. Maisie.
Der Dämon löste sich in Schleim auf. Emily machte sich noch flacher am Boden und robbte auf Daniel zu. Im Augenwinkel sah sie weitere Blitze durch den Raum schießen. Sie atmete schon eine Weile nicht mehr, doch allein der Geruch, den ihr Verstand ihr vorgaukelte, ließ sie würgen. Daniel blickte sie an. Sein Ausdruck war verständnislos, als begriffe er nicht, was hier geschah. War er völlig abgedreht? Hatte sich sein Geist in den Irrsinn verabschiedet?
„Ich liebe dich, Daniel.“ Emily war bei ihm angelangt. Sie streckte eine Hand nach ihm aus, doch ihre Finger zitterten so sehr, dass sie in der Bewegung innehalten musste. „Ich liebe dich. Mehr als alles andere auf der Welt. Mehr als mein Leben. Und deshalb beknie ich dich, Daniel. Wach auf. Hör mit der Dämonenbeschwörung auf. Hör mir zu.“
Zuckten seine Augenlider? Nahm er wahr, was sie ihm sagte?
„Daniel. Holly lebt. Sie braucht deine Hilfe.“
Daniels Augenfarbe veränderte sich. Ein Schatten legte sich auf seine Züge. Er sah plötzlich uralt aus. Nicht vom Körper, aber in seinen Augen lagen so viel Leid und Trauer, so unendlicher Schmerz, dass es Emily das Herz brach.
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