Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
sodass Cangoon erst in diesem Moment erfasste, dass seine Füße nicht einmal den Boden berührten.
Napoleon sprang auf ihn zu. Cangoon zog die Beine an und kreuzte schützend die Arme vor der Brust, doch der befürchtete Hieb traf nicht ein. Dafür schlug ihm bösartiger Zorn aus einer verzerrten Fratze entgegen. Der Gestaltwandler hatte zur Hälfte die Form eines gewaltigen Löwenmännchens eingenommen und aus dem Maul, das aus dem noch teilweise menschlichen Gesicht stach, tropfte schleimiger Speichel.
„Ba’al braucht unsere Unterstützung, damit sich das Tor nicht schließt und er zurückkehren muss. Und er will die Seele, die sich ihm versprochen und dann im letzten Augenblick wieder entzogen hat.“
Cangoon erfasste sadistische Bösartigkeit in Napoleons Blick.
„Und du“, er stach mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf Cangoons Brust, „wirst uns helfen. Du wirst dafür sorgen, dass das Werk vollendet wird, das durch dich ins Rollen gekommen ist. Du wirst …“
Cangoon musste sich zwingen, aus seinem halb betäubten Zustand aufzutauchen. Er musste zuhören, was Napoleon ihm abverlangte, musste einen Weg finden, wie dessen Erwartungen zu erfüllen waren. Er wagte nicht, sich vorzustellen, was mit ihm passieren würde, wenn es misslänge.
„… damit die Sonnenstürme nicht nachlassen und wir in den darauffolgenden Wirren ungehindert unser täglich Brot auf dem Gabentisch finden.“ Napoleon brach in ein irres Gelächter aus.
Hätte der abtrünnige Gestaltwandler ihm das Ganze in Ruhe auseinandergesetzt, ihn gebeten, seine Fähigkeiten einzusetzen, um die Sache fortzusetzen, Cangoon hätte sich nicht erst überreden lassen müssen. Unter Zwang zu arbeiten und von der stetigen Angst um sein Leben begleitet, war jedoch etwas völlig anderes. Schade. Er hätte sich Napoleon als Freund gewünscht – aber als Feind gefiel er ihm auch nicht schlecht. Irgendein Geheimnis verbarg sich in den Tiefen Napoleons schwarzer Seele und nichts würde ihn abhalten, die Leichen aus dem Keller zu graben.
Der Wind frischte so unerwartet und heftig auf, dass Paula die Arme um den Oberkörper schlang, um ihre flatternde Kleidung im Griff zu halten. Fast schien es, als spürte sie einen eisigen Hauch, doch es war klar, dass dieser nur ihrer Einbildung entstammte. Es war Sommer, das Wetter warm und klar, da konnte kaum ein solches Frösteln entstehen, selbst wenn sie fähig gewesen wäre, Hitze und Kälte zu unterscheiden. Allein ihre Gefühlswelt versetzte sie in die Lage, sie erschaudern zu lassen.
Paula strich mit dem Handrücken über ihre feuchten Wimpern und lehnte sich an Lukas Brust. Sie fühlte sich schwach, ausgelaugt. Nahezu blutleer, obwohl es nur ein einziger Schluck gewesen war, den sie Holly eingeflößt hatte. Sie war dem leisen Flüstern in ihrem Kopf gefolgt, das ihr gesagt hatte, was sie tun sollte. Wenn es wirklich Adriel war, dessen Stimme sie zu hören geglaubt hatte, dann dürfte doch nichts verkehrt laufen. Oder bildete sie sich nur etwas ein? Hatte sie alles falsch gemacht?
Du bist die Liebesseele
…
Sie klammerte sich an Lukas Arme, die er von hinten um ihren Oberkörper geschlungen hatte. Ihre Knie schienen weich wie Pudding.
Holly hatte sich noch nicht gerührt. Nur das leichte Zucken ihrer Hand hatte Paula nach Hollys letztemHerzschlag Hoffnung gegeben – doch Daniel starrte nach wie vor wie paralysiert auf den leblos daliegenden Körper der Ärztin.
Geiste soll man nichts verzeihen
,
dem Herzen alles, denn das Herz ist blind. 3
Ein erschreckter Aufschrei erklang, Paula richtete den Blick ruckartig nach oben. Nicht ihr selbst war der heisere Ton entsprungen, obwohl sie bei den Worten, die wie von einem Geist in ihrem Kopf erklangen, zusammengezuckt war. Wer hatte den Schrei ausgestoßen? Ihr gehetzter Blick erfasste die Gestaltwandler am Rande der Lichtung. Eine Windböe fegte über die Schneise, ließ Luka für einen Moment straucheln, doch er hielt Paula in sicherem Griff.
Vince deutete plötzlich mit ausgestrecktem Arm auf den Horizont. Paula verfolgte die Richtung, aber sie erkannte nichts. Die Gebärden der drei Studenten nahmen an Hektik zu.
Luka, stieß sie in Gedanken aus, doch er war bereits aufmerksam geworden. Er löste den Blick von seinem am Boden kauernden Freund, fasste ihre Ellbogen und schob sie vor sich her zu den anderen. Es ging ein paar Schritte bergauf, die Paula vorkamen, als erklömme sie den Mount Everest. Dann standen sie endlich nebeneinander bei
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