Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
den Göttinnen vorherbestimmten Wege. Doch wie sah der ihre aus? War auch dieser Pakt ein Teil der Planung, die das Schicksal lange vorhersah? Oder konnte man sich gegen die vorherbestimmten Pfade wehren, wie Luka und Daniel so häufig behauptet hatten? Doch was, wenn sie es nun versuchte? Es hatte alles keinen Sinn. Emily senkte die Lider, ihr Blick streifte über ihren Arm, der schlaff auf ihrer Brust lag. Die Haut schimmerte grau, wie bei einem vampirischen Sonnenbrand. Aber sie wusste es besser – sie starb. Mit jedem Atemzug spürte sie, wie das Leben aus ihr wich, wie sie es aushauchte. Sie wusste, warum sie keine Energie mehr hatte und auch, wieso sie zuletzt nicht mehr in der Lage gewesen war, ihr Aussehen zu verändern. Warum ihr Federkleid und ihre Haare grau geworden waren. Die unerfüllte Liebe hatte ihr die Lebenskraft entzogen, Stück für Stück und unaufhaltsam. War dies wirklich der Wille des Schicksals? Sie hatte bereits ein unerfülltes Leben als Mensch geführt; ihr kurzes Gastspiel als Vampirin hatte ihr nicht mehr Glück gebracht, ganz im Gegenteil. War das Menschsein noch erträglich gewesen und wenigstens von extremen Höhen und Tiefen verschont, so glichen die vergangenen Wochen ihres Dasein einer höllischen Achterbahnfahrt.
Sie schloss die Augen.
„Bist du bereit?“
Emily wusste nicht, welche der Göttinnen zu ihr sprach und es war auch egal. Alles war egal.
Nicht einmal ein letzter Seufzer entwich ihren Lippen, als sie sich ihrer Vorhersehung ergab und ihren Teil des Paktes bezahlte.
Cangoon war keineswegs nach Lachen zumute, doch beinahe ungewollt stahl sich ein breites Grinsen in sein Gesicht, als er an der Seite von Ziou und ihrem Retter in einem verlassenen Straßenzug am Stadtrand von London aus der Kanalisation kletterte. Sie hatten es geschafft, den verdammten Schattenseelen zu entkommen und gerade über diesen Gedanken musste er lachen. Die „Verdammten“. Ja, sie würden ihrem Schicksal nicht entkommen – auch wenn dieses Mal wieder nicht das von ihm gewünschte Ergebnis erreicht worden war. Aber aller guten Dinge waren drei, nicht wahr?
Erst am Zielpunkt ihrer Flucht waren Ziou und er in der Höhle auf den Gestaltwandler und zwei seinerBegleiter getroffen, und sie waren gerade in Verhandlungen begriffen gewesen, als Luka und Paula hereinstürmten. Napoleon, wie sich der Typ nannte, war einer der Organisatoren der „All you can eat Party“, die in den vergangenen Tagen von der Unterwelt in Londons Innenstadt genüsslich zelebriert worden war. Um dem immer enger werdenden Kreis von Polizei und Militär zu entgehen, war Napoleon auf der Suche nach einem geeigneten Versteck gewesen, in das er sich mit anderen in letzter Sekunde zurückziehen wollte. Das hatte Ziou mitbekommen und sie gemeinsam dorthin geführt. Auf der Flucht durch die Kanalisation schlossen sich weitere Parawesen ihrer Gruppe an, und als der Letzte aus dem Schacht stieg, zählte Cangoon rund fünfzig Gestalten, die sich unter seinem Blick aus der Dunkelheit schälten. Leider entdeckte er keinen weiteren aus der kleinen Gruppe seines Gefolges – offenbar hatten sie es nicht geschafft, waren möglicherweise bei Kämpfen ums Leben gekommen. Er war auf sich allein gestellt.
In der Ferne peitschten noch vereinzelte Schüsse, Rauch hing beißend in der Luft und der orangerote Schein eines gewaltigen Feuers loderte über der schwarzen Silhouette der Stadt.
Napoleon erwies sich als der geborene Führer. Das ging Cangoon gegen den Strich, doch für den Augenblick beschloss er, sich unterzuordnen. Die Menge schwieg augenblicklich, als der Gestaltwandler sich auf einen Zaun schwang und ein leises Räuspern von sich gab. Die Gestalten rückten näher zusammen, bildeten eine dichte Traube und warteten mit kollektiv angehaltenem Atem, was ihr Anführer von sich geben würde.
„Liebe Freunde“, setzte dieser an und machte eine theatralische Handbewegung zur Untermalung seiner Position. „Wir alle haben gemeinsam viel Spaß gehabt, auch wenn ich bedauerlicherweise nicht alle Gesichter wiedersehe, denen ich zu Beginn begegnet bin. Dafür haben wir den einen oder anderen Zuwachs bekommen.“ Er nickte in Cangoons und Zious Richtung und mindestens zwei Dutzend Köpfe drehten sich neugierig zu ihnen um.
„Darf ich euch Cangoon vorstellen?“
Jetzt war er doch überrascht. Er hatte sich in der Höhle nicht vorgestellt und lediglich um Schutz gebeten. Das war so üblich, wenn solche Events stattfanden und
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