Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
aufstellen, den wir dann in einem zweiten Gespräch morgen gemeinsam durchgehen sollten.“
Ja Gott, Problem. Wenn das so einfach wäre. Aber Herr Rosenblatt schien auf eine ehrliche Antwort zu warten. Überhaupt machte er einen sehr aufrichtigen Eindruck und ich spürte eine große Lust, mich in seinem bequemen Sessel nach hinten zu lehnen und ihm mein Herz auszuschütten. Ob das das Gefühl war, wenn man in Therapie war?
„ Ach, das kann ich jetzt so auf die Schnelle gar nicht sagen. Ich fühle mich einfach hohl, leer, freue mich an nichts mehr. Und da gibt es eine Frau, Moni, mit der ich schon seit Jahren befreundet bin, und sie hat gar kein Interesse an mir, aber irgendwie komme ich nicht von ihr los.“
„ Verstehe.“ Herr Rosenblatt nickte. „Sie kommen nicht so recht von der Stelle, weil Sie alten Träumen hinterherhängen. Während das Leben weitergeht, fragen Sie sich, wo Ihr Platz bei alledem ist. Vielleicht sollten wir versuchen, Sie von Moni zu befreien?“
Das gab’s doch wohl nicht. Da reiste ich um die halbe Welt mit meinem Unglück, ging allen auf die Nerven mit meiner Melancholie, und dann traf ich da einen Arzt, der es fertigbrachte, in fünf Minuten mein Problem zu isolieren und mir zu erklären, was ich zur Heilung brauchte. Ich musste mich nur von Moni befreien. Ich starrte Herrn Rosenblatt voller Bewunderung an. Hieß das, es gab auch andere Wege, mir zu helfen? Ich müsste mich gar nicht beiseite schaffen? Aber dann würde ich ja doch irgendwann wieder nach Hause fahren müssen. Und das wollte ich eigentlich nicht.
„ Aber so einfach ist das ja nicht.“
„ Nein, natürlich nicht. Deswegen sind Sie ja hier. Wir werden Ihnen schon helfen. Erst einmal nehmen Sie sich Zeit, lassen Sie sich einfach fallen, und morgen treffen wir uns wieder und bereden, wie es weitergeht. Sagen wir morgen um 11 Uhr. Einverstanden?“
„ Oh ja, das hört sich gut an. So machen wir‘s.“
Beschwingt stand ich auf und gab meinem Arzt zum Abschied die Hand.
Rana hatte wirklich in der Lobby auf mich gewartet und anscheinend ein angeregtes Gespräch mit Henry geführt. Wahrscheinlich hatte sie auch ihre Rechnung beglichen. Allerdings war es nicht Henry, der sich gerade bedankte, sondern Rana hielt seine Hand fest und sagte mehrmals hintereinander: „Vielen Dank.“
Gemeinsam begaben wir uns in den Speiseraum.
Kapitel 10
Wir waren die ersten Gäste und bekamen einen Tisch zugewiesen, der direkt an einer offenen Tür zur Steinterrasse stand, so dass wir jederzeit hinaustreten konnten. Das Wasser war kaum noch zu sehen, am Horizont war ein roter Schimmer das letzte Zeichen der untergehenden Sonne.
„ Schön hier, oder?“ begann ich die Unterhaltung.
„ Ja, schon.“
Ein Kellner brachte uns eine Speisekarte, sowie eine Karte mit Cocktails. Da ich nirgendwo eine Weinliste fand, guckte ich mir die Cocktailkarte genauer an. Sie war bunt und voller Fotos von schaumigen Getränken in hohen Gläsern mit Papierschirmchen und dicken Strohhalmen. Aber als ich mir die Inhaltsstoffe genauer ansah, bemerkte ich, dass da zwar überall tolle Säfte drin waren, aber nirgendwo auch nur ein Schuss Alkohol. Mein Herz blieb stehen.
„ Mattes, was ist? Du bist ja ganz blass geworden.“
Da in dem Moment auch der Kellner wieder vor uns stand, wandte ich mich lieber direkt an ihn.
„ There is no alcohol!“ warf ich ihm vor.
Er nickte schuldbewusst. „Sorry, we do not serve alcohol. Can I bring you a cocktail instead?”
“ Do not serve alcohol? Überhaupt nicht?”
“ My name is Tom, and I’ll be your server tonight. Can I bring you a cocktail?”
Ich war sprachlos. Rana übernahm erstmal die Führung und bestellte zwei Pina Coladas, ohne Alkohol.
Als Tom gegangen war, fragte ich: „Was soll denn das jetzt? Die versprechen einem hier die tollsten letzten Tage, großer Paukenschlag und so, und dann setzen sie einen aufs Trockene. Das gibt’s doch wohl nicht. Ich reise morgen wieder ab!“
„ Ich versteh’s auch nicht. Aber vielleicht wollen sie, dass man die letzten Tage bewusst erlebt. Sie müssen doch ganz auf Nummer sicher gehen, dass man die Entscheidung nicht im Suff getroffen hat und bei ganz klarem Verstand war. Deswegen warten sie auch so lange.“
Das klang vernünftig, gefiel mir aber nicht. „Ich kann aber keinen „großen Kracher“ erleben, wenn ich total nüchtern bin.“
Das Geräusch vom Mixer, das jetzt von der Theke her zu hören war, machte es noch schlimmer. Je mehr ich
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