Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Kinder verhungern. Das sind Menschen, für die dreht sich die Welt in einem anderen Tempo. Die leben in einem Paralleluniversum und du kriegst davon nichts mit.“
Rana war am Ende ihrer kleinen Rede aufgestanden, sie sah mich gar nicht mehr an und ging, ließ mich einfach sitzen. Ich blieb verblüfft zurück. Wo war dieser Ausbruch denn jetzt hergekommen? Ich hatte das ungute Gefühl, etwas Schlimmes getan zu haben, wusste aber nicht, was.
Das schlechte Gefühl war auch noch da, als ich eine halbe Stunde später im Bett lag und einschlafen wollte. Trotzdem wäre es mir mit dem Einschlafen beinahe gelungen, wenn ich nicht plötzlich ganz entfernt Schreie gehört hätte. So hörte es sich zumindest an: als ob jemand ganz schrecklich schrie. Ich stand wieder auf und ging zur Tür. Keine Frage, in einem der anderen Zimmer lag jemand und schrie und stöhnte. Da musste man doch was tun. Aber Ranas Worte fielen mir wieder ein. Ich solle mich freuen für die, die Erlösung fanden. Nur, dass dieses Schreien sich so gar nicht nach Erlösung anhörte. Das war ja schrecklich. So wollte ich aber ganz bestimmt nicht sterben. Schließlich hörte ich draußen Schritte. Ich stand auf, ging zur Tür, öffnete sie einen kleinen Spalt und lugte hinaus. Zwei Männer in weißen Kitteln schoben eine Bahre den Gang entlang, und auf der Bahre lag ein festgezurrter Mensch, der sich verzweifelt in den Gurten wand. Leider konnte ich das Gesicht nicht erkennen. Ob das die Frau vom Abendessen war? Solche Kraft hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Es gruselte mich und schnell schloss ich die Tür.
Kapitel 11
Am nächsten Morgen wachte ich auf, weil mir die Sonne ins Gesicht schien. Es dauerte ein paar Sekunden, bis mir einfiel, wo ich war. Ich suchte mein Handy auf dem Nachttisch, wie jeden Morgen – um zu erfahren, wie das Wetter war und ob es sich lohnte aufzustehen. Nur konnte ich mein Handy nicht finden, weil es ja auch gar nicht da war. Warum um alles in der Welt hatte ich es Moni geschickt? Das machte auf einmal überhaupt keinen Sinn mehr. Perfiderweise gab es eine Aufladestation fürs Handy auf dem Nachttisch, das ich jetzt gar nicht gebrauchen konnte. Aber immerhin gab es auch einen Radiowecker, und der zeigte mir an, dass es 9:30 war. Hoffentlich war das Frühstück noch nicht vorbei.
Ich stieg aus dem Bett, übrigens mit sehr viel mehr Leichtigkeit und deutlich weniger Kopfschmerzen als sonst, und öffnete die Terrassentür (ich hatte sie am Abend geschlossen aus Angst vor Skorpionen, Affen, Warane oder was sonst so in der karibischen Nacht unterwegs sein konnte). Warme Luft strömte herein, und im blauen Himmel kreisten ein paar Vögel – Möwen waren das nicht, es sei denn es gab die auch in pink – und kreischten. War das schön! Dann fiel mir ein, dass die Frau von gestern Abend diesen Morgen nicht mehr erleben konnte. Ob aus diesem Grund die Sterbehilfe-Maßnahmen auf die Nacht gelegt wurden, weil niemand bei so einem Morgen würde sterben wollen? Allerdings schien die Person, die ich in der Nacht gehört hatte, von den an ihr angewendeten Maßnahmen nicht sonderlich begeistert gewesen zu sein. Ich würde Dr. Rosenblatt danach fragen müssen!
Eben wollte ich die Terrassentür wieder schließen, als ich draußen Rana sah, die den Strand entlang lief. Sie sah mich und winkte mir zu. Immerhin, was immer ich gestern Abend verbrochen hatte, so sauer schien sie nicht auf mich zu sein. Kurze Zeit später stand sie vor mir. Entweder hatte sie noch nicht lange gejoggt, oder aber sie war sehr gut in Form, denn man merkte ihr keine Anstrengung an.
„ Morgen, Mattes! Vergiss nicht, dich gut einzucremen. Wie du aussiehst, bist du sonst in 20 Minuten krebsrot, die Sonne knallt ganz schön.“
Verwirrt guckte ich an mir herunter. Ich trug ein graues T-Shirt und gelb-grün gestreifte Boxershorts, aus denen meine zugegeben ziemlich weißen Beine hervorschauten. Dann sah ich Rana an, die ein blaues Shirt mit weißen Shorts trug, und wunderbar gebräunte, muskulöse Gliedmaßen zur Schau stellte.
„ Hast du schon gefrühstückt?“ fragte ich kleinlaut.
„ Nein. Aber ich glaube, du könntest dich mal ein bisschen frisch machen. Ich setze mich solange hier draußen auf deine Terrasse.“
Das behagte mir weniger, weil sie ja dann in mein Zimmer gucken konnte. Und mir beim Umziehen zusehen würde. Also suchte ich meine Kleidung schon mal aus dem Koffer – ich hatte mich noch nicht dazu aufraffen können, auszupacken. Mit einem blauen
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