Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Sie sehen sicher ein, dass jeder Behandlungsplan individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Patienten eingestellt wird.“
„ Gut. Also mein Bedürfnis ist auch nach Personal Trainer und Massage!“
„ Hm. Ich verstehe.“
„ Außerdem sind ja meine Essenszeiten ganz anders als die von Rana. Da sehen wir uns ja überhaupt nicht.“
Dr. Rosenblatt sah mich nachdenklich an. Schließlich sagte er: „Well, ich schlage folgendes vor: Sie gehen jetzt zur ärztlichen Untersuchung, und für den Rest des Tages haben Sie frei. Gehen Sie an den Strand, oder buchen Sie eine Massage. Und um 17 Uhr sehen wir uns wieder. Einverstanden?“
Das hörte sich schon besser an!
„ Eine Sorge habe ich noch. Unter keinen Umständen gebe ich mein Einverständnis, hier an mein Bett gefesselt zu werden oder gegen meinen Willen behandelt zu werden.“
Dr. Rosenblatt schien verblüfft und sah mich fragend an.
„ Ich habe da heute Nacht etwas gesehen, was mich beunruhigt hat“, fügte ich zur Erklärung hinzu.
Dr. Rosenblatts Miene erhellte sich wieder, er schien schon zu wissen, wovon ich redete. „Ja, es kann vorkommen, dass Patienten nicht zu bändigen sind und wir sie, ehe sie sich selbst verletzen, zu ihrem Schutz fixieren. Aber ich kann sie beruhigen, dem Patienten von heute Nacht geht es schon wieder besser. Sie werden ihm bestimmt bald begegnen.“
Ich war mir so sicher gewesen, dass es sich bei dem Patienten um die Frau von gestern Abend gehandelt hatte! Oder war Dr. Rosenblatt mit der Verwendung der Personalpronomen im Deutschen nicht vertraut? Was bedeutete es denn, dass ein Patient nicht zu bändigen war? Hieß das, er wollte Hand an sich legen und den gesetzten Termin nicht abwarten? Nahm die Klinik ihre Verantwortung so ernst, dass sie eine voreilige Selbsttötung verhinderte, um dann später voller Hingabe diese Tötung durch das eigene Personal durchführen zu lassen?
Inzwischen war Dr. Rosenblatt aufgestanden und mir fiel erst im Nachhinein auf, dass er meine Sorge nicht wirklich aufgegriffen hatte „ So, wenn ich Sie nun hier herein bitten dürfte. Und wenn Sie später noch diesen Fragebogen ausfüllen würden und mir dann am Nachmittag vorbeibringen?“
Damit gab er mir ein Blatt Papier und schob mich durch eine Verbindungstür in ein Nebenzimmer, in der ein Pfleger in weißem Kittel auf mich wartete. Leider sprach der kein Deutsch, und es blieb mir nichts weiter übrig, als ihm freie Hand zu lassen. Er nahm mir mehrere Liter Blut ab, zumindest waren fünf Ampullen anschließend gut gefüllt, maß meinen Blutdruck, meine Temperatur, sah mir in die Augen, in die Ohren und unter die Zunge, untersuchte mein Herz, meine Reflexe und mein Hörvermögen, betastete mich an eher privaten, aber auch an sehr kitzligen Stellen, und erklärte schließlich die Sitzung für beendet.
Kapitel 12
Auf dem Weg in den Speisesaal begegnete mir Rana, die aber in ein Gespräch mit einem der anderen Gäste vom vorigen Abend vertieft war. Der ältere Mann, ich schätzte ihn auf um die 60, war gestern im Restaurant erschienen, hatte ein Hauptgericht bestellt, es runtergeschlungen und war danach wieder verschwunden. Jetzt aber machte er einen sehr entspannten Eindruck, lachte gerade über etwas, was Rana sagte, und nickte eifrig mit dem Kopf. Ich hörte genug, um zu erkennen, das Rana wirklich ausgezeichnet Englisch sprach. Wie schnell sie sich mit Fremden anfreunden konnte!
Ich sah den beiden nach, und bevor sie um die Ecke verschwanden, drehte sich Rana um und winkte mir kurz zu. Sie hatte mich also doch gesehen.
Wenn ich mich richtig erinnerte, hatte sie bald einen Termin mit ihrem Personal Trainer. Ich würde also alleine essen müssen. Aber großen Hunger hatte ich sowieso noch nicht. Also lief ich am Restaurant vorbei, durch den Hoteleingang nach draußen und nahm Kurs auf den Strand. Tatsächlich gab es da eine Strandbar, aber ich machte mir keine großen Hoffnungen. Das war auch gut so, denn es gab wieder nichts als bunte alkoholfreie Obstcocktails. Es war an der Zeit, die richtige Strandbar zu suchen. Man müsste sie ja eigentlich auch finden können, indem man einfach immer am Meer entlang in die Richtung lief, aus der wir gekommen waren. Außer mir war niemand am Strand. Ich zog meine Schuhe aus, krempelte die Hosenbeine hoch, und ging barfuß durch das seichte Wasser, das durch die einbrechenden Wellen immer wieder aufgeschäumt wurde. Es war wirklich sehr heiß, und ich zog nun auch noch mein T-Shirt aus und
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