Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
T-Shirt und einer beigen Hosen, die meine weißen Beine verdecken würden, zog ich mich ins Bad zurück. Eine Viertelstunde später stand ich frisch rasiert und geduscht vor ihr.
Beim Frühstück fiel mir wieder die Frau von gestern Abend ein. Als Tom, der Kellner, wissen wollte, ob wir Kaffee oder Tee vorzögen, fragte ich ihn nach ihr.
„ Oh yes, Mrs. Wilson, she is no longer with us. She has gone!”
“ Von uns gegangen,” übersetzte ich für Rana, die aber glaube ich besser Englisch verstand als ich. „But when? In the Middel of the Nacht?“
„ Yes, first thing in the morning. So, tea or coffee?”
“ Koffee, please!” und zu Rana gewandt: “Sag mal, hast du heute Nacht auch jemanden schreien hören?“
Nein, Rana hatte nichts gehört und angeblich tief und fest geschlafen. Dafür hatte sie bereits mit Dr. Rosenblatt gesprochen und einen Behandlungsplan von ihm erhalten. Sie zeigte ihn mir. Für heute waren zwei Termine angesetzt: ein Treffen mit einem Personal Trainer um 12:30 Uhr, und um 17 Uhr eine Massage. Zwischendurch Mittagessen und abends um 20 Uhr Dinner. Das klang nicht schlecht.
„ Aber warum bekommen denn Todeskandidaten einen Personal Trainer? Ist es nicht egal, ob man ein bisschen außer Form ist? Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass man mit seinem Idealgewicht in den Himmel kommt. Oder glaubst du, so wie man am Ende aussah, sieht man dann für alle Ewigkeit aus?“
Rana schien zu überlegen. „Ich glaube, du suchst dir dann selbst aus, wie du aussiehst. Das hat dann aber nichts mehr mit unserer menschlichen Form zu tun, sondern ist eher was viert- oder fünftdimensionales, meinst du nicht?“
Der Gedanke gefiel mir. Klar, im Himmel gab es keine drei Dimensionen, da musste noch was Anderes dazukommen.
Rana fuhr fort. „Vielleicht soll der Personal Trainer einem helfen, einen klaren Kopf zu bekommen. Ich glaube, sie wollen, dass du dich wirklich aus fester Überzeugung zum Suizid entschließt. Dass du weder von Alkohol oder Drogen umnebelst bist, noch einem schlechten Selbstwertgefühl nachgibst. Vielleicht dauert deshalb der Aufenthalt hier auch so lange. Erst wenn du in Topform bist, und immer noch sicher bist, dass du Hops gehen willst, helfen sie dir.“
„ Ja, oder, das ist gar kein Fitness-Personal Trainer, sondern einer, der was anderes trainieren soll.“
„ Äh, was denn?“
„ Na, vielleicht gibt es verschiedene Selbsttötungsmethoden, und damit du dir eine aussuchen kannst, musst du die erst trainieren. Also Schießübungen, Seilknoten machen, Pulsadern auffinden, so in der Art.“
„ Genau: Giftkunde wäre auch wichtig!“
Ich lachte vor Glück! Weil Rana mir nicht, wie Moni es sicher getan hätte, makabren Humor vorwarf, sondern einfach mitging. Weil sie mir offensichtlich nicht mehr böse war. Und weil ich hier, fast 8000 km von zu Hause, auf einmal das Gefühl hatte, von einer Last befreit zu sein.
Zur gegebenen Zeit klopfte ich an Dr. Rosenblatts Tür. Diesmal rief er „Herein“ und ich musste selbst die Tür aufmachen. Der Arzt saß hinter seinem Schreibtisch und wies auf einen Stuhl ihm gegenüber.
„ Nun, wie gefällt es ihnen soweit bei uns?“
Während ich noch überlegte, ob ich ihn nach den Ereignissen der letzten Nacht fragen sollte, reichte er mir ein Blatt Papier: „Ich habe hier einen Plan für Sie gemacht und möchte, dass sie sich das genau anschauen.“
Der Plan sah so ähnlich aussah wie der von Rana. Allerdings waren sichtlich mehr Termine eingetragen.
11:30-12:30 ärztliche Untersuchung
12:30 Mittagessen
14:00 freie Zeit
15:00 Gruppentherapie
16:00 Stress Test
17:00 Gespräch Dr. Rosenblatt
18:30 Abendessen
Ich war verblüfft. „Was ist das denn? Ich dachte, ich gehe in die Sauna, kriege eine Massage, mach ein bisschen Fitness, und das war‘s. Was sollen denn diese ganzen Untersuchungen und Tests? Und außerdem habe ich ausdrücklich gesagt, dass ich keine Gruppentherapie will!“
Dr. Rosenblatt hob beschwichtigend seine Hände. „Aber lieber Herr Mattheus. Wir müssen uns doch erst einmal ein Bild von Ihnen machen! Ich weiß doch gar nicht, in welchem Zustand Ihr Körper ist. Ein paar Tests müssen Sie uns schon erlauben. Über die Gruppentherapie können wir reden. Da müssen Sie nicht mitmachen, obwohl ich es Ihnen schon dringend raten würde!“
„ Ja, aber Rana muss doch gar keinen Test machen. Warum dann ich?“
„ Über die anderen Patienten des Hauses darf ich verständlicherweise gar nichts sagen, aber
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