Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
sollte.
„ Darüber, ob wir uns auch zu Tode saufen wollen?“ fragte Rana interessiert.
„ Nein, nein. Ich glaube, es gibt da ein kleines Missverständnis. Ich gehe mal zum Anfang zurück. Unser Hotel existiert seit fünf Jahren. Unsere Gäste kommen hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten. Aber da ich ja eigentlich aus Deutschland komme, und Dr. Rosenblatt auch fließend Deutsch spricht, dachten wir, wir könnten unseren Kundenkreis erweitern. Vor kurzem habe ich mich an eine Werbeagentur in Deutschland gewandt und den Auftrag erteilt, eine Werbekampagne zu starten. Und anscheinend hat diese Kampagne einen Riesenerfolg. Sie beiden waren die ersten Gäste, die gebucht haben. Aber seitdem habe ich schon fünf weitere Buchungen!“
„ Fünf? Ist das viel oder wenig? Na ja, bei den Preisen kommt da schon was zusammen, oder?“ fragte ich.
„ Fünf Buchungen, mit ihnen 7, in der ersten Woche, das ist schon gut. Das Problem ist nur, ich glaube, die deutschen Gäste kommen mit falschen Vorstellungen hierher. Ein Kunde möchte seine ganze Familie mitbringen, damit sie ganz nahe bei ihm ist. Ein anderer hat Krebs im Endstadium. Er wird seit Monaten nur intravenös ernährt! Was will er dann hier? Und die dritte hat gefragt, ob wir unseren Behandlungsplan geheim halten könnten, sie würde gerne überrascht werden.“
„ Ja, das kann man doch alles nachvollziehen, oder? Warum soll man seine Familie denn nicht mitbringen dürfen? Ist doch vielleicht nett für die hier. Der Krebspatient kommt ja nicht wegen des guten Essens, man kann doch auch so einen schönen Urlaub hier verbringen. Und die letzte Patientin hat einfach Angst davor, was der Arzt mit ihr macht und will es nicht so genau wissen.“
„ Ja, aber niemand scheint ein Alkoholproblem zu haben: Sie ja auch nicht!“ Ha! Triumphierend guckte ich Rana an. Hatte sie mir nicht gestern erst unterstellt, dass ich ein Problem mit Alkohol haben könnte?
„ Warum sollten wir denn ein Alkoholproblem haben?“ fragte Rana, die mich im Moment gar nicht beachtete.
Henry schlug sich vor Frustration auf die Oberschenkel. „Warum? Was um alles in der Welt steht denn in der Werbebroschüre, die sie bekommen haben?“
Rana zog die Broschüre aus ihrer Handtasche und reichte sie ihm. „Hier, da steht auf jeden Fall kein Wort von Alkohol.“
Henry stöhnte auf und begann, die Broschüre durchzublättern. Dabei schüttelte er immer heftiger den Kopf und stöhnte immer lauter.
Tom hatte inzwischen verschiedene Teller mit Leckereien vor uns hingestellt und ich nahm mir von allem reichlich, so dass ich zunächst gar nicht bemerkte, dass Henry angefangen hatte zu lachen.
Rana und ich sahen uns an. Ich zuckte die Schultern und biss in einen Schokomuffin.
Nach einer Weile beruhigte sich Henry und er sagte: „Aber wir sind doch eine Entzugsklinik für Alkoholiker!“ Dann prustete er wieder los.
Rana und ich wechselten ungläubige Blicke. „Wie, die Leute hier wollen gar nicht sterben?“ fragte Rana schließlich.
„ Im Gegenteil. Sie wollen ihr Leben zurück, so wie es mal war, als sie noch selbst in Kontrolle waren und nicht die Sucht. Gestorben ist bei uns noch niemand! Das ist doch aber nicht der Grund, warum Sie hier sind?“ Henry lachte gar nicht mehr und schaute uns fragend an.
Betroffen sah ich auf die Tischdecke. Wenn es stimmte, was Henry über die anderen Patienten gesagt hatte, dann war ich ja womöglich der einzige in der ganzen Klinik, der wegen eines möglichen Selbstmordes hier war. Das war irgendwie peinlich. „Na ja, eigentlich wollte ich mir das nur mal ansehen und dann wieder zurück fahren. Ich habe ein Rückflugticket!“
„ Sind Sie denn auch Journalist?“
Überrascht blickte ich auf. Woher wusste er denn, dass Rana Journalistin war? Kein Wunder, dass sie ein so viel kundenfreundlicheres Programm bekommen hatte als ich!
Offensichtlich nicht an meiner Antwort interessiert, fragte Rana: „Aber wie konnte denn so etwas passieren?“
Henry zuckte die Schultern. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Was mache ich denn jetzt mit den Anmeldungen aus Deutschland?“ Henry sah uns bei dieser Frage gar nicht an, wahrscheinlich sprach er mehr zu sich selbst als zu uns. Aber mein Interesse war geweckt.
„ Verstehe ich das jetzt richtig: In den nächsten Tagen kommen fünf weitere Gäste aus Deutschland, die alle erwarten, dass ihnen hier beim Suizid geholfen wird? Und die keine Ahnung haben, dass dies hier eigentlich eine Entzugsklinik für
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