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Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)

Titel: Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Thun
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Jahren ihr Haus nicht verlassen habe wegen einer ärztlich anerkannten Agoraphobie und Panikstörung. Sie gehe nie unter Menschen und arbeite von zu Hause aus.
    „ Also ich verstehe gar nichts mehr. Du traust dich nicht aus dem Haus? Aber du bist doch jetzt hier, bist gerade Tausende von Kilometern übers Meer geflogen und dabei mit Hunderten von Menschen zusammengekommen. Wie geht das denn?“
    „ Mit Tranquilizern und viel Willenskraft. Ich wollte einfach hierher. Das hat mich angesprochen und ich dachte, jetzt versuche ich es einfach!“
    „ Was versuchen? Selbstmord?“
    Statt zu antworten, fragte Devi: „Und du? Warum bist du hier?“
    Ich erzählte ihr meine Geschichte, und merkwürdigerweise fiel es mir ganz leicht. Wahrscheinlich war ich durch die Sitzungen mit Dr. Rosenblatt schon geübt darin, oder aber Devi machte es mir leicht mit ihrer intensiven Art, mir zuzuhören. Auf jeden Fall schüttete ich ihr sozusagen mein Herz aus. Leider kam dabei auch zur Sprache, dass das Lost Paradise niemals eine Sterbeklinik war, dass ich also vorhin die Wahrheit etwas verbogen hatte mit meiner Erklärung von der veränderten Gesetzlage. Dass schien Devi eher zu amüsieren als zu schockieren.
    „ Das dürfen wir aber den anderen nicht verraten, die Irene, die kriegt sonst einen Herzanfall!“ kicherte Devi. Sie fügte noch hinzu: „Eigentlich habe ich gar kein Lust, jetzt nochmal raus zu gehen. Kann man nicht hier auf dem Zimmer Abendessen?“
    Anscheinend hatte Devi wirklich Angst, unter Menschen zu sein. Ich rief die Rezeption an und erklärte Henry, dass wir nicht zum Essen kommen würden. Er versprach, uns ein leckeres Abendessen aufs Zimmer schicken zu lassen.
    Während wir auf den Zimmerservice warteten, schauten wir aufs Meer und genossen die Lichtshow, die die untergehende Sonne für uns inszenierte. Schließlich klopfte es, aber es war nicht der Kellner, sondern Rana, die mich abholen wollte. Ich winkte ab, nein, ich bliebe hier. Sie sah erstaunt an mir vorbei ins Zimmer, aber ich blockierte ihre Sicht und schloss die Tür mit dem Versprechen, dass wir uns morgen früh beim Frühstück wiedersähen.
    Kurze Zeit später kam das Essen. Der Koch hatte sich angestrengt und eine wundervolle Platte mit kleinen Vorspeisehäppchen, mit Fisch, Fleisch, dazu vier verschiedenen, delikaten Soßen, Salat und Reis zubereitet. Mittlerweile hatte ich mich auch an die alkohollosen Cocktails gewöhnt.
    Devi aß mit viel Appetit. Aber ich bemerkte doch, dass sie mich dabei ziemlich genau taxierte. Das konnte ich deshalb bemerken, weil ich sie auch ziemlich genau taxierte. Irgendetwas an ihr faszinierte mich. Waren es ihre verrückten Geschichten, ihr scharfer Blick, ihr warmes Lachen, oder einfach die Tatsache, dass sie sich in meiner Gegenwart so wohl zu fühlen schien? Dabei war sie alleine schon wegen ihres Alters überhaupt nicht mein Typ. Sie war etwas kleiner als ich, ein wenig übergewichtig, dabei aber sehr drahtig, was auf durchtrainierte Muskeln schließen ließ. Ihr halblanges Haar war kastanienbraun, nur an den Schläfen zeigten sich schon ein paar graue Strähnen. Die Augen waren braun, mandelförmig und verschmitzt, von vielen kleinen Lachfältchen umgeben. Auch ihre Hände gefielen mir, ihre langen Finger schienen zum Klavierspielen prädestiniert.
    Als ob sie meine Gedanken erraten hätte, fragte sie: „Eher der athletische oder der künstlerische Typ?“
    „ Wer jetzt? Ich? Oder du?“
    Sie lachte. „Na, mich kenne ich ja schon. Ich meinte dich.“
    „ Als Kind habe ich Blockflöte gespielt. Und ich war im Schwimmverein. Aber im Großen und Ganzen würde ich sagen: Weder noch. Eher der lethargische Typ.“
    „ Ja, lethargisch bin ich auch, wird man zwangsläufig, wenn man nie das Haus verlässt.“
    „ Aber das war doch nicht immer so?“
    Devi gab zu, dass sie früher einmal sehr aktiv gewesen war. Als Buschpilotin natürlich, aber sie hatte auch ein bisschen Sport gemacht. In Los Angeles hatte sie bei den Olympischen Spielen eine Bronzemedaille im Judo gewonnen.
    „ Also dann doch eher der athletische Typ“, stellte ich fest.
    Aber so wollte sie sich auch nicht sehen. Schließlich hatte sie als 16-Jährige den ersten Preis bei Jugend musiziert gewonnen.
    „ Ach, auf welchem Instrument?“
    „ Cello. Aber ich spiele schon lange nicht mehr.“
    „ Aha, sehr beeindruckend.“ Ich fand, langsam trug sie doch ein bisschen zu dick auf.
    Wir waren beim Dessert angekommen, kleine Blätterteigpattisserien

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