Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
beiden bei uns angekommen und Brian grüßte uns sehr freundlich. Er fragte: „We hired a car for a drive around the island. Do you want to join us?”
Ich hatte überhaupt keine Lust darauf, mit den beiden den Tag zu verbringen und sagte dankend ab. Rana wandte sich an Irene: „Schaffen Sie denn dann noch ihren Flug? Ich dachte, er geht schon um eins?“
Irene, die sich schon wieder abgewandt hatte, drehte sich noch einmal zu uns um und flüsterte: „Ich glaube, ich bleibe doch noch ein paar Tage. Ist er nicht süß?“ Und damit rauschte sie Brian hinterher.
„ Na, wunderbar. Vielleicht sollte Henry sich mal überlegen, ein Single Hotel aufzumachen, das wäre doch der Renner, meinst du nicht?“ Rana guckte mich fragend an. Als ich nicht antwortete, fragte sie: „Und die Alte, hat die sich schon entschieden, ob sie bleibt?“
„ Wer? Meinst du Devi? Also Michael ist der ältere Herr, und Devi ist die Alte? Das ist ja sowas von nicht PC, und das von dir!“
Rana rollte die Augen. „Wir sind aber empfindlich heute Morgen. Also, Devi, wird sie bleiben?“
„ Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?“ sagte ich. Denken tat ich allerdings etwas anderes: Hoffentlich bleibt sie! Und dabei musste ich lächeln. Um Rana gar nicht erst die Möglichkeit zu geben, wieder eine blöde Bemerkung zu machen, stand ich auf, um mir endlich mein Frühstück zu holen.
Sie war aber immer noch da, als ich mit meinem Teller wiederkam.
„ Obst und Joghurt? Keine Schokocroissants? Was ist los, machst du Diät?“
„ Nein, aber hast du das Obst schon mal probiert? Das schmeckt so frisch, so was gibt’s in Deutschland gar nicht. Probiert mal die Ananas hier!“
Rana trank den letzten Schluck ihres Kaffees, knallte die Tasse auf den Tisch und stand auf. Ich weiß nicht, wieso, aber ich hatte einfach keine Lust, ihr von Devi zu erzählen. Später vielleicht, aber nicht jetzt.
Merkwürdigerweise ging es mir wenige Minuten später im Sprechzimmer von Dr. Rosenblatt ganz anders. Ihm wollte ich von Devi erzählen!
Als er mich fragte, wie es mir heute ginge, platzte ich heraus: „Ich bin gestern aus dem Fenster gesprungen und habe am Leben teilgenommen!“
„ Ach, das ist ja schön. Erzählen Sie mal“, freute sich Dr. Rosenblatt.
Ich erzählte ihm von meiner Begegnung mit Devi, und versuchte, zu beschreiben, was mich an ihr so faszinierte. Obwohl sie so viel älter war als ich. Aber ich merkte, dass es gar nicht so einfach war, das intensive Gefühl, das ich in ihrem Beisein spürte, zu erklären.
„ Hört sich spannend an. Ein bisschen mysteriös. Diese Frau scheint viel Lebenserfahrung zu haben. Und ist doch dabei, am Leben zu scheitern.“
„ Ja, genau. Sie kann so viel, hat schon so viel erlebt, selbst wenn nur die Hälfte von dem, was sie erzählt, stimmt. Und dann kommt sie hierher und will Selbstmord begehen. Das verstehe ich nicht.“
„ Wollen Sie sie retten?“
„ Oh Gott nein. Ich bin nicht der Rettertyp“, sagte ich. Gab es nicht ein Sprichwort, demzufolge man, wenn man jemandem das Leben rettet, für immer verantwortlich für diese Person bleibt? Wo ich schon für mich selbst keine richtige Verantwortung übernehmen konnte.
„ Aber vor gar nicht allzu langer Zeit wollten sie doch selbst Selbstmord begehen, oder nicht?“
„ Wollte ich das? Ich kann mich gar nicht mehr richtig erinnern. Vielleicht musste ich nur einfach mal ausbrechen und etwas ganz anderes erleben, mein Leben aus einer anderen Perspektive ansehen. Aus dem Loch kriechen und wieder ins Leben einsteigen.“
Dr. Rosenblatt nickte. „Ich freue mich. Wir lernen gerade eine andere Seite von Ihnen kennen. Mal sehen, was noch zu Tage tritt!“
„ Ja, aber ist es nicht komisch, dass ich in dem Moment, wo ich anfange, Gefühle an mir zu entdecken, die mir ganz neu sind, viel weniger Lust habe über mich selbst nachzudenken? Wo ich doch früher nichts anderes getan habe als das!“
„ Nein, das ist nicht komisch. Wenn man sich öffnet, dann öffnet man sich ja auch seiner Umwelt gegenüber.“
Das verstand ich nicht ganz, aber der Gedanke, dass sich in mir gerade etwas öffnete, gefiel mir. „Es ist mir nie bewusst gewesen, dass ich nicht frei, nicht offen bin.“
Dr. Rosenblatt erklärte mir, dass die meisten Menschen sich eine Persönlichkeit schaffen, die sie für ihr wahres Ich halten, obwohl es nur ein angelerntes ist. Und dass es nichts Schöneres gibt, als Wesenszüge an sich zu entdecken, die einem dem wahren Ich näher
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