Club Suizid: Ein lustiger Roman über ein weniger lustiges Thema (German Edition)
Sie benutzen Ihre Patienten, um sekundär an derem verruchten und versoffenen Leben teilzunehmen?“
„ Darüber muss ich mal nachdenken. Kann schon was dran sein. Aber ich habe selbst ein ziemlich versoffenes Leben gelebt und muss das eigentlich nicht nochmal haben. Machen Sie sich Sorgen, dass Ihr Leben mir unter diesem Aspekt nichts zu bieten hat?“
„ Ein paar Alkoholabstürze hätte ich schon zu erzählen.“
„ Aber das ist nicht das Eigentliche?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was das Eigentliche ist. Das ist ja gerade das Problem, denke ich.“
„ Ja, das verstehe ich langsam. Sie sitzen am Fenster und schauen hinaus, und da draußen ist das Leben?“
„ So ungefähr.“
„ Was hält Sie davon ab, raus zu springen und sich ins Leben zu mischen?“
„ Was mich davon abhält? Das ich nicht weiß, wie das geht?“
„ Wovor haben Sie denn Angst?“
„ Wie? Jetzt kann ich Ihnen nicht mehr folgen. Ich glaube nicht, dass ich Angst habe. Ist unsere Zeit nicht schon um?“
Dr. Rosenblatt schaute auf seine Uhr. „Wir hätten schon noch ein paar Minuten. Aber gut, ich sehe, dass Ihnen der Gedanke, Angst zu haben, Angst macht. Aber wenn ein Thema erst mal auf dem Tisch ist, geht es nicht mehr so leicht weg. Ich denke, wir werden darauf zurückkommen. Also dann bis morgen!“
Diese Sitzung hatte mich erschöpft. Ich ging zurück auf mein Zimmer und legte mich ins Bett, wo ich prompt einschlief. Ein Klopfen weckte mich. Es kam von der Balkontür, konnte also nur Rana sein. Aber ich bewegte mich nicht, sie sollte denken, ich würde schlafen. Aber Rana wäre nicht Rana, wenn sie das abhalten würde. Sie drückte die Tür auf, die ich nicht abgeschlossen hatte, kam rein und setzte sich auf mein Bett.
„ Wieso schläfst du mitten am Tag? Komm steh auf, die neuen Gäste müssen bald kommen!“
„ Ja, und? Bin ich Mitglied des Empfangskommittees?“
„ Wir können doch Henry nicht hängen lassen. Lass uns einfach mal gucken, was wir tun können.“
„Was wir tun können? Ich weiß schon, was du tun willst! Die armen Leute dazu bringen, sich den Föhn in die Badewanne zu schmeißen, damit du dann was darüber schreiben kannst. Und am Ende wird Henry verklagt und geht bankrott.“
„ Wie kommst du denn da drauf?“ Rana schien beleidigt. „Ich will ihm helfen. Und vielleicht können wir ja den neuen Gästen auch helfen. Soll ich dir jetzt von meinem Plan erzählen oder nicht?“
„ Nicht wirklich.“
„ Also pass auf. Ich habe mir überlegt, wieso du hier her gekommen bist. Du wolltest ja gar nicht wirklich sterben. Du bist nur so ein verwöhnter, entarteter Zivilisationsmensch, der das Leben gar nicht mehr wertschätzen kann. Aber du hast Geld. Das macht dich interessant.“
„ Danke!“
„ Interessant für Henry meine ich, nicht für mich. Henry braucht Geld. Du hast welches. Und du weißt nicht, wofür du es ausgeben sollst.“
„ Ich muss jetzt aufs Klo, und wenn ich wiederkomme, bist du bitte nicht mehr da.“
Natürlich war sie noch da, als ich wiederkam.
„ Jetzt sei nicht gleich beleidigt. Ich rede doch gar nicht von dir persönlich, sondern von dir als Typ. Ich denke, die Leute, die hierherkommen, sind so wie du: Sie erhoffen sich, dass es hier irgendwie anders ist als zu Hause. Dass hier niemand von ihnen was verlangt, dass sie hier nicht scheitern können, dass sie hier unter Ihresgleichen sind. Dieses Hotel könnte eine Art Rückzugsoase für wohlhabende Lebensmüde sein.“
„ Und wie unterscheidet sich das von den Luxushotels, in denen sie sonst Urlaub machen? Außerdem vergisst du, dass Menschen, die depressiv sind, überhaupt kein Interesse an anderen Menschen mehr haben, die wollen mit niemandem etwas zu tun haben!“
„ Weißt du immer alles besser?“
„ Nein, aber ich glaube, ich kenne mich mit wohlhabenden Lebensmüden besser aus als du.“
„ Kommst du jetzt mit, oder nicht?“
Mir fiel Dr. Rosenblatts Bild ein von mir am Fenster, während draußen das Leben abläuft, und ich beschloss doch, mitzugehen.
Kapitel 20
Die Gäste waren noch nicht da, und Henry schien sichtlich nervös. Er war beunruhigt, weil er den ganzen Tag über im Internet recherchiert hatte und dabei hatte erkennen müssen, dass die Gäste ihn durchaus verklagen könnten.
„ Ich glaube, ich kann noch dankbar sein, wenn sie sich damit zufrieden geben, dass ich ihnen nichts berechne und den Flug ersetze.“
„ Ach was! Die werden ihr Geld nicht zurück verlangen!
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