Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Sozialmanager oft
nur schwer zu bewältigen. Vielfach basieren Krisen von Einzelnen sogar auf umfassenden gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie
können durch Vorgänge auf nationaler oder internationaler Ebene verursacht sein, und sie können bis in einzelne Arbeitsplätze
reichen.
|81| Wenn wir uns z. B. vergegenwärtigen, dass durch die Öffnung der Grenzen zum östlichen Europa die westeuropäischen Märkte heute
zunehmend mit preiswertem Stahl überschwemmt werden, ist es nur zu verständlich, dass in der Stahlindustrie Deutschlands Arbeitsplätze
aller Hierarchieebenen und mit unterschiedlichen Funktionen in eine Krise geraten. Dann wird sogleich einsichtig, dass Betriebssozialarbeiter
derartiger Großunternehmen, die sich bislang vorrangig mit der Entwicklung von Suchtprophylaxe-Programmen beschäftigt haben,
in dieser Funktion heute seltener beansprucht werden. Sie müssen jetzt eher Maßnahmen zur humanen Abwicklung von Sozialverträgen
entwickeln.
Eine leitende Sozialarbeiterin in dieser Funktion fragte um Coaching an, weil ihre Abteilung angesichts dieser Funktionsverlagerung,
auf die sich bisher noch niemand in der gleichen intensiven Weise vorbereiten konnte, eine Krise erlebte. Sie und die Mitarbeiter
hatten sich mit innerbetrieblichen Programmen für Suchtprophylaxe einen Namen gemacht, sodass jetzt ihre gesamte berufliche
Identität bedroht schien. Außerdem suchte die Sozialarbeiterin Unterstützung, ihre Position in der Firma für die neue Aufgabenstellung
möglichst sinnvoll neu auszugestalten.
Akute Krisen im Beruf aufgrund kombinierter Faktoren
Arbeitsplatzkrisen lassen sich natürlich generell leichter bewältigen, wenn sich Menschen in einer guten physischen wie psychischen
Verfassung befinden. Als besonders schwierig erweist sich ihre Bewältigung, wenn sie in irgendeiner Weise schon vorher angeschlagen
sind (
Ryland, Greenfield
1991). So kann sich der Eintritt in ein neues organisatorisches System nach dem Verlust des Partners zur kaum bewältigbaren
Krise auswachsen.
Ein Psychologe, der bisher in therapeutischen Einrichtungen tätig war, wechselte in ein Verwaltungssystem. In genau diesem
Zeitraum verließ ihn aber, für ihn völlig überraschend, seine Frau und »kidnappte« sogar noch die von ihm besonders geliebten
Kinder. Durch dieses Ereignis war seine Adaptationsfähigkeit an neue Bedingungen schon bis zum Äußersten angespannt. Eine
Integration in das für ihn völlig neue Verwaltungssystem konnte er deshalb kaum mehr leisten. In dieser Situation suchte er
fremde Unterstützung.
Krisen am Arbeitsplatz können aber auch alte Traumatisierungen aufreißen, die bisher gut kompensiert werden konnten.
So erlebte eine Theologin, die vielfältige Erfahrungen von Vereinsamung in ihrer Kindheit gemacht hatte, in einer Einzelpfarrstelle
genau die Gefühle, die sie in |82| früheren Jahren leidlich kompensieren konnte. Oder ein Manager, der seinen Vater als wenig förderlich erlebt hatte, fühlte
sich bei einem neuen Vorgesetzten übermäßigen Enttäuschungsreaktionen ausgesetzt, obwohl ihm dieser zwar nicht gerade herzlich,
aber durchaus korrekt begegnete. In diesen Fällen konnte die Symptomatik durch Coaching stark gemildert werden.
Auch übermäßige Kränkbarkeit von Berufstätigen, die sie normalerweise relativ gut bewältigen, kann durch Korrekturen organisatorischer
Bedingungen zur Quelle krisenhafter Erfahrungen werden.
In einer Behörde wurde ein neues System zur Leistungsbeurteilung etabliert. Jeder Vorgesetzte hatte seine unterstellten Mitarbeiter,
aber auch diese den Vorgesetzten, nach verschiedenen Kategorien zu beurteilen. Ein Verwaltungsjurist, der sich im Vergleich
zu seinen Kollegen auf gleicher Hierarchieebene immer »viel Mühe« mit seinen Mitarbeitern gegeben hatte, sah sich nun durch
die »ritualisierte Schelte« unversehens in seiner menschlichen Kompetenz empfindlich herabgesetzt. Als er immer häufiger unter
Schlafstörungen und auch tagsüber unter ständiger Unruhe litt, was zunehmend sein Familienleben in Mitleidenschaft zog, empfahl
ihm schließlich seine Frau, Coaching in Anspruch zu nehmen.
Berufliche Deformationen
So konstruktiv die »tertiäre« bzw. die berufliche Sozialisation für viele Menschen verlaufen mag, birgt sie für viele andere
vielfältige Gefahren der Deformation. Hier ist nicht nur an den »ewig jovialen Geschäftsmann« oder den »knallharten Manager«
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