Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
maximal vorzubereiten, über die Verwendung spezifischer
Entspannungsformen bis zur Verdrängung von Anforderungen (
Rüger
et al. 1990). Für die individuelle Auswahl der Maßnahmen sind viele ganz unterschiedliche Parameter relevant, wie z. B. die
biografischen Erfahrungen eines Menschen bei der Bewältigung von Anforderungen, Formen der Informationsverarbeitung, die Verankerung
in sozialen Netzwerken usw. (
Havlovic,
Keenan
1991).
Man kann zwar nicht einfach von »Coping-Stilen« als immer wiederkehrenden Formen der Verarbeitung sprechen (
Fengler
1992), aber es ist doch zu beobachten, dass Menschen zu bevorzugten Mustern greifen und insgesamt über ein mehr oder weniger
umfassendes Coping-Inventarium verfügen. Dieses erweist sich für neue Anforderungen als mehr oder weniger tauglich (
Bhagat
et al. 1991). Dementsprechend kann auch der Wunsch nach einer Erweiterung dieses Inventariums ein Anlass für Coaching sein.
Ein promovierter Psychologe mit profunden klinischen Erfahrungen, unter anderem in Führungspositionen, mit einer Vielzahl
von Veröffentlichungen, einer Reihe psychotherapeutischer Zusatzausbildungen und einer Ausbildung als Supervisor suchte mich
aus diesem Anlass auf. Nach einigen Jahren Freiberuflichkeit fiel ihm immer deutlicher auf, dass er zwar in der Rolle des
Psychotherapeuten für seine Klienten überzeugend schien, aber als Supervisor, insbesondere von Teams, offenbar nicht in der
gleichen Weise einen ihm angemessen kompetenten Eindruck vermitteln konnte. Nach Analyse und Vergleich von psychotherapeutischen
und supervisorischen Situationen fiel dem Psychologen auf, dass die Mitglieder besonders therapeutischer Teams ihrem Supervisor
regelmäßig ein »narzisstisch« hohes Anspruchsniveau, wie er fand, entgegenbringen. Eine Untersuchung seiner Reaktionsformen
erbrachte, dass er genau solchen Ansprüchen mit einem demonstrativen Understatement begegnete, was bei manchen Teams Enttäuschungsreaktionen
mit allen Aspekten von Herabsetzung evozierte. Die weitere Arbeit erbrachte, dass ihm in seiner Kinder- und Jugendzeit fast
notorisch ähnliche »narzisstische Anforderungen« seitens der Eltern entgegengebracht |99| wurden, die er zunehmend »trotzig« auch durch demonstratives Understatement unterlaufen hatte. Im weiteren Verlauf des Coaching
ging es einerseits um die Förderung von Selbstakzeptanz dieser Haltung, z. B. durch Auswahl von Teams mit einem voraussichtlich
weniger ausgeprägten Anspruchsniveau, andererseits um die Entwicklung neuer Bewältigungsstrategien, wie er sich z. B. mit
seinen umfassenden Kompetenzen besser als bisher präsentieren könne.
Erweiterung von Managementkompetenzen
Viele Führungskräfte wollen über Coaching ihre konzeptionellen und besonders ihre sozialen Managementkompetenzen erweitern.
Sie stehen oft in beruflich durchaus saturierten Situationen.
»Ich habe gelesen, dass man durch Coaching Soziales im Betrieb besser in den Griff bekommt«, rief mich der Eigentümer einer
Metall verarbeitenden Firma an. Anhand des ersten Gespräches wurde deutlich, dass er die Firma mit 200 Mitarbeitern von seiner
Mutter übernommen hatte. Der Vater war schon vor etlichen Jahren verstorben. Nachdem die ersten Jahre noch mit allerlei Rangeleien
mit der Mutter angefüllt waren, die, wie die meisten Senior-Unternehmer, noch einige Zeit brauchte, um sich endgültig aus
der Firma zu verabschieden, gelang ihm einfach alles, samt seinem Privatleben. Als promovierter Betriebswirt interessierte
er sich in besonderer Weise für die aktuelle Managementliteratur und wollte »einfach ein vorbildlicher Manager« sein, »auch
im Sozialen«.
Er suchte mich in großen, aber regelmäßigen Abständen auf und hatte jedes Mal ein bestimmtes Anliegen. Das eine Mal ging es
z. B. um die bevorstehende Umstrukturierung der Produktionsabteilung. Hier musste ein Planungscomputer etabliert werden, um
flexibler als bisher die eingehenden Aufträge zu bewältigen. Dazu wurden jedes Mal zahlreiche Einzelteile aus dem Lager benötigt,
die bislang von einem Lageristen und nun zu großen Teilen vom Computer überwacht werden sollten. Die Frage war nun, »wie kann
man den Lageristen in der Zeit, wo er im Lager nur rumsteht, zusätzlich beschäftigen«. Nachdem der Manager verschiedene Zusatzpositionen
für den Lageristen in seiner Vorstellung »kreiert« hatte, fiel ihm ein, dass der über 60-jährige Mann immer »so gerne an Autos
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