Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
Coaching-Prozesses das
Bedürfnis, ihre Rolle an ihrem Arbeitsplatz mit allen Facetten zu »verstehen« und umfassender als bisher auszugestalten. Mit
Bausteinen verschiedener Größe, Form und Farbe legte sie zunächst ein formales Organigramm ihres Systems auf dem Boden aus.
Anschließend baute sie die für das Heim relevanten Suprasysteme auf, d. h. die Heimaufsichtsbehörde, die Baubehörde, das System
ihrer unmittelbar zuständigen Vorgesetzten-Behörde usw. Nach der Darstellung dieser formalen Situation wurde sie gebeten,
bestimmte Interessengruppen zuerst in der Einrichtung, dann bei den Suprasystemen mit einer gesonderten Farbe kenntlich zu
machen. Jetzt stellte sich für sie heraus, dass sie selbst den Schnittpunkt mehrerer divergierender Interessengruppen bildete.
Bei den Suprasystemen ließ sich deutlich eine parteipolitische Polarisierung erkennen zwischen Sozialdemokraten und Christlich-Sozialen.
Innerhalb des Hauses machte sie eine klare Front zwischen »pädagogischen Innovatoren« und »pädagogischen Konservatoren« aus.
Auf die informellen Bezüge zwischen den Gruppierungen innerhalb |102| des Heimes und innerhalb der Suprasysteme befragt, stellte sie überrascht fest, dass eine verdeckte Koalition zwischen Christ-Demokraten
»oben« und den Innovatoren im Haus bestand. Selbst Sozialdemokratin, war sie zunächst stark irritiert: »Das ist ja ein Ding:
Wenn ich das Heim in die Richtung, die mir vorschwebt, vorwärtsbringen will, muss ich mit den Schwarzen koalieren.« Auf dem
Hintergrund einer Analyse aller ihrer Interaktionen mit Vertretern von Suprasystemen kam sie zu dem Ergebnis: »Die sind tatsächlich
sehr vernünftig, die fachliche Kooperation mit denen kann und will ich wirklich vertiefen.«
2.2 Kollektive Verbesserungen
Angesichts des raschen technologischen Wandels und einer zunehmenden Verknappung von Ressourcen gelangen immer mehr Organisationen
zu der Einsicht, dass sie sich auch unabhängig von Krisen verändern müssen bzw. dass Veränderungsbereitschaft einen Dauerzustand
darstellen sollte. Diese Einsicht erzeugt in vielen Systemen den Bedarf nach »prospektiven Innovationspaketen«, in die oft
auch Coaching eingeschlossen ist. Inhaltlich stehen hier vor allem die Etablierung von Qualitätszirkeln, die Entwicklung neuer
Angebotsstrukturen und die Implantierung neuer Führungskonzepte im Vordergrund.
Etablierung von Qualitätszirkeln
Historisch entstammt die Etablierung von Qualitätszirkeln der japanischen Industrie. Unter dem Begriff »Kaizen« sind hier
kontinuierliche Verbesserungsprozesse üblich, in die laufend alle Mitarbeiter einer Organisation eingebunden sind. Sie bringen
bei regelmäßigen Abteilungstreffen ihre Ideen zur Verbesserung der Produkte oder zur Verbesserung der Arbeitsabläufe ein.
In den 70er Jahren tauchte auch in Europa das Interesse an Qualitätszirkeln (QZ) auf, denn die QZ verhießen die Mobilisierung
von Problemlösepotenzialen bis auf unterste hierarchische Ebenen und damit Innovationsschübe mit der Wirkung von hohen Konkurrenzvorteilen.
Im Zuge der Etablierung von QZ traten aber nun meistens eine Vielzahl von Problemen auf (
Wiendieck
1986). Die Führungskräfte verdächtigten Initiatoren der QZ allzu schnell, basisdemokratische Strukturen |103| implementieren zu wollen. Sie sahen ihre Autorität als Ideenspender bedroht und durchkreuzten die jeweiligen innovatorischen
Maßnahmen. Tatsächlich lässt sich das Konzept der QZ auch als Instrument der Mitarbeiterqualifizierung begreifen, das in straff
hierarchischen Systemen auf Widerstand stoßen muss. So entwickelte sich in den betreffenden Unternehmen also ein relativ hohes
Konfliktpotenzial. Im Verlauf der folgenden Jahre wurde jedenfalls deutlich, dass sich QZ nur dann in einer Organisation etablieren
lassen, wenn bestimmte strukturelle und kulturelle Voraussetzungen bestehen. So müssen Vorgesetzte eine neue Führungsrolle,
nämlich die des Moderators in einem neuen kooperativen Rahmen einüben. Das erfordert nicht nur organisatorische Veränderungen,
sondern auch kompakte Schulungsmaßnahmen der einzelnen Vorgesetzten. Sie mussten nun Trainings zur Moderation, zur Gruppenführung
usw. durchlaufen (
Bungard
1993). Und für die »Feinbeschulung« wurde oft ein Vorgesetzten-Coaching etabliert; denn die QZ setzen ja sehr differenzierte
Formen sozialer Managementkompetenzen voraus, die durch Seminarbeschulungen allein meistens nicht zu
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