Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
entwickeln sind. Gerade
im Rahmen von Coaching lassen sich nämlich auch Widerstände gegen die neuen strukturellen und kulturellen Implikationen der
QZ besser bearbeiten.
Beschränkten sich die QZ zunächst auf Unternehmungen, finden wir sie in den letzten Jahren auch in Kliniken und anderen sozialen
Dienstleistungssystemen. Auch in diesen Milieus lässt sich beobachten, dass sie neue strukturelle und kulturelle Bedingungen
herausfordern: Und auch hier erzeugen sie häufig einen Bedarf nach Vorgesetzten-Coaching als unterstützende Maßnahme.
Entwicklung neuer Angebotsstrukturen
Eine lernfähige Organisation bemüht sich nicht nur, ihre bisherigen Aufgaben immer besser zu realisieren, sie setzt sich auch
laufend mit ihrem bisherigen Angebot auseinander. Wie besonders
Argyris & Schön
(1978) beschreiben, besteht ein wesentlicher Schritt in Richtung organisatorischer Lernfähigkeit darin, alle bisherigen Parameter
eines Systems kritisch zu hinterfragen. Und einer der relevanten Parameter ist auch das Angebot eines Systems. So setzen sich
lernfähige Produktionsbetriebe immer wieder mit der Frage auseinander, ob ihre bisherige Angebotspalette noch marktgerecht
ist, ob sie nicht vielmehr verbreitert |104| oder präzisiert werden soll. Das ist im Einzelfall gar nicht so einfach.
In einem Schmiedebetrieb z. B. gab es Traditionsartikel, die keinerlei Rendite mehr erbrachten, an denen aber das »Herz« von
einigen Unternehmensmitgliedern hing. Sie hatten nämlich ihre Reputation im Unternehmen an die Entwicklung und den Vertrieb
gerade dieser Produkte gekoppelt.
Mit solchen Fragestellungen sind heute auch soziale Dienstleistungssysteme konfrontiert.
In einer stationären Drogeneinrichtung wurde ein »Rückfall« von Patienten bislang strikt sanktioniert. Rückfällige Klienten
mussten die Einrichtung sofort verlassen und durften nie mehr einen Schritt in die Einrichtung setzen.
Im Beispiel des Schmiedebetriebes und im Beispiel der stationären Einrichtung gelang es dem Führungskader nach einigen Coaching-Sequenzen,
sich von der jeweils lieb gewordenen Tradition zu trennen. Die Schmiede kompensierte den Wegfall der Traditionsartikel mit
renditeträchtigeren neuen Produkten. Und die stationäre Drogeneinrichtung entschied sich, Rückfallpatienten unter bestimmten
Voraussetzungen wieder aufzunehmen. In beiden Organisationen musste der Führungskader erst langsam für die Sinnhaftigkeit
eines »Paradigmenwechsels« gewonnen werden.
Implementierung neuer Führungskonzepte
Viele Unternehmen und zunehmend auch viele soziale Dienstleistungssysteme engagieren Unternehmensberatungsfirmen, um sich
eine neue Struktur oder gar eine neue »Corporate Identity« »basteln« zu lassen. Sie suchen auf diese Weise Anschluss an moderne
Organisationsformen mit einem Höchstmaß an Mitarbeiterpartizipation usw. Breit angelegte Organisationsanalysen mit dazu passenden
Umsetzungsvorschlägen füllen dann Berge von Papier, die nach einiger Zeit allerdings nur noch die Kellerräume der Firmen blockieren.
Denn die meisten Organisationen sehen sich außerstande, die oft gut gedachten Veränderungsvorschläge umzusetzen. Wenn Unternehmensberatung
nicht auch Hilfestellung beim Transfer vorsieht, sind ihre Effekte nämlich zweifelhaft. Die formalen und kulturellen Korrekturvorschläge
beinhalten ja immer neue Führungskonzepte |105| . Diese aber lassen sich nur über eine langfristige Personalentwicklung der Manager realisieren. So bieten heute seriöse Organisationsberater
auch meistens Coaching-Pakete zur Entwicklung der Führungskader an.
Prozessuale Begleitung von Führungskräften ist nicht nur deshalb wichtig, weil für moderne Formen der Führung vielfältige
soziale Managementkompetenzen entwickelt werden müssen; sondern bei der Umsetzung neuer Führungskonzepte ist auch aus einem
anderen Grund eine sorgfältige Begleitung bedeutsam: Man kann ja nicht von dem »optimalen Führungskonzept« sprechen (
v. Rosenstiel
1993 u. a.), sondern wie in den letzten Kapiteln schon deutlich wurde, verfügt jedes organisierte System über eine ganz eigene
Kultur. Führungshaltungen, die sich in dem einen System bewähren, stoßen in einem anderen auf Befremden. So muss die Entwicklung
neuer Führungskonzepte immer auf das jeweilige System abgestimmt sein. Idealerweise findet sie dann entlang der konkreten
Führungssituationen statt, was gerade durch Coaching gut realisierbar
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