Coaching - Eine Einfuehrung fuer Praxis und Ausbildung
eingangs beschriebenen traditionellen Managementfunktionen (Planung, Organisieren, Personal, Führung und Kontrolle) im Prinzip
dieser Paradigmatik zuordnen. Geht es bei der »Planung« vorrangig um Auseinandersetzungen mit Makrosystemen und ihre Relation
zum speziellen beruflichen Kontext, steht beim »Organisieren« die Gestaltung des beruflichen Systems selbst im Vordergrund.
Bei den Managementfunktionen »Personal«, »Führung« und »Kontrolle« sind dagegen Beziehungsaspekte und solche, die den Einzelnen
betreffen, relevant (
Staehle
1985;
Steinmann, Schreyögg, G.
1993).
Wo
aber Managementkonzepte perspektivisch bei der Primärfunktion »Planung«, also bei Auseinandersetzungen auf Systemebene starten,
wird Coaching als Beratung von Einzelnen oder von Kleingruppen meistens bei der personalen Betroffenheit Berufstätiger ihren
Ausgang nehmen.
In konkreten Coaching-Situationen ist allerdings in der Regel erst nach einer ausführlichen Rekonstruktion des angesprochenen
beruflichen Zusammenhangs zu entscheiden, auf welcher paradigmatischen Ebene das vorgetragene Anliegen seiner Ursache nach
»wirklich« angesiedelt ist. |109| Wie wir im Zusammenhang mit Coaching-Methoden noch sehen werden, muss es in der Realität meistens auf mehreren paradigmatischen
Ebenen verortet werden, obschon sich im Allgemeinen ein Fokus von Ursachen auf ein oder zwei der genannten Ebenen ausmachen
lässt.
Im Folgenden werde ich die für eine jeweilige paradigmatische Ebene typischen Themen skizzieren. Entsprechend den beschriebenen
Funktionen von Coaching sind sie allerdings immer in zweifacher Weise zu fassen: im Sinne defizitärer Erscheinungen und im
Sinne von Phänomenen, die es weiter als bisher auszubauen gilt.
1.1 Themen auf der individuellen Ebene
In die Kategorie individueller Themen sind alle die einzureihen, die nicht nur als individuelle Phänomene thematisiert werden,
sondern die auch nach eingehenden gemeinsamen Analysen als primär individuell zu diagnostizieren sind. Als individuelle Themen
mit beruflichem Gehalt können sie historischen Charakter haben, sich also um die
Leistungs-
oder
Sozialgeschichte
eines Menschen zentrieren, oder sie können auf die generelle
personale Grundausstattung
gerichtet sein. Bei Themen mit historischem Gehalt handelt es sich meistens um irgendeine Art von Beschwerden bzw. um selbst
erlebte Defizite. Themen, die sich auf die Grundausstattung von Klienten beziehen, sind dagegen im Allgemeinen mit einem prospektiven
Veränderungswunsch gekoppelt.
Individuelle Themen mit historischem Gehalt
Oft tragen Coaching-Klienten Symptome vor wie Flugangst, Unfähigkeit, die eigene Zeit einzuteilen, Schwierigkeiten, Gespräche
mit Interaktionspartnern zu beenden, mangelnde Kreativität, den Zwang, immer etwas Neues machen zu müssen, immer wiederkehrende
Probleme mit unterstellten Mitarbeitern oder Vorgesetzten usw. Im Verlauf einer sorgfältigen »Ursachenforschung« erweisen
sich solche Beschwerden vielfach als mehr oder weniger weit zurückliegende
Erfahrungsreste
, die aktuelles Handeln überlagern. Diese Reste gilt es zu eruieren und aufzuarbeiten. Sodann ist ihnen durch konsequentes
Einüben neuer Deutungs- und Handlungsmuster entgegenzuwirken. Im Zuge solcher Arbeitssequenzen erhält der Coaching-Klient
Unterstützung, seine Berufs-, Leistungs- oder |110| Sozialgeschichte aus einer ihm bislang vielleicht neuen Perspektive kennen zu lernen, sie sich noch einmal als Teil seines
Lebens zu Eigen zu machen und sie in selbstgestaltender Weise konstruktiver als bisher für sich zu nutzen.
Die Leiterin einer Behinderteneinrichtung erlebte sich in Verhandlungen mit ihrer Vorgesetzten regelmäßig »wie eine kleine
Maus«. Sie brachte dieser gegenüber alle ihre Anliegen in einem eher weinerlichen und unterschwellig anklagenden Ton vor.
Die Vorgesetzte reagierte regelmäßig etwas genervt und herablassend, sodass die Leiterin auch sehr berechtigte Anliegen bei
ihr nur schwer durchzusetzen vermochte. Im Verlauf einer eingehenden Rekonstruktion bemerkte die Leiterin immer deutlicher,
dass sie ihrer Vorgesetzten nie mit einer konstruktiven und optimistischen Haltung begegnete, sondern schon im Vorfeld der
Gespräche ein Misslingen antizipierte. Jetzt fiel der Leiterin langsam auf, dass besonders ihre frühe Leistungsgeschichte
durch Interaktionen mit »herrschsüchtigen« Lehrerinnen bestimmt war, von denen sie immer verdächtigt worden war,
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